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Zwischen sieben und zwölf Uhr

Titel: Zwischen sieben und zwölf Uhr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Katherine Green
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Hoheit erhob, die zu ihrer bedeutenden Gestalt und ihrer auffallenden, wenngleich reifen Schönheit trefflich stimmten, und langsamen Schrittes, voll Ruhe und sicherer Bestimmtheit, uns entgegentrat. Mochten ihre Empfindungen sein, welche sie immer wollten, so waren sie jedenfalls frei von der Heftigkeit und Schärfe, welche die ihres Gatten kennzeichneten. Aber warensie weniger stark? Auf den ersten Blick kam es mir nicht so vor, beim zweiten war ich im Zweifel. Frau Winchester war mir bereits ein Rätsel.

    Millicent – so redete ihr Gatte sie an – erlaube mir, dir hier einen jungen Mann von der Geheimpolizei vorzustellen. Sollen die Diamanten wieder zur Stelle geschafft werden, bevor die Woche um ist, so ist er der Mann dazu. Ich bitte dich, tue, was du kannst, um ihm die Orientierung über den Vorfall zu erleichtern. Er wünscht vielleicht mit den Dienstmädchen und mit – hier schweifte sein Blick zu dem jungen Mädchen hinüber, das, wie mir vorkam, unter seiner prüfenden Schärfe erbleichte – Philippa zu sprechen.
    Philippa weiß nichts, schien der gleichgültige Seitenblick der Dame zu sagen; ihre Lippen bewegten sich jedoch nicht, auch sprach sie kein Wort, ehe er das Zimmer verlassen und die Türe hinter sich geschlossen hatte. Nun wandte sie sich mir zu und richtete auf mich zuerst einen gleichgültigen und dann einen aufmerksamen, forschenden Blick.
    Man hat Ihnen gesagt, wie ich um meine Diamanten gekommen bin, bemerkte sie endlich.
    Man erzählte auf dem Bureau, es sei jemand durch ein Fenster im zweiten Stock eingestiegen, solange Sie bei Tische waren.
    Nicht bei Tische, verbesserte sie in wichtigem Tone. Ich lasse meine Schmuckschatulle nicht offen dastehen, wenn ich zu Tische nach unten gehe. Ich war dort im Empfangszimmer – Herr Winchester hatte mir sagen lassen, er wünsche mich auf einen Augenblick zu sehen – und da ich im Begriffe war, zu einer Abendgesellschaft zu gehen, so lagen meine Diamanten in ihrem Etui auf dem Kaminsims. Als ich zurückkam, stand das Etui wohl noch da, aber es waren keine Steine mehr darin, Sie waren während meiner Abwesenheit entwendet worden.
    Ich blickte nach dem Kaminrand. Dort stand der offene Schmuckbehälter. Was brachte Sie auf den Gedanken, daß ein gewerbsmäßiger Dieb die Steine gestohlen habe? fragte ich, während mein Blick auf die Angeredete gerichtet war, meine Ohren dagegen das rasche, unwillkürliche Einziehen des Atems auffingen, welches das junge Mädchen bei dem letzten Satze ihrer Herrin hören ließ.
    Das Fenster war offen; als ich wegging, war es geschlossen gewesen; und auf dem Pflaster unten vernahm man das Geräusch rasch sich entfernender Schritte. Ich hatte gerade noch Zeit, die Gestalten zweier Männer zu unterscheiden, die die Straße hinuntereilten. Sie wissen, daß in letzter Zeiteine Reihe von Diebstählen dieser Art vorgekommen ist.
    Ich verbeugte mich, denn ihr herrisches Wesen schien dies schlechterdings zu fordern. Dann blickte ich auf Philippa. Sie stand mit halb abgewandtem Gesicht da und machte sich mit irgend etwas auf dem Tische zu schaffen; allein ihre anscheinende Gleichgültigkeit war erzwungen, und ihre Hand zitterte dergestalt, daß sie den Gegenstand, mit dem sie spielte, schnell fallen ließ und sich so drehte, daß sie ihn sowohl wie ihr Gesicht meinem Blick entzog.
    Ich merkte mir dies und wandte meine Aufmerksamkeit wieder Frau Winchester zu.
    Um welche Zeit war das? forschte ich.
    Um sieben Uhr.
    Spät für einen Diebstahl dieser Art.
    Eine plötzliche tiefe Röte flammte auf der Wange der Dame auf.
    Er war aber trotzdem von Erfolg begleitet, bemerkte sie.
    Ohne mich um ihren Aerger zu kümmern, der seinen Grund in ihrem Hochmut und in der Empörung über meine kritisierende Bemerkung haben mochte, setzte ich meine Nachforschungen fort.
    Und wie lange denken Sie, daß Sie unten geblieben sind, gnädige Frau?
    So ungefähr fünf Minuten; sicherlich keine zehn.
    Und das Fenster war geschlossen, als Sie das Zimmer verließen, und offen, als Sie zurückkamen?
    Wie ich Ihnen sagte.
    Ich blickte nach den Fenstern, Sie waren jetzt beide geschlossen und die Läden hinaufgezogen.
    Darf ich bitten, mir zu zeigen, welches Fenster es war und wie weit es offenstand? fragte ich.
    Es war das Fenster über dem Hauseingang und stand halb offen.
    Ich trat sofort zu diesem Fenster.
    Und der Laden? fragte ich, mich umwendend.
    War – war herunter.
    Sind Sie dessen ganz sicher, gnädige Frau?
    Vollkommen. An dem Geräusch, das

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