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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgs Geheimnis
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wir dann das Motiv: Mit einem geklauten Wagen einen Unfall verursachen…«
    »Aber«, wagte Baumann zu bemerken, »warum ist der Fahrer denn nicht einfach abgehauen? Er musste Pawlitsch doch nicht gleich umbringen. Vor einer Entdeckung brauchte er meines Erachtens keine Angst zu haben. Der Wagen war schließlich ohnehin gestohlen.«
    »Was weiß ich«, wehrte Brischinsky den im Grunde vernünftigen Einwand ab. »Das werden wir sehen. Jetzt statten wir erst einmal LoBauTech einen Besuch ab.« Er warf Baumann den Schlüssel zu. »Du fährst. Aber vernünftig.«
     
    8
    Rainer Esch stand frierend in der offenen Tür seiner Anwaltspraxis und führte ein ernstes Gespräch mit dem Briefträger über die Aussichten von Schalke in der Fußballbundesliga, als ein etwa 50-jähriger Mann in einem schwarzen Mantel und mit einem schwarzen Hut auf dem Kopf ihre Fachsimpelei unterbrach.
    »Entschuldigen Sie bitte die Störung, dürfte ich…?« Der Besucher machte Anstalten, sich an den beiden Diskutanten vorbei in Rainers Wartezimmer zu drängen. Esch trat zur Seite.
    »Bitte«, sagte er, nickte dem Postboten freundlich zu und folgte dem Mann, der sich so gerade hielt, als ob er einen Spazierstock verschluckt hätte, in die Praxis.
    Der Anwalt musterte den Hutträger neugierig. »Ich bin Rechtsanwalt Esch«, begann er die Unterhaltung. »Kann ich etwas für Sie tun?«
    »Ich hoffe schon.« Der Besucher schälte sich aus seinem teuer aussehenden Mantel, hängte einen grauen Schal sorgfältig und äußerst akkurat über Rainers schon etwas altersschwachen Garderobenständer und legte seinen Hut und die mitgebrachte Aktentasche auf den Stuhl daneben. Der Mann trug einen anthrazitfarbenen Zweireiher, dazu ein mittelblaues Hemd mit einer blauen, weiß gepunkteten Krawatte. In der Brusttasche seiner Anzugjacke steckte ein Schmucktuch in denselben Farben. So stellte sich Lieschen Müller einen echten Gentleman vor.
    »Wenn ich vorgehen darf…?« Esch betrat sein Arbeitszimmer, den Dressman im Schlepptau. Rainer zeigte auf einen seiner Freischwinger. »Um was geht es?«
     
    »Mein Name ist von Rabenstein. Aleksander Graf von Rabenstein.« Er betonte und dehnte das ›von‹. Und den
    ›Grafen‹.
    Rainer notierte den Namen.
    »Aleksander bitte mit k, s, nicht mit x. Meine Großmutter war eine Cousine fünften Grades der Romanows, der letzten amtierenden Zarenfamilie Russlands.«
    »Mit k, s. Aha.« Esch beeindruckte das nicht im Geringsten.
    Seiner durch und durch republikanischen Gesinnung war es völlig schnuppe, ob er vor Herzogen und Grafen oder Kaisern und Königen saß. Außerdem hielt er Blaublütige – zumindest deren Vorfahren – ohnehin alle mehr oder weniger für Halsabschneider. Rainer war der festen, unverbrüchlichen Überzeugung, dass irgendwann irgendein Urahn des heutigen Grafen von Rabenstein seinen damaligen Mitbürgern mit Keulen und Schwertern klargemacht hatte, dass sie ab sofort ihm nicht nur zu dienen, sondern ihn auch mit Euer Hochwohlgeboren anzureden hätten. Das angeblich göttliche und ewige Geburtsrecht des Adels hatte nun mal seinen historischen Ursprung in Raub und Mord. Aber schließlich war Rainer der Chef und einzige Mitarbeiter einer am Rande des Existenzminimums dahinkrebsenden Anwaltskanzlei. Geldnot ließ selbst politisch gefestigte Naturen zu Opportunisten werden. »Wie soll ich Sie anreden? Mit… äh… Graf?«
    »Nein. Herr von Rabenstein reicht.«
    Das beruhigte Rainer. Ein aufgeklärter Adeliger.
    Wahrscheinlich hatte seine Familie in der Französischen Revolution ganz besonders gelitten. Und deshalb wollte Aleksander mit k, s vermutlich heute kein Risiko mehr eingehen.
    »Gut, Herr von Rabenstein. Um was geht es denn nun?«
    »Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Normalerweise benötigen die Rabensteins keine Anwälte, vor allem ich nicht.
     
    Wir, das heißt, ich bin es gewohnt, Probleme selbst zu regeln.
    Schließlich wissen wir am besten, was wir unserer Familie zutrauen können, nicht wahr? Es gibt im Grundsatz nichts, womit ein Rabenstein nicht fertig wird.«
    Rainer nickte. Der Graf sagte das in einem Ton, als hätte er seinem Gegenüber gerade den Fehdehandschuh ins Gesicht geknallt und ihm die Wahl der Waffen überlassen. Esch war beeindruckt. Man konnte ja vom verarmten Landadel halten, was man wollte, aber Selbstbewusstsein hatten die Kerle. Und das, obwohl die Novemberrevolution 1918 mit der Abdankung des letzten deutschen Kaisers schon einige Tage zurücklag.
    Aber wer

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