Zweimal Hölle und zurück (German Edition)
blieben Dutzende Kreuze auf die Marc-Kreatur gerichtet, während unser Marc die Schwelle überschritt. Er hatte sich zwar einverstanden erklärt, mit dem Wesen eingeschlossen zu werden, sich aber zum Schutz massenweise Schmuck umgehängt. Wenn allerdings der Marc-Vampir etwas Böses getan hätte , hätte unser Marc mit drei schweren Riegeln zu kämpfen gehabt. »Bis neulich.«
»Lass mal von dir hören!«, rief der andere Marc mit unangemessen fröhlicher Stimme. Unheimlich. Ein Ausdruck freudiger Erregung in einer krächzenden, kalten Raspelstimme! Da konnte einem übel werden. »Schick mir ganz, ganz viele Karten! Ich bekomme soooo gern Post!«
Marc schob sich an mir vorbei. Er hatte einen Ausdruck im Gesicht, der mir nicht gefiel, aber ich konnte ihn nachvollziehen. Marc sah irgendwie … ausgeschaltet aus. Sorgenvoll und zugleich nachdenklich, als hätte er tonnenweise Infos gekriegt, die er jetzt mühsam verarbeiten musste.
Wir sahen Marc nach. Wie ein alter Mann stieg er die Treppe hoch. »Es kann ziemlich schrecklich sein«, sagte ich, als er außer Hörweite war, »wenn man schlimme Dinge herausfindet, die man noch gar nicht getan hat, Dinge, die auch auf die Zukunft Auswirkungen haben. Ich werde mal mit ihm reden.«
»Gib ihm ein paar Minuten Zeit«, riet Sinclair.
»Ja, du hast recht. Das Marc-Wesen hat ihn wahrscheinlich ungeheuer beeindruckt.«
»Stimmt genau«, pflichtete das Wesen mir bei. »Wir haben uns gegenseitig auf den neuesten Stand gebracht. Ich kann mir ja jetzt keine starken Frisuren mehr wachsen lassen, doch vielleicht könnte ich eine Perücke tragen? Die Justin-Bieber-Frisur, wär’ das nichts für mich?«
»Geht’s vielleicht noch ekelhafter?«, schlug ich vor.
»Ist Antonia also wirklich aus der Hölle zurückgekehrt? Ich verdächtige Laura ja nicht, gelogen zu haben. Es kommt mir nur so … unglaublich vor«, bemerkte Tina.
»Sie ist hier«, bestätigte die Marc-Kreatur, »und doch ist sie nicht hier. Antonia ist tot. Du kannst es einfach nicht lassen, wie? Du gibst vor, Veränderungen zu hassen, Betsy, aber dann bist du immer diejenige, die sie herbeiführt.«
»Erzähl keine Märchen, Marc-Monster! Tina, du hast ja noch nicht mal die ganze Geschichte gehört!«, erwiderte ich. Und dabei sollte es auch noch eine Weile bleiben, denn Laura und ich waren uns einig, dass die Bande nicht jedes langweilige Detail erfahren musste. Ich würde nur die Highlights berichten und betonen, was für eine coole und tolle Vorstellung ich in der Hölle abgeliefert hatte.
»Dann geh voraus!« Sinclair verneigte sich leicht und deutete höflich auf die Treppe. Trotz der Verbeugung grinste er amüsiert. »Und ergötze uns mit deiner Erzählung, Geliebte!«
Also kam ich seiner Bitte nach, in aller »Ausführlichkeit«. Und das ist es, was mich so fertigmacht. Das ist der Teil, über den ich später ohne Unterlass grübelte. Wenn ich es überhaupt ertragen konnte, daran zu denken.
44
Eine halbe Stunde später saßen wir gemütlich in Smoothie Central. Ich war gerade zu dem (gekürzten) Teil gekommen, wo Satan fragte, was sie denn nur tun müsse, damit ich endlich die Hölle verließe, als Garrett und Antonia die Küche betraten.
»Ich will nicht einmal fragen. Habt ihr wenigstens Feuer gelegt, bevor ihr das Zimmer verlassen habt? Feuer reinigt«, wandte ich mich erklärend an Sinclair, der Antonia ungläubig anstarrte. »Glaube ich wenigstens.«
»Mein Gott!«, rief Jessica aus und zeigte auf die beiden. Normalerweise versuchte sie, das zweite Gebot nicht zu missachten, wenn freundlich gesinnte Vampire anwesend waren, aber in diesem Fall hielt ich ihren Schreck für gerechtfertigt.
»Mein Gott!«, rief Antonia und zeigte ihrerseits auf Jessicas Bauch.
»Ich weiß.« Ich nickte. »Schockierend und ekelhaft, nicht wahr?«
»Du bist einfach gigantisch.« Antonia wirkte von Jessicas Bauch förmlich hypnotisiert. Ich konnte ihr das wärmstens nachfühlen. »Wie … wie schaffst du es überhaupt, dich zu bewegen? Was isst du? Wen isst du?«
»Super, dass du wieder da bist!«, lautete Jessicas trockene Erwiderung. »Ohne dich war die Villa einfach nicht dieselbe. Das kannst du jetzt verstehen, wie immer du willst.«
Tina war auf Antonia zugegangen und schloss sie zu meinem Erstaunen spontan in die Arme. Nicht, dass sie früher Feindinnen gewesen wären, aber spontane Freundschaftsbekundungen von der kühlen, beherrschten Tina waren eben ungewöhnlich. »Ich sehe dich an und kann kaum meinen
Weitere Kostenlose Bücher