Zwielicht
wartete, bis sie bei ihm war, bevor er weitersprach. »Unterstellst du mir etwa, ich hätte das hier geplant?«, fragte er in gespielter Entrüstung. »Dass ich hier rumstehe und dein Büro anstarre, obwohl ich schon vor einer halben Stunde hätte heim-gehen können?«
»Etwa nicht?«, entgegnete sie und spielte mit. Das war eines der Dinge, die sie an Quark am meisten mochte: Es machte Spaß, in seiner Gesellschaft zu sein.
»Ehrlich gesagt«, gestand er, während er seine Tür verschloss,
»waren es eher fünfundvierzig Minuten.«
Ro lachte, eine willkommene Abwechslung nach dem Stress dieser Woche. Auch das mochte sie an ihm: Er war witzig.
»Darf ich dich zu deinem Quartier begleiten?«, wagte er sich vor.
»Nun ja«, murmelte sie so lang gezogen, als müsse sie ernsthaft darüber nachdenken. »Da du bereits endlose Ewigkeiten gewartet hast …« Sie hielt auf den Turbolift zu, und Quark begleitete sie.
»So mag ich das«, sagte er. »Eine Frau, die ihren Wert kennt.«
»Wie meinst du das?«
»Na, wenn ich erst fünfzehn Minuten gewartet hätte, hättest du mich wahrscheinlich stehen gelassen.«
»Wahrscheinlich«, stimmte sie lächelnd zu. Quark betätigte die Konsole neben der Turbolifttür, woraufhin sich diese öffnete und sie einsteigen konnten. »Also«, fuhr Ro fort, nachdem sie ihr Ziel genannt hatte, »hast du wirklich auf mich gewartet?« Der Lift begann seinen Abstieg.
»Nein«, antwortete er, und sie überraschte sich selbst damit, enttäuscht zu sein. »Ich hätte schon vor einer Stunde schließen können, aber Morn hörte einfach nicht auf, über die politische Lage auf Beta Antares IV zu dozieren. Eine seiner Schwestern scheint da ein hohes Tier zu sein.«
»Tier?«, wiederholte Ro. »Ist das nicht eine eigenartige Bezeichnung für eine Politikerin?« Sie hatte schon viele Umschreibungen gehört, fand diese aber besonders unpassend.
»Wenn’s um Morn geht, stelle ich keine Fragen.«
»Warum nicht?«
»Weil er sie beantworten könnte«, antwortete Quark. »Und das würde mich wieder eine Stunde meiner Lebenszeit kosten.«
Ro kicherte, da sie Morns Neigung für scheinbar endlose Gesprä-
che kannte. Als der Lift die Richtung wechselte, fiel ihr etwas auf.
»Du trägst das Duftwasser ja gar nicht mehr.«
Quark hob die Schultern. »Es gefiel dir nicht«, sagte er schlicht.
»Das ist sehr rücksichtsvoll.«
»So schreibt’s die dreihundertfünfte Erwerbsregel vor: ›Seien Sie stets rücksichtsvoll.‹«
»Im Ernst?« Sofort kam ihr die Frage töricht vor. Sie mochte nicht alle – oder auch nur eine – der Erwerbsregeln kennen, aber dass Rücksichtnahme kein Geschäftsprinzip der Ferengi sein konnte, lag ja wohl auf der Hand. Ich muss wirklich müde sein , dachte sie. Quark schien zu merken, dass ihr die Frage peinlich war und sagte nichts.
»Lach nicht«, warnte sie ihn.
»Wer lacht denn?«
»Wie lief’s denn so in der Bar?«, wechselte sie das Thema.
»Gut«, antwortete er. »Sofern man davon absieht, dass ich allen einen ausgegeben habe.«
»Wenigstens bist du dabei nicht leer ausgegangen«, sagte Ro und bezog sich auf den Drink, den sie ihm nach Shakaars Ansprache spen-diert hatte. Kurz darauf war sie von der Pflicht fortgerufen worden.
»Das war der beste Drink, den ich je hatte«, erwiderte Quark aufrichtig.
Der Turbolift hielt an, die Tür glitt auf. Ro trat in den Habitatring, doch Quark blieb in der Kabine. »Kommst du nicht mit?«, fragte sie.
»Ich dachte, du bringst mich bis zur Tür.«
Statt sich zu rühren, sah er sie an, einen ernsten Ausdruck im Gesicht. »Darf ich dich etwas fragen, Laren?«
Sie glaubte zu wissen, was er fragen wollte, und traf eine Entscheidung, die sie selbst verblüffte. »Die Antwort lautet Ja.«
Quarks Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen, und seine Augen weiteten sich vor Überraschung. »Aber du hast doch die Frage noch gar nicht gehört.«
Ro legte die Hände auf den Türrahmen des Lifts und beugte sich zu ihm vor. »Ich vertraue dir.«
Einen Moment lang blickte er stumm in ihre Augen. Dann sagte er:
»In diesem Fall wartest du vielleicht besser ab, bevor du dich ent-scheidest.«
»Okay«, sagte sie. »Schieß los.«
»Ich, äh, wollte, äh, wissen«, begann er stammelnd. »Ich wollte wissen, ob du mal mit mir ausgehen würdest.«
»Sprichst du von einer Verabredung?«, fragte sie mit Grabesstim-me. Quark nickte. »Dann lautet die Antwort Ja.« Sie ließ den Rahmen los und richtete sich wieder auf. »Und jetzt
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