Zwischen Krieg und Terror
sahen sich gezwungen, Formen westlicher Demokratie in ihre Politik zu übernehmen, auch wenn sie die Zulassung konkurrierender Parteien oft nur akzeptieren, um sich das Wohlwollen westlicher Regierungen zu sichern. Doch seit den Folterskandalen von Abu Ghraib und seitdem des Terrors Verdächtigte in Guantanamo gefangen gehalten werden, verliert das westliche Demokratiemuster seinen Vorbildcharakter. Genau wie im Iran die Schwächung der Reformbewegung durch die politische Katastrophe im Irak nach dem Sturz Saddam Husseins verstärkt wird, sind auch groÃe Teile der arabischen Mittelschichten zu westlichen Demokratiemodellen auf Distanz gegangen. Unter Demokratisierungsprozess werden zunehmend vom Ausland aufgezwungene Veränderungen verstanden. Diese Kritik wächst wegen des Zögerns der USA, auch dann die Demokratisierung politischer Systeme einzufordern, wenn es sich um verbündete Regime handelt.
In den Augen von Oppositionspolitikern, die sich von freien Wahlen Chancen auf eine Beteiligung an der Macht versprechen, handelt es sich bei Reformforderungen aus dem Westen um den Versuch, durch politische Ãnderungen den ausländischen Einfluss zu steigern. Deshalb werden vor allem gegenüber Regimen Demokratieforderungen erhoben, die sich diesbezüglichen Versuchen westlicher Staaten entziehen. Nehmen Wahlen einen anderen Ausgang als erhofft, so wird dieses Ergebnis sogar nicht akzeptiert. Als Beispiel für solch ein Vorgehen des Westens wird der Entzug der Finanzhilfen für die palästinensische Regierung gesehen, seit sie von der Hamas gestellt wird, die aus der letzten Wahl in Palästina als eindeutiger Sieger hervorgegangen ist.
Welche AusmaÃe das Misstrauen gegenüber westlicher Politik erreicht hat, wird an den Spekulationen deutlich, denen zufolge die USA eigentlich gar keine Ãnderungen im Orient anstreben und im Irak sogar vorsätzlich für chaotische Verhältnisse gesorgt haben, um zu demonstrieren, dass sich die Beseitigung eines diktatorischen Regimes gar nicht auszahlt. In der Eliminierung eines starken irakischen Zentralstaats sehen gerade Intellektuelle, die mit Saddam Hussein sympathisiert haben, eine Schwächung der arabischen Welt, die den Amerikanern zudem die Möglichkeit biete, sich die Kontrolle über die Ãlquellen anzueignen.
Dabei steigert die wachsende Diskrepanz zwischen den ideologischen Ansprüchen der Regimes und ihrer nicht zu leugnenden Repressionen, Korruption und Inkompetenz das Bedürfnis nach Mitsprache. Forderungen nach Rechtsstaatlichkeit und einer Rechenschaftspflicht der Herrschenden wachsen. AuÃerdem müssen die Träger dieser innergesellschaftlichen Tendenz eines Strebens nach Demokratisierung sich zunehmend von der AuÃenpolitik der USA absetzen, um ihre Chancen auf Machtbeteiligung zu wahren. In zahlreichen Fällen werden die Kritik an bestehenden Verhältnissen und der Wunsch nach ihrer Veränderung mit einer Ablehnung der US-POLITIK verbunden.
Vor allem islamische Parteien stellen in vielen Ländern die wichtigsten Oppositionskräfte. Ihr traditionell taktisches Verhältnis zu demokratischen Prozessen, die sie als Möglichkeiten zur Durchsetzung ihrer Machtinteressen nutzen wollen, können sie heute als Kritik demokratischer Herrschaftsstrukturen vortragen. Demokratie wird durch den Ruf nach der Einführung des unabänderlichen islamischen Rechtssystems, der Scharia, relativiert. Auch im Iran werden Forderungen laut, die in der Verfassung verankerten demokratischen Strukturen gegen eine islamische Herrschaft auszuwechseln. Demzufolge wäre die Bildung der Regierung nicht mehr ein Ergebnis von Wahlen, sondern das Kabinett würde durch einen islamischen Führer eingesetzt und wäre diesem gegenüber auch verantwortlich.
Bisher lassen sich die Auswirkungen des Scheiterns westlicher Politik bei der Schaffung demokratischer Strukturen noch nicht absehen. Zaghafte Demokratisierungsversuche und die Forderungen, diese Staatsform zu übernehmen, erleiden schwere Rückschläge. Vor allem Regime, die bisher noch nicht vom Terrorismus betroffen sind, wie die in den Vereinigten Arabischen Emiraten oder Katar, werden auch künftig keine Parteien zulassen und ihre absoluten Herrschaftsformen beibehalten. Dabei können die in solchen Staaten Herrschenden die hohe Zahl der Ausländer nutzen, um Forderungen nach der Einführung demokratischer Verhältnisse zu blockieren, da
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