Zwei Mädels. Ein Weg. Ein Zelt.
Wir fragen sie, ob sie unseren Gruß, den wir vor Logroño mit einem Malstein auf dem Asphalt verfassten, gelesen haben. In dem Moment kommt eine, uns bisher unbekannte Pilgerin, um die Ecke, begrüßt die drei herzlich und dankt uns freudig für die Nachricht. Komisch wir kennen sie doch gar nicht! Es stellt sich heraus, dass es sich um Hanna, die Arbeitskollegin und Freundin von Friedrun, handelt. Wir waren der festen Annahme, dass Alice, mit der wir am Vorabend in der Bar saßen, Hanna hieße. So haben wir also völlig ungewollt Friedruns Reisebegleitung gegrüßt, aber sie damit sehr erfreut. Die Vier verabschieden sich lachend und verabreden sich für den nächsten Tag. Dann brechen Cornelia, Friedrun und ich zum Stausee bei Pantano de la Grajera auf. Ja; wir sind zum Glück nur zu dritt und unsere kühnen Befürchtungen vom Massencamping bewahrheiten sich nicht. Bevor wir die Stadt verlassen, halten wir noch in einer Bar an und Friedrun spendiert Käse, Oliven, Scampis, Brot und Bier zum Mitnehmen. Für so ein Festmahl tragen wir gern ein paar Kilo mehr! Auf dem Weg zum See berichtet uns Friedrun über ihre Arbeit und ihr Studienleben in Afghanistan. Sehr bald sind ihre Geschichten jedoch ausschließlich amüsant und es schüttelt uns regelmäßig vor Lachen.
So ist ihre größte Sorge auf dem Camino der häufige Verlust ihrer Freundin Hanna. Eines Wandertages wollte diese in einer Tanksstelle am Wegesrand etwas zu trinken kaufen. Friedrun und deren zwei Begleiter warten vor dem Eingang. Doch wer nicht mehr herauskommt, ist Hanna. Nach einer viertel Stunde befindet sich Friedrun in allen Ecken des Gebäudes und sucht ihre Freundin, sogar auf dem WC. Nichts. Kein Lebenszeichen von Hanna.
Die drei Pilgerfreunde entschließen sich ratlos weiterzugehen. Nach einiger Zeit bekommt Friedrun einen Brief von einem Radpilger überreicht. Er ist von Hanna. Sie schreibt, dass sie mit einem Spanier am Wegesrand auf sie warten würde. Nur einige Minuten später kann Friedrun ihre Freundin bereits erspähen und bevor sie die Gelegenheit hat, über deren plötzliches Verschwinden durch den Hinterausgang der Tankstelle säuerlich zu reagieren, wartet Hanna mit einem tollen Angebot auf. Der Spanier an ihrer Seite besitzt ein Auto und bietet an, die beiden Frauen bis in den nächst größeren Ort mitzunehmen. Friedrun, die an diesem Tag total fußlahm ist, willigt dankbar ein und sieht es Hanna nach, dass sie, aus bisher ungeklärten Gründen, einfach weitergewandert ist. Friedrun hält auch einige witzige Anekdoten aus ihrer Vergangenheit bereit, komischerweise haben diese zum Teil auch mit dem Verlust von Lebewesen zu tun. So war die Tierliebhaberin einst im Besitz einer Kaninchenzucht. Deren Anzahl blieb jedoch nur solange überschaubar, bis ihr eines der Hasenpärchen in den Garten entwich und sich so gut versteckte, dass sie die Tiere nicht wieder finden konnte. Wie Karnickel nun mal so sind, haben sich die putzigen Fellfreunde fleißig fortgepflanzt und Friedrun, deren Suche nach dem Liebesnest einfach keine Früchte tragen wollte, hatte eine Kaninchenplage zu befürchten. Irgendwie, sie kann es sich nicht erklären, hat sich der Vermehrungsprozess eines Tages eingestellt und Friedrun läuft nun keine Gefahr mehr, die Verursacherin eines Kaninchenüberschusses zu sein.
Unsere hochgradig amüsante Konversation wird von drei spanischen älteren Herren bereichert, denn sie setzen uns davon in Kenntnis, dass wir uns im Weinbaugebiet La Rioja befinden. Weine, die aus dieser Region stammen, können sich mit den besten italienischen, französischen, chilenischen oder australischen Rotweinen messen. Wir werden später noch herausfinden, dass die alten Herren Recht behalten sollen. Wir sagen ihnen natürlich nicht, dass wir bereits vom Geschmack der frischen Weintrauben hellauf begeistert sind, denn das Pflücken ist selbstverständlich nicht gestattet.
Nach dem Plausch mit den Spaziergängern erreichen wir das Naherholungsgebiet mit dem Stausee. Die Gegend ist traumhaft schön und der See umgeben von einem romantischen Bergpanorama. Beim Schwimmen habe ich das Gefühl, in eine nordische Landschaft eingetaucht zu sein. Es ist ruhig und keine fremden Badegäste sind in Sicht. Komisch, wo es doch so schön hier ist! Cornelia und ich waschen uns ungestört mit unserem Supernatur-Shampoo und lösen Friedrun bei der Taschenwache ab und schicken sie ins erfrischende Nass. Wir räkeln uns gerade zufrieden auf unseren Isomatten vor
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