Zweimal ist einmal zuviel
Anhaltspunkte?«
»Nichts Besonderes.«
Er überlegte kurz. »Wir könnten uns doch zusammentun.«
Ich verzog das Gesicht. Bei meiner letzten Zusammenarbeit mit Morelli hatte ich eine Kugel in den Allerwertesten bekommen. »Was bringt mir das?«
»Ich habe einen guten Draht zu Kennys Familie.«
Kenny war vielleicht wirklich so blöd, bei seiner Familie Hilfe zu suchen. »Woher soll ich wissen, daß du mich nicht aufs Kreuz legen willst?« Das war ihm durchaus zuzutrauen.
Morelli hatte ein kantiges Gesicht, das mit zunehmendem Alter noch an Charakter gewann. Eine hauchdünne Narbe zog sich durch seine linke Augenbraue und zeugte von einem Leben voller Risikobereitschaft. Er war zweiunddreißig, zwei Jahre älter als ich, und alleinstehend. Zudem war er ein wirklich guter Polizist. Über seine Qualitäten als Mensch hatte ich noch kein abschließendes Urteil gefällt.
»Du wirst mir wohl einfach vertrauen müssen«, sagte er und wippte auf den Fersen.
»Das kann ja heiter werden.«
Als Morelli die Tür des Toyota öffnete, schlug uns eine Wolke Neuwagenduft entgegen. Er schwang sich hinter das Lenkrad und ließ den Motor an. »Ich glaube nicht, daß sich Kenny noch so spät hier blicken läßt«, sagte er.
»Ziemlich unwahrscheinlich. Julia wohnt bei ihrer Mutter. Die ist Krankenschwester im St. Francis und müßte in einer halben Stunde vom Nachtdienst kommen. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß Kenny hier antanzt, wenn Mami zu Hause ist.«
Morelli nickte noch einmal und fuhr los. Nachdem seine Rücklichter in der Dunkelheit verschwunden waren, ging ich zu meinem Jeep, der an der nächsten Straßenecke parkte. Ich hatte den Wagen gebraucht von Skoogie Krienski gekauft, der als Pizzabote arbeitete, und wenn das Auto warm wurde, roch es nach Teig und Tomatensoße. Außerdem war es ein sogenanntes Wüstenmodell, sandfarben lackiert und somit ungemein praktisch, falls ich mich jemals einem Armeekonvoi anschließen wollte.
Wahrscheinlich würde Kenny wirklich nicht mehr kommen, aber es konnte nicht schaden, noch ein bißchen zu warten. Um nicht gesehen zu werden, klappte ich das Verdeck des Jeeps hoch und drückte mich so tief wie möglich in den Sitz. Hinter dem Hortensienbusch war die Sicht zwar besser gewesen, aber für meine Zwecke ging es auch so. Falls Kenny auftauchte, würde ich sofort mein Handy zücken und Ranger anrufen. Ich war nicht scharf darauf, einen Typen, der wegen schwerer Körperverletzung gesucht wurde, allein festzunehmen.
Nach zehn Minuten fuhr ein Kleinwagen am Haus der Cenettas vorbei. Ich rutschte noch ein Stück tiefer in meinen Sitz. Einige Minuten später war er wieder da und hielt vor dem Haus. Der Fahrer hupte. Julia Cenetta kam heraus und stieg auf der Beifahrerseite ein.
Erst als sie schon einen halben Häuserblock von mir entfernt waren, ließ ich den Jeep an, aber mit den Scheinwerfern wartete ich noch, bis sie um die Ecke gebogen waren. Wir befanden uns am Rande des Viertels, in dem ich groß geworden war. Es war eine ruhige Wohngegend mit erschwinglichen Einfamilienhäusern. Da es nur wenig Verkehr gab, hielt ich Abstand, um nicht entdeckt zu werden. Wir bogen in die Hamilton Street ein und fuhren in Richtung Osten. Auf dieser etwas befahreneren Straße wagte ich mich ein wenig näher heran. Julia und ihr Freund fuhren schließlich auf den Parkplatz eines Supermarktes und parkten in einer dunklen Ecke.
Zu dieser späten Stunde war der Parkplatz leer, und es gab kein Versteck für eine neugierige Kopfgeldjägerin. Mit ausgeschalteten Scheinwerfern rollte ich ans andere Ende des Platzes. Dann fischte ich mein Fernglas vom Rücksitz und richtete es auf den anderen Wagen.
Als plötzlich jemand an die Fahrertür klopfte, fuhr ich zusammen.
Es war Morelli, der meinen Schreck sichtlich genoß. »Dafür brauchst du ein Nachtsichtgerät«, sagte er freundlich. »So wirst du überhaupt nichts erkennen.«
»Ich habe aber keines. Was hast du eigentlich hier zu suchen?«
»Ich bin dir gefolgt. Ich dachte mir, daß du noch ein bißchen nach Kenny Ausschau halten würdest. Von Polizeiarbeit hast du zwar keine Ahnung, aber dafür hast du mehr Glück als Verstand und bist so verbissen wie ein Pitbull, der seinen Knochen verteidigt.«
Die Beschreibung war zwar nicht sonderlich schmeichelhaft, dafür aber zutreffend. »Verstehst du dich gut mit Kenny?«
Morelli zuckte mit den Schultern. »Wir sind nicht gerade Busenfreunde.«
»Du hast also keine Lust, ihm guten
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