Zwischenstation Gegenwart (German Edition)
für einen kurzen Augenblick ein Bild vor meinen Augen auf. Ich sah, wie Phil, wieder in Pumphosen und Wams gekleidet, einen gut aussehenden, fremden Mann am Arm griff und ihm ebenfalls zu drohen schien. Aber genauso schnell, wie das Bild gekommen war, war diese Szene wieder verschwunden und ich schüttelte nur den Kopf. Wurde das langsam zur Gewohnheit, dass ich solche merkwürdigen Visionen hatte?
»Phil, lass es gut sein. Er ist es nicht wert, dass du dir Ärger einhandelst«, bat ich ihn sanft, stand auf und legte ihm meine Hand auf den Arm. Das brachte i hn zur Vernunft und er ließ Sven los, sah ihn aber weiterhin mit blitzenden Augen an.
»Und du solltest uns jetzt besser alleine lassen. Ich denke , zwischen uns ist alles gesagt«, wandte ich mich an Sven. Er schien einzusehen, dass er, egal was er machte, den Kürzeren ziehen würde, nahm die Hand seiner Freundin und verschwand mit ihr in Richtung Ausgang. Ich hörte noch, wie sie protestierte, dass sie doch unbedingt im Restaurant zu Abend essen wollte. Svens Antwort bekam ich nicht mehr mit, die beiden hatten das Lokal bereits verlassen. Mir war nach diesem Zwischenfall ebenfalls der Appetit vergangen, aber just in diesem Augenblick erschien die Kellnerin und brachte unser Essen. Schweigend nahmen wir Platz und eine peinliche Stille breitete sich zwischen uns aus.
So hatte ich mir mein erstes Date mit Phil ganz gewiss nicht vorgestellt. Er war jähzornig, aufbrausend und anscheinend mit einem kleinen Hang zur Gewalttätigkeit ausgestattet. Seine Art passte so gar nicht zu seinem Namen, der ›der Freundliche‹ bedeutete, wie ich vor ein paar Tagen beim Googeln herausgefunden hatte. Gut, er hatte meine Ehre verteidigen wollen, aber dennoch fand ich diese Charakterzüge nicht besonders charmant an ihm. Hatte er diese auch schon vor meinem Unfall gezeigt und sie hatten mir nichts ausgemacht? Machos waren bisher gar nicht mein Typ Mann gewesen, ich stand eher auf den Typ Frauenversteher.
»Musste das eben sein?«, fragte ich Phil, als wir die ersten Bissen unserer Pies zu uns genommen hatten.
»Ich kann es nicht leiden, wenn ein Mann eine Frau beleidigt , und wenn du diejenige bist, die man angreift, kann ich das am allerwenigsten leiden. Abgesehen davon hätte ich ihm garantiert nichts angetan, ich vergreife mich doch nicht an Schwächeren«, verteidigte er sich vehement.
»Du wärst nicht mit ihm vor die Tür gegangen?« Seine Haltung hatte etwas völlig anderes suggeriert.
»Bin ich des Wahnsinns? Ich neige selten dazu, mich mit anderen zu prügeln. Aber ich weiß, dass meine Größe oft ausreicht, um Kerle wie ihn zum Schweigen zu bringen. Ein bisschen böse schauen und drohen reicht in den meisten Fällen aus, damit Männer wie er wie feige Hunde ihren Schwanz einziehen und sich verziehen.« Das sollte alles nur eine Show gewesen sein? Ich musste zugeben, dass er es sehr überzeugend rübergebracht hatte.
»Dann bin ich beruhigt, ich dachte schon, dass ich dich in der nächsten Polizeiwache abholen müsste, weil man dich wegen Körperverletzung eingesperrt hat!«, neckte ich ihn.
»Wärst du gekommen und hättest mich rausgeholt?« Ernst sah er mich an, unsere Blicke trafen sich und hielten aneinander fest. Warum war mir bisher noch nie aufgefallen, dass sich die Farbe seiner Augen ändern konnte? Waren sie ansonsten immer hellblau, wirkten sie nun dunkel wie das Meer an einem trüben Tag. Die Geräusche des Restaurants traten in den Hintergrund und es gab in diesem Moment nur ihn und mich. Gefangen im Blick des anderen. Schnell blinzelte ich, um den Bann zu brechen, und sah woanders hin. Die Intensität, mit der er mich angesehen hatte und mir damit bis auf den Grund meiner Seele geschaut hatte, ließ es mir eiskalt über den Rücken laufen. Ging er mit all seinen Frauen so um? War das das Geheimnis seines Erfolgs? Ein tiefer Blick und sie lagen ihm reihenweise zu Füßen?
»Ich glaube schon. Frag mich bitte nicht wieso, aber ja, ich glaube , ich würde dich abholen!«, antwortete ich nach einer gefühlten Ewigkeit. Und tief in mir drinnen wusste ich, dass ich vermutlich noch eine ganze Menge mehr für ihn tun würde, auch wenn es keine rationale Erklärung dafür gab. Er griff über den Tisch, nahm meine Hand in seine und hielt sie fest. Ein angenehmes Gefühl, wie ich mir widerwillig eingestehen musste.
»Gut zu wissen, vielleicht muss ich irgendwann mal darauf zurückkommen!«, lächelte er mich liebevoll an.
»Also bist du doch nicht
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