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Zweilicht

Zweilicht

Titel: Zweilicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blazon Nina
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dann schloss er sich natürlich den beiden Ältesten an.
    »Komm«, raunte Cinna. Und Mo gehorchte.
    Beim letzten Blick über die Schulter sah sie, wie Night sich ebenfalls umdrehte, als wollte sie sich vergewissern, dass die Schwestern wirklich nicht zum Haus zurückkehrten. Dann verlor sich ihre Silhouette in der Dunkelheit.
    Cinna und sie nahmen den Weg in Richtung Fluss, sie liefen Schulter an Schulter, aber sie sprachen kein Wort. Erst als sich schon der Geruch von Wasser in ihren Nasen fing, blieb Cinna stehen und funkelte Mo an. »Was ist vorhin passiert? Was ist so wichtig an ihm, dass du dich mit den Ältesten anlegst und ihnen sogar drohst?«
    Mo schluckte. »Ich weiß es nicht. Er … war mir so nah. Night erzählt uns immer, dass sie verwirrt und wertlos sind und nichts wissen über die Welt. Aber ich habe so vieles mit seinen Augen gesehen. Auch, dass er geflogen ist.«
    »Trug! Menschen können nicht fliegen.«
    »Doch. Er kam über den Himmel hierher. Er konnte wie ein Adler von oben auf das Land und auf das Meer blicken. Er stammt aus einem anderen Land, in dem die Sonne in der Nacht aufgeht und der Mond am Tag scheint. Und außerdem«, sie senkte ihre Stimme zu einem Wispern, »hattest du recht. Er sammelt Träume! In flachen, eckigen Behältern. Darin sind sie als runde silberne Mondscheiben aufbewahrt. Das Licht dieser Scheiben flackert dann über eine helle Wand. Wie Mondschein, nur bunt und hell, und mit schattenhaften, riesigen Bildern.«
    Cinnas Augen wurden vor Entsetzen groß. »Er ist so was wie ein Traumfänger?«
    »Vielleicht.«
    »Warum hast du das nicht gleich gesagt?«
    »Warum wohl? Weil ich nicht will, dass Ban ihm etwas tut.«
    Cinna starrte sie fassungslos an. »Warum beschützt du ihn?«
    Mo antwortete nicht, dennoch huschte die Erkenntnis über Cinnas Züge. Und dann die nackte Angst. »Er gefällt dir!«, brachte sie mühsam heraus.
    Mo schwieg immer noch. Wie hätte sie Cinna auch sagen können, was sie selbst erst in diesem Moment begriff: Ja, und ich muss ihn wiedersehen.
    »Night hat recht«, stieß Cinna hervor. »Du bist verrückt. Und du übertreibst immer! Du bist leichtsinnig, greifst nach jeder Schlange, und jede Schneeflocke, jedes Blatt lenkt dich ab, du bringst dich in Gefahr …«
    »Ich war nicht in Gefahr«, beharrte Mo. »Und es kann doch nicht die Antwort sein, ihnen das Genick zu brechen. Wie können wir wissen, was es wirklich mit ihnen auf sich hat, wenn Ban und Night jeden, der wach ist, einfach umbringen?«
    Ihre Schwester fluchte, dann drehte sie sich um und huschte davon. Einen Wimpernschlag später war sie im Dickicht verschwunden. Mo seufzte. Es war typisch für Cinna, die Flucht zu ergreifen, wenn die Furcht zu stark wurde.
    Sie kämpfte gegen den Sog an, der von dem Jungen und dem Haus voller Träume ausging, dann aber widerstand sie und folgte ihrer Schwester.
    Sie fand sie auf dem Dach eines Gebäudes, fast schon am Fluss. Es war ein würfelförmiges, altes Gebäude, ebenfalls aus braunem Sandstein, mit morschem Dach. Der Vollmond umspielte Cinnas Mondgestalt. Lange, schlanke Glieder, weiße Haut und Haar, das zwar tiefrot war, aber auch einen sanften zimtfarbenen Schimmer hatte, der Cinnamon ihren Namen gab.
    Jemand, der uns heute sieht und flüchtig hinschaut, könnte uns für Menschen halten , dachte Mo. Und Cinna weiß das ganz genau. Vielleicht fürchtet sie sich deshalb so sehr?
    Auf leisen Sohlen balancierte sie an der Dachkante entlang und ließ sich neben ihrer Schwester nieder. Cinna regte sich nicht, sie starrte, ohne zu zwinkern, auf die andere Seite des Flusses, aber ihr schneller Atem verriet, wie aufgewühlt sie war.
    »Als er sich bewegte, dachte ich, er würde dich töten«, sagte sie nach einer Weile. Ihre Stimme bebte und das Zittern darin schien sich auf Mo zu übertragen. Manchmal, besonders in Vollmondnächten, fühlten sie einander auf diese Weise.
    »Ich weiß«, antwortete Mo und musste sich räuspern.
    »Jag mir nie wieder eine solche Angst ein!«
    Mo senkte den Blick und nickte. Behutsam tastete sie nach Cinnas Hand. Ihre Finger fanden sich und verflochten sich ineinander, eine ungewohnte Berührung, die dennoch guttat.
    »Sieh dir das an.« Cinna deutete mit einer lässigen Geste über den Fluss.
    Ein seltsamer Turm erhob sich dort. Gedrungen war er und unglaublich hoch, oben verjüngte er sich und lief in eine lange Spitze aus, die von hier aus gesehen wie ein dünner Eiszapfen wirkte, der nicht nach unten hing, sondern

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