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Zwischen Mond und Versprechen

Zwischen Mond und Versprechen

Titel: Zwischen Mond und Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Delany
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« Sein Blick streifte wieder über mich hinweg.
    Ich drehte mich um, um zu sehen, was seine Aufmerksamkeit von unserer knallharten Unterhaltung ablenkte. War es jemand bestimmtes? Nein. Er guckte immer nach oben. Zur Uhr? Ach. Er hatte wohl Angst, dass er hier seine Zeit vergeudete. Ich sah ihn wieder an. » Und was sind deine Beweggründe, Pietr? Du kennst mich nicht einmal! «
    Er wich mit einer geschmeidigen Bewegung zurück. » Das stimmt. « Er lächelte, zwischen seinen Lippen zeigten sich auffallend schöne Zähne. » Ich kümmere mich gerne um Leute, die sich um mich kümmern. Es muss wohl so etwas wie ein verhängnisvoller Zug in meiner Familie sein. « Sein Blick wurde von Erinnerungen umwölkt. Dann blinzelte er und sah mich wieder an. » Du bist heute meine Führerin, oder? «
    » Vielleicht sollte dich jemand anderes in der Schule herumführen. Hier sind Dutzende von Mädchen, die den Job liebend gerne machen würden. « Ich ließ meine Gabel klirrend auf das Tablett fallen und kramte in meiner Tasche. Ich zog seinen Stundenplan hervor und knallte ihn vor ihn hin. » Gib einfach einer von denen den Stundenplan, okay? «
    » Nein. « Er schob den Zettel zurück, ohne einen Blick darauf zu werfen. » Du bist mit dieser Aufgabe betraut worden… «
    » Eher bestraft, würde ich sagen « , murmelte ich.
    » Egal. « Er schob den letzten Bissen auf seine Gabel und kaute nachdenklich. » Ich bin dein Problem. «
    » Volltreffer. « Ich stand auf, um mein Tablett zurückzubringen.
    Pietr folgte mir wie ein Schatten. Ich kippte das Tablett lautstark in den Müll, um zu demonstrieren, wie verärgert ich war. Dann zog ich es wieder raus und knallte es auf einen Stapel mit schmutzigen Tabletts.
    Pietr folgte mir auf den Fuß, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.
    » Was? « , fragte ich und blieb vor unserem Tisch stehen. » Hast du Angst, dass ich dich irgendwo stehen lasse? « Ich nahm meinen Rucksack. Ein Stift fiel heraus und schlitterte über den Tisch.
    » Nein, hab ich nicht. « Er beugte sich vor, um den Stift aufzuheben. Dabei streifte er mich. Ich erschauerte, als wäre ein Blitz durch meinen Körper gefahren.
    Er richtete sich auf und reichte mir den Stift. Ich hätte schwören können, dass er dabei an meinen Haaren schnupperte . Total unangebracht. » Ich würde dich trotzdem finden. «
    » Und wie stellst du dir das vor? Ich kenne die Schule viel besser als du. «
    Er sah unumwunden auf meine Haare, bis ich anfing, daran herumzuzupfen. » Ich würde dich finden. « Seine Selbstsicherheit machte mich nur noch wütender.
    » Schön « , fuhr ich ihn an, schnappte mir den Stift und schaute zur Uhr an der Wand. » Wollen wir doch mal sehen. Die nächste Stunde bin ich in derselben Klasse wie du. « Ich faltete den Stundenplan zusammen und steckte ihn in meine Tasche. » Wir sehen uns dort. «
    Er sah mich aus halb zusammengekniffenen Augen an, aber bevor er etwas erwidern konnte, ging die Schulglocke los und vierhundert Schüler sprangen von den herumstehenden Tischen auf und strebten auf die drei Ausgänge zu. Ich ließ mich von der Menge mitreißen, rannte in gebückter Haltung durch die Flure und hastete, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, ins nächste Stockwerk.
    Auf halber Treppe blieb ich stehen, sicher, ihn abgehängt zu haben. Aber plötzlich stand er am Fuß der Treppe. Ich wich vom Geländer zurück und sah nach unten. Es war komisch, ihn zu beobachten. Er wiegte seinen Kopf von einer Seite zur anderen, als wollte er eine unsichtbare Fährte aufnehmen.
    Ich dachte daran, wie er an meinen Haaren geschnuppert hatte. Ich roch flüchtig daran. Hm. Super-Antistress-Minz-Shampoo. Ja. Auch wenn es mir keinen Seelenfrieden verschaffte. Vielleicht sollte ich auch noch die Spülung probieren.
    Pietr ging die Treppe hinauf und ich warf mich in die brodelnde Menge und lief vor dem Typen davon, den ich hätte herumführen sollen.

4
    I ch hastete ins Klassenzimmer und kam schlitternd an meinem Platz zum Stehen. Mr Miles sah mich neugierig an. Ich lachte in mich hinein. Ich hatte lange, verschlungene Wege eingeschlagen, bis ich in das richtige Geschichtsklassenzimmer gekommen war. Ich holte meinen Spiralblock heraus und kramte nach einem Bleistift. Ich hatte die Stifte nach der Mathestunde doch aufgeräumt? Ja, und beim Mittagessen einen fallen lassen. Ich nahm mir vor, das nächste Mal den Reißverschluss der Tasche richtig zuzuziehen. Na ja, jedenfalls war ich erfolgreich gewesen! Das würde Pietr

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