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Zweimal Hölle und zurück (German Edition)

Zweimal Hölle und zurück (German Edition)

Titel: Zweimal Hölle und zurück (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Janice Davidson
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beschlossen, dass es das Risiko aufwog, wenn sie dadurch ihre Seele bewahren konnte. Indem sie die Welt vor … nun ja … sich selbst bewahrte, rettete sie zugleich ihre Familie und ihre Freunde.
    Ich sah mein älteres Ich beinahe vor mir, wie es an seinem riesigen Schreibtisch hockte und sich fragte: Werde ich es spüren, wenn sich der Zeitstrom verändert? Oder werde ich es nicht einmal wahrnehmen? Werde ich immer noch … ich sein? Oder werde ich sie sein? Oder jemand ganz anderes, eine, der keine von uns gleicht?
    Ich wusste es nicht. Das machte mich wahnsinnig. Ich wusste jetzt eine ganze Menge über die Zukunft, doch es reichte nur für Verzweiflung. Nicht für Hoffnung.
    »Ich habe mich gerettet«, sagte das Marc-Wesen so leise und freundlich, dass es wie der gute Mensch klang, der sich vor zwei Stunden im oberen Stock das Leben genommen hatte. »Nun musst du dich retten.« Er nickte zu dem Stuhlbein-Pfahl in meiner Hand. Ich hatte mir keine Mühe gegeben, ihn zu verstecken. Welchen Sinn hätte das gehabt?
    »Hat sie nicht geschafft«, murmelte er. Ich sah ein paar Tränen. »Mich zu töten, meine ich. Sie konnte mich nicht retten, aber sie konnte mich auch nicht erlösen, und so lebte ich weiter und starb immer mehr ab, und sie wusste, dass sie den letzten Rest an Menschlichkeit verlieren würde, wenn sie mich tötete, und das wollte sie nicht. Sie konnte mich nicht töten. Und ich habe sie geliebt, und ich habe sie gehasst, aber vor allem habe ich sie geliebt, weil sie du war, und wenn du mich tötest, wirst du niemals zu ihr werden. Und Marc wird niemals zu mir werden.«
    Ich starrte zu Boden. Ich konnte ihn nicht anschauen. Es war eindeutig am schlimmsten, wenn er so menschlich klang wie eben jetzt. »Es tut mir leid, dass dir das zugestoßen ist.«
    » Zugestoßen? « Er lachte schrill. »Aus deinem Mund klingt das, als wäre ich ein Erdbeben. Es tut dir leid, weil du mir das angetan hast. Stimmt’s?«
    Ich nickte. »Stimmt.«
    »Ich weiß. Deshalb weiß ich auch, dass du mich töten kannst. Nicht wahr? Wenn du mich tötest, bleibt dir noch ein großer Rest an Menschlichkeit. Tonnenweise! Ich will es bloß nicht kommen sehen. Ich konnte noch nie Spritzen ertragen – weil ich nicht zusehen kann, wie die Nadel eindringt. Ist das nicht das Dümmste, was du je gehört hast?«
    »Nein.«
    »Deshalb wollte ich ja springen. Du erinnerst dich: die Nacht, als wir uns kennengelernt haben? Ich wollte springen und sterben, aber du hast mich im letzten Moment festgehalten. Und hast mich seitdem immer wieder festgehalten, weil du so daran gewöhnt bist, mich zu retten, dass du mich nicht loslassen kannst. Doch jetzt wirst du es tun, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Ich bin gern Arzt gewesen«, seufzte er. »Ich glaube, wenn ich nicht ermordet worden wäre, hätte ich für einen Freund das Gleiche …«
    Ich erhob mich. Dann musterte ich ihn prüfend … ja. Die Marc-Kreatur war tot. Es hatte gereicht, ein Stuhlbein durch seine Brust und die Lehne des Stuhls, an den er gefesselt gewesen war, zu stoßen.
    Ich hatte ihn gerettet und vielleicht auch mich.
    Und er hatte es nicht kommen sehen.

47
    »Es tut mir leid, dass ich im Keller so barsch war. Es ist ja auch dein Vampirkönigreich. Aber ich wollte mich unbedingt allein darum kümmern.«
    »Ich war nicht gekränkt, meine Königin, sondern habe mir große Sorgen gemacht.« Wir standen mitten in unserem demolierten Schlafzimmer, und zu sehen, was für eine Zerstörung Garretts und Antonias Wiedervereinigung hervorgerufen hatte, brachte mich zum ersten Mal seit Stunden wieder zum Grinsen. »Außerdem kann ich so nicht leben.«
    »Wir machen uns vom Acker.« Ich zog den Reißverschluss der Tasche zu, die ich gepackt hatte. »Ich will dieses Haus ein paar Tage lang nicht mehr sehen. Jessica hat schon die Handwerker angerufen. Ich hab ihr gesagt, dass wir im Marriott einchecken.« Jessica würde es an die anderen weitergeben. Und dann würden wir uns ein paar Tage Auszeit gönnen, um unser erschüttertes Bild von der Welt, wie sie sein sollte, instand zu setzen. Irgendwann würden wir auch wieder am Küchentisch sitzen und versuchen, nicht an Marc zu denken. Und dann würden wir einen Plan aushecken und retten, was zu retten war.
    Was ganz schön verzwickt sein würde, wenn man bedachte, dass jeder nun eine andere Identität besaß. Der Zeitstrom war nicht das Einzige, was sich verändert hatte.
    Garrett, der früher kaum den Mund aufgekriegt hatte, um ein neues Knäuel Wolle zu

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