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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgs Geheimnis
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noch?«
    »Leider nein.«
    »O Gott. Wenn Esch Recht hat… Stellen Sie sich die Reaktionen der Öffentlichkeit vor. Ich muss mich mit dem Mann einigen und zahlen.« Die Resignation in Lorsows Stimme war unüberhörbar.
    »Nicht unbedingt.«
    »Was sonst?«
    »Zeit gewinnen. Verhandeln. Bis die Bank den Kredit bewilligt hat. Dann können Sie immer noch zahlen, oder…«
    »Was oder?«
    »Die Sache der Polizei übergeben, natürlich.«
    »Das wäre eine Möglichkeit.« Lorsow wiegte nachdenklich mit dem Kopf. »So könnte es gehen.«
    »Herr Lorsow, darf ich Ihnen noch einen Rat geben?«
    »Raus damit. Deshalb sind Sie hier.«
    »Sie sollten sich auf die Gespräche mit der Bank und Global Industries
    konzentrieren. Lassen Sie Schlüter die
     
    Verhandlungen mit diesem Esch für Sie führen. Er unterliegt der Schweigepflicht. Außerdem ist er doch ein Freund der Familie, wenn ich das richtig sehe.«
    »Sie haben Recht.« Lorsow griff zum Telefonhörer. »Frau Müller, verbinden Sie mich bitte mit Rechtsanwalt Schlüter.
    Aber bitte sofort. Es ist dringend.« Er wandte sich wieder an seinen Prokuristen und stand auf. »Was würde ich ohne Sie nur machen, Herr Derwill? Danke für Ihren Rat.«
    »Das ist doch selbstverständlich, Herr Lorsow.« Der Prokurist erhob sich ebenfalls. »Halten Sie mich auf dem Laufenden?«
    »Natürlich.« Lorsow klopfte seinem um einiges älteren Mitarbeiter jovial auf die Schulter. Das Telefon meldete sich.
    Lorsow hob ab. »Ja?«
    Der Prokurist drehte sich Richtung Tür und machte sich daran, den Raum zu verlassen.
    »Hans-Joachim? – Ich muss dich dringend sprechen. –Nein, sofort. Und persönlich. – Es ist wichtig, natürlich. – Ja, danke.
    Bis gleich. Ich komme sofort zu dir.« Er legte auf.
    Eine halbe Stunde später saß Friedhelm Lorsow seinem Anwalt gegenüber und erzählte ihm von dem Anruf Eschs.
    »Mit dem hatte ich noch nie zu tun.« Schlüter reichte seinem Mandanten die Notiz Roswitha Müllers zurück. »Du bist dir also sicher, nicht zur Polizei gehen zu wollen?«
    »Ja.«
    »Hm. Ich muss das akzeptieren. Trotzdem rate ich dir…«
    »Vergiss es.«
    »In Ordnung.« Schlüter machte eine lange Pause. »Ich glaube, ich brauche jetzt einen Schnaps. Du auch?« Schlüter ging zu einem Servierwagen, auf dem eine ansehnliche Anzahl Flaschen stand, und goss sich einen Calvados ein.
     
    »Nein, ich habe genug. Sonst bin ich nicht nur die Firma, sondern auch den Führerschein los.« Lorsow lachte bitter.
    Als er sich wieder gesetzt hatte, fragte der Notar zögernd:
    »Friedhelm, was weißt du darüber, wie dein Vater den Krieg überstanden hat?«
    »Warum fragst du?«, wollte Lorsow verwundert wissen.
    »Was weißt du?«, insistierte Schlüter erneut.
    »Nicht viel. Mein Verhältnis zu meinem Vater war nicht das beste. Nach meinem Studium habe ich bis zu seinem Tod kaum mit ihm gesprochen. Aber wem sage ich das!«
    »Und deine Mutter? Hat sie dir etwas erzählt?«
    »Wenig. Nur, dass mein Vater Glück hatte und nicht nach Russland an die Front musste, sondern irgendwo im Stab eingesetzt war. Aber warum…?«
    »Das ist leider nur die halbe Wahrheit. Dein Vater war Mitglied der NSDAP und anderer Nazi-Organisationen. Er ist schon in den frühen Dreißigern in die Partei eingetreten.
    Den Laden in Castrop, den er nach dem Krieg zu LoBauTech ausgebaut hat, bekam er erst 1938. Dein Vater war vorher Verkäufer in diesem Geschäft. Es gehörte ursprünglich einer Familie Löw.«
    »Du willst damit sagen…?« Lorsow wurde bleich.
    Schlüter nickte. »Wie er genau an den Laden gekommen ist, weiß ich nicht.« Er trank seinen Calvados aus, ging hinter seinen Schreibtisch und klappte ein abstraktes Ölgemälde zur Seite. Dahinter wurde ein Wandtresor sichtbar, den Schlüter öffnete. Er nahm einen braunen Umschlag heraus, verschloss den Safe wieder und schwenkte das an Scharnieren befestigte Kunstwerk zurück an seinen angestammten Platz. Dann reichte er Friedhelm Lorsow den Umschlag. »Hier. Der ist für dich.
    Dein Vater hat mir diesen Brief kurz vor seinem Tod gegeben und es mir überlassen, wann ich ihn dir aushändige. Ich glaube, jetzt ist der richtige Zeitpunkt dafür.«
     
    Lorsow erkannte die schwungvolle, etwas altertümliche Handschrift seines Vaters auf dem an ihn adressierten Umschlag. Er zerriss das Siegel und öffnete das Kuvert. Es enthielt zwei handgeschriebene Blätter.
    Friedhelm Lorsow begann zu lesen. Nach einigen Minuten zeigte er auf das halb volle Calvadosglas vor

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