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Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars

Titel: Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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ihr das Land abzukaufen, wenn sie darauf bestehe. Das würde einige Zeit dauern - acht Jahre, vielleicht zehn -, aber ich würde ihr jeden Cent zahlen.
    »Kleine Einnahmen sind schlechter als gar keine«, antwortete sie (mit einem weiteren Schnauben und Kopfhochwerfen). »Das weiß jede Frau. Die Farrington Company zahlt alles auf einmal, und denen ihre Vorstellung von einem guten Preis ist bestimmt großzügiger als deine. Und in Lincoln will ich auf gar keinen Fall leben. Das ist keine
Stadt, sondern bloß ein Kuhdorf mit mehr Kirchen als Häusern.«
    Begreifen Sie meine Situation? Verstehen Sie nicht, in welche »Klemme« sie mich gebracht hat? Darf ich nicht wenigstens auf etwas Sympathie von Ihrer Seite hoffen? Nein? Dann hören Sie sich Folgendes an.
    Anfang April jenes Jahres - meines Wissens auf den Tag genau vor acht Jahren - kam sie ganz fröhlich und heiter zu mir. Sie hatte den größten Teil des Tages im »Schönheitssalon« in McCook verbracht, und ihr Haar hing auf beiden Seiten ihres Gesichts in dicken Locken herab, die mich an die Klopapierrollen erinnerten, die man in Hotels und Gaststätten findet. Sie sagte, sie habe eine Idee. Wir sollten nicht nur die 40 Hektar, sondern tatsächlich auch die Farm an die Farrington Company verkaufen. Ihrer Überzeugung nach würde die beides kaufen, nur um das Stück Land ihres Vaters zu bekommen, das in der Nähe der Bahnlinie lag (und damit hatte sie wahrscheinlich recht).
    »Dann«, sagte dieses freche Weibsbild, »können wir uns das Geld teilen, uns scheiden lassen und jeder für sich ein neues Leben beginnen. Dass du das willst, wissen wir beide.« Als ob das nicht auch ihr Wunsch gewesen wäre.
    »Mhm«, sagte ich (als dächte ich ernsthaft über diese Idee nach). »Und bei wem von uns bleibt der Junge?«
    »Natürlich bei mir«, sagte sie mit großen Augen. »Ein vierzehnjähriger Junge gehört zu seiner Mutter.«
    Gleich am selben Tag fing ich an, Henry zu »bearbeiten«, indem ich ihm den neuesten Plan seiner Mutter schilderte. Wir waren gerade im Heuschober. Ich setzte mein traurigstes Gesicht auf, sprach mit meiner traurigsten Stimme und malte ihm aus, wie sein Leben aussehen würde, wenn seine Mutter diesen Plan verwirklichten dürfte: wie er weder Farm noch Vater haben würde, wie er sich ohne seine Freunde (die meisten aus früher Kindheit) in einer viel
größeren Schule wiederfinden würde, wie er in dieser neuen Schule unter Fremden, die ihn auslachen und einen Bauernlümmel nennen würden, um seinen Platz würde kämpfen müssen. Andererseits, sagte ich, wenn wir das Anwesen nicht nur behalten, sondern vergrößern könnten, sei es meiner Überzeugung nach möglich, unsere Hypothek bei der Bank bis 1925 zu tilgen und glücklich und schuldenfrei zu leben und frische Luft zu atmen, statt von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang zu sehen, wie Schweinedärme unseren zuvor sauberen Bach hinuntertrieben. »Was willst du also?«, fragte ich, nachdem ich dieses Bild so detailreich ausgemalt hatte, wie ich nur konnte.
    »Hier bei dir bleiben, Papa«, sagte er. Die Tränen liefen ihm nur so übers Gesicht. »Warum muss sie so ein … so ein …«
    »Nur weiter«, sagte ich. »Wer die Wahrheit sagt, flucht nicht, mein Sohn.«
    »So ein Miststück sein?«
    »Weil die meisten Frauen so sind«, sagte ich. »Das ist ein tief sitzender Wesenszug von denen. Fragt sich nur, was wir dagegen tun wollen.«
    Aber der Hinterhältige in mir hatte bereits an den alten Brunnen hinter dem Kuhstall gedacht, aus dem wir nur das Wasser fürs Vieh holten, weil er so seicht und schlammig war - bloß 7 Meter tief und kaum mehr als ein Siel. Es ging nur darum, Henry so weit zu bringen. Und ich musste es tun, das sehen Sie bestimmt ein; ich durfte zwar meine Frau umbringen, aber ich musste meinen wundervollen Sohn retten. Wozu nach 70 Hektar Land - oder tausend - streben, wenn man niemanden hat, mit dem man sie teilen, dem man sie vererben kann?
    Ich gab vor, über Arlettes verrückten Plan nachzudenken, auf gutem Maisland ein Riesenschlachthaus für Schweine bauen zu lassen. Ich bat sie, mir Zeit zu geben, mich an
diese Vorstellung zu gewöhnen. Sie war einverstanden. Und in den folgenden 2 Monaten bearbeitete ich Henry, gewöhnte ihn an eine ganz andere Vorstellung. Das war sogar leichter als gedacht; er hatte zwar das gute Aussehen seiner Mutter (das Aussehen einer Frau ist sozusagen der Honig, der Männer zum Bienenstock lockt, wo’s dann Stiche setzt), aber nicht ihre

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