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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgs Geheimnis
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Schlüter und signalisierte so, dass er jetzt auch einen Hochprozentigen vertragen konnte. Schlüter goss ein und reichte ihm das Glas.
    Der Firmenboss kippte den Schnaps in einem Zug hinunter und vertiefte sich wieder in das Schreiben seines Vaters. Sein Mund war vor Erstaunen leicht geöffnet. Hastig flogen seine Augen über den Text. Als er alles gelesen hatte, war er weiß wie eine Kalkwand. Sein rechtes Augenlid veranstaltete eine wahre Blinzelorgie.
    Lorsow verstaute den Brief langsam im Umschlag. »Du wusstest davon?«
    Schlüter nickte.
    »Seit wann?«
    »Spielt das eine Rolle?«
    »Nein. Gibst du mir noch einen?« Lorsow hielt Schlüter sein Glas hin. »Dann hat dieser Esch ja Recht.«
    Schlüter goss nach. »Es sieht so aus.«
    »Jetzt ist alles vorbei. Wenn herauskommt, dass mein Vater sich das Geschäft in Castrop quasi illegal angeeignet hat, bekomme ich keinen Kredit. Dann kann ich das neue Antriebskonzept abschreiben. Bis die Angelegenheit juristisch geklärt ist, bin ich pleite. Das war’s.« Lorsow stand unmittelbar vor einem Zusammenbruch. »Es sei denn…«
    »Was?«
    »Du begleichst endlich deine Verbindlichkeiten gegenüber der Firma.«
    Schlüter schien verwundert. »Das ist gegen unsere Abmachungen.«
     
    »Ich weiß. Aber wenn ich den neuen Antrieb nicht finanzieren kann, geht die Firma den Bach runter.«
    »Blödsinn. Du darfst nur nicht die Nerven verlieren.«
    »Und was soll ich deiner Meinung nach machen?«
    »Was Derwill vorgeschlagen hat: auf Zeit spielen. Denk an deine Existenz. Denk an die Firma. Es geht um viel Geld. Du kannst jetzt nicht einfach alles hinschmeißen.« Er beugte sich zu seinem Mandanten. »Wann, glaubst du, bewilligt die Bank deinen Kredit?«
    »In zwei, drei Wochen.«
    »Gut. Pass auf, wir machen das so. Wenn der Esch anruft, um mit dir Ort und Zeit eures Gespräches zu besprechen, soll ihn Frau Müller mit Derwill verbinden, weil du plötzlich krank geworden bist. Derwill soll Esch vertrösten. Ich kläre das mit ihm. Einige Tage später setze ich mich mit diesem Esch in Verbindung und verhandle in deinem Auftrag, so wie du es mit ihm schon besprochen hast. Wenn der Kredit zu deiner Verfügung steht, kannst du immer noch zahlen.«
    »Was mache ich, wenn Esch es sich anders überlegt und die Öffentlichkeit informiert?«
    »Dann hast du ein Problem. Aber lass uns erst mal abwarten.
    So, und jetzt lasse ich dich nach Hause bringen. In dem Zustand setzt du dich nicht mehr hinter ein Steuer.«
    Schlüter schob Lorsow sanft zur Tür und wechselte einige Sätze mit seiner Sekretärin. Zum Abschluss schlug er Lorsow aufmunternd auf die Schulter. »Kopf hoch. Wird schon werden.«
    Nachdem Lorsow die Kanzlei verlassen hatte, bat Schlüter um eine Telefonverbindung mit dem Prokuristen der Firma LoBauTech. Dann goss er sich noch einen Calvados ein.
     
    »Seit wann hast du vor mir Geheimnisse? Ich musste warten, bis du dein Telefonat beendet hast.«
    Hans-Joachim Schlüter sah über seine Lesebrille, die er gewöhnlich auf der Nasenspitze zu tragen pflegte, auf Elke, die gerade in das Büro gekommen war.
    »Was gibt es, Kleines?«
    Elke Schlüter hasste diese Anrede. »Bitte nenne mich nicht so. Ich bin neunundzwanzig, wie du weißt.«
    Ihr Vater schmunzelte. »Also, was ist?«
    »Ich muss mit dir reden.«
    »Das tun wir doch bereits, oder?«
    Manchmal ging ihr seine väterliche Überheblichkeit auf den Geist. Einen Moment erwog sie, auf dem Absatz kehrtzumachen, ließ es dann aber doch. Zwei Tage hatte sie sich den Kopf darüber zerbrochen, ob an Rainers Vermutungen vielleicht etwas dran war. Dann hatte sie sich entschieden, mit ihrem Vater zu sprechen.
    »Sicher. Aber ich bin nicht hier, um Smalltalk zu betreiben.«
    »Nein?« Seine Überraschung war gespielt.
    »Ich möchte mit dir über Doktor Lorsow reden.«
    Ihr Vater nahm die Brille ab, lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück: »Setz dich. Möchtest du einen Kaffee?«
    Sie schüttelte wortlos den Kopf.
    »Worum geht es?« Er blickte sie aufmerksam an, sezierte sie geradezu mit seinen dunklen Augen. Sie kannte diesen Blick und fühlte sich automatisch unbehaglich. Wenn sie als Kind etwas angestellt oder zu einer Notlüge Zuflucht genommen hatte, hatte ihr Vater sie schweigend mit diesem Blick gemustert. Fast immer hatte sie dann ihr kindliches Vergehen gestanden. Und jetzt sah er sie wieder so an.
    »Bist du wirklich davon überzeugt, dass Lorsow nichts mit dem Mord an diesem Pawlitsch zu tun

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