Zwischen Sehnsucht und Verlangen
haben, Antiquitäten zu kaufen.”
„Es ist wirklich ein harter Winter.” Cassie, die gegangen war, um sich eine Tasse zu holen, kam an den Tisch zurück und schenkte sich Kaffee ein. „Jetzt haben wir noch nicht mal den Januar hinter uns, und die Kids haben schon gar keine Lust mehr, Schneemänner zu bauen und Schlitten zu fahren.” Sie seufzte und achtete sorgfältig darauf, nicht vor Schmerz zusammenzuzucken, als sie sich setzte. Sie war zwar erst siebenundzwanzig – ein Jahr jünger als Regan –, aber im Moment fühlte sie sich alt.
Nach drei Jahren Freundschaft konnte Regan Cassies Seufzer sehr gut einordnen. „Die Dinge stehen nicht zum Besten, stimmt’s?”, fragte sie leise und legte ihre Hand auf die von Cassie. „Hat er dich wieder geschlagen?”
„Nein, nein. Mir geht’s gut”, beeilte sich Cassie zu versichern und starrte in ihre Kaffeetasse. Sie fühlte sich von Scham, Angst und Schuld wie zerfressen, Gefühle, die mehr schmerzten als jeder Schlag, den ihr Joe je versetzt hatte. „Ich habe keine Lust, über Joe zu reden.”
„Hast du dir die Sachen über Gewalt gegen Frauen und das Frauenhaus in Hagerstown durchgelesen, die ich dir mitgebracht habe?”
„Ja … ich hab mal reingeschaut. Regan, ich habe zwei Kinder, verstehst du? Ich muss zuerst an sie denken.”
„Aber …”
„Bitte.” Cassie hob den Blick und sah Regan flehentlich an. „Ich will einfach nicht darüber sprechen.”
„Na gut.” Regan musste sich bemühen, sich ihre Ungeduld nicht anmerken zu lassen. Sie drückte Cassies Hand. „Also los, erzähl mir was über diesen legendären MacKade.”
„Rafe.” Cassies Gesicht hellte sich auf. „Ich hatte immer eine Schwäche für ihn. Eigentlich für alle MacKades. Es gab nicht ein Mädchen in der ganzen Stadt, das nicht wenigstens einmal von einem der MacKades geträumt hätte.”
„Ich mag Devin.” Regan nippte an ihrem Kaffee. „Er erscheint mir solide, manchmal vielleicht ein bisschen geheimnisvoll, aber absolut zuverlässig.”
„Ja, auf Devin kann man sich verlassen”, stimmte Cassie zu. „Hätte doch keiner gedacht, dass er jemals ein so guter Sheriff werden würde. Er ist immer gerecht. Jared hat eine gut gehende Anwaltspraxis in Hagerstown.
Auch Shane ist absolut in Ordnung – na ja, er hat vielleicht seine Ecken und Kanten, doch er arbeitet auf seiner Farm mindestens für zwei. Als die MacKades noch jünger waren, mussten die Mütter ihre Töchter förmlich einsperren, wenn die Jungs von der Ranch runter in die Stadt kamen.”
„Sind alle gute Bürger geworden, hm?”
„Ja. Früher hatten sie immer eine Riesenwut im Bauch. Bei Rafe war es am schlimmsten. In der Nacht, als er die Stadt verließ, hat er sich mit Joe geprügelt. Er hat ihm das Nasenbein gebrochen und zwei Zähne ausgeschlagen.”
„Tatsächlich?” Regan beschloss, Rafe genau dafür zu mögen, wie auch immer er sonst sein mochte.
„Ihr Vater starb, als sie noch Kinder waren”, erzählte Cassie weiter. „Ich muss damals so etwa zehn gewesen sein. Rafe verließ kurz nach dem Tod ihrer Mutter die Stadt. Sie war zuvor ein Jahr lang krank gewesen, der Grund dafür, dass die Dinge auf der Farm nicht zum Besten standen. Die Leute hier waren fast alle fest davon überzeugt, dass die MacKades verkaufen müssten, aber sie hielten durch.”
„Zumindest drei von ihnen.”
„Mmm…” Cassie genoss ihren Kaffee. Sie hatte so selten Zeit, sich einmal hinzusetzen. „Sie waren ja alle noch nicht richtig erwachsen.
Jared muss damals dreiundzwanzig gewesen sein, und Rafe zehn Monate jünger. Devin ist vier Jahre älter als ich, und Shane ist der Jüngste.”
„Das klingt so, als sei Mrs. MacKade eine fleißige Frau gewesen.”
„Sie war großartig. Stark. Sie hielt alles zusammen, egal wie schlimm und verfahren die Situation auch war. Ich habe sie immer bewundert.”
„Nicht in jedem Fall ist es gut, durchzuhalten bis zum bitteren Ende”, murmelte Regan und dachte dabei an Cassie. Sie schüttelte den Kopf.
Nein, sie hatte sich vorgenommen, Cassie nicht zu drängen. Die Dinge brauchten ihre Zeit. „Warum, glaubst du, ist er zurückgekommen?”
„Keine Ahnung. Ich habe gehört, dass er in den vergangenen Jahren eine Menge Geld mit Haus- und Grundstücksverkäufen verdient haben soll.
Er hat wohl jetzt eine Immobilienfirma. MacKade hat er sie genannt. Einfach nur MacKade. Meine Mutter war immer der Meinung, dass er eines Tages im Gefängnis landen würde, aber …” Sie
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