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Zwölf im Netz

Zwölf im Netz

Titel: Zwölf im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Seipolt
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so begeistert von ihm.«
    »Er selber hat uns fortgeschickt. Warum ausgerechnet uns beide? Wir können uns das jetzt noch nicht erklären. Wir hatten gemeint, er habe uns gerne bei sich. An Zulauf fehlt es dem Täufer zwar nie, aber du weißt ja, von diesen Zuläufern laufen viele sehr bald wieder weg, wenn er seine harten Forderungen an sie richtet. Die eleganten Herrensöhnchen aus der Stadt treibt nur die Neugier zum Jordan,- auf die kann er sich nicht verlassen. Eher auf uns. Wir hätten ihn notfalls auch mit den Fäusten verteidigt. Und trotzdem schickte er uns weg — zu dem großen Unbekannten.« Johannes sprach jetzt vollkommen ruhig, alle Verbitterung war aus seinen Zügen gewichen. »So ganz unbekannt war er uns eigentlich gar nicht«, fuhr er fort, »wir hatten ihn schon gesehen, mehrere Tage zuvor, als er mit vielen anderen an den Jordan kam, um sich von Johannes taufen zu lassen. Damals passierte übrigens etwas recht Merkwürdiges. Gerade als er ins Wasser gestiegen war und Johannes ihn eintauchen wollte, ertönte ein gewaltiger Donnerschlag. Vor Angst rannten wir alle das Ufer hinauf, nur Johannes und der Unbekannte nicht. Wir hielten das damals alles für Zufall, inzwischen erkennen wir ein göttliches Zeichen darin.«
    »Das erscheint mir als recht voreilige Deutung«, meinte Simon, »ein Donner als ein göttliches Zeichen. Daran glauben die Römer, nicht wir.«
    »Hör weiter zu! Als jetzt, Tage später, genau gesagt gestern nachmittag, der Fremde wieder am Ufer stand, tat Johannes etwas, was uns völlig überraschte. Er zeigte mit der rechten Hand auf ihn und sagte, mit einem seltsamen Beben in der Stimme: »Seht hin, das Lamm Gottes!< Simon, du kennst dich in den heiligen Schriften besser aus als ich und weißt wahrscheinlich, was dieser Ausdruck bedeutet. Aber wir wußten es nicht. Doch das geheimnisvolle Wort genügte, daß wir Johannes verließen, die Böschung hinaufrannten und dem Unbekannten folgten. Ich glaube jetzt, es war nicht so sehr das Lamm Gottes«, sondern vor allem das Beben in der Stimme des Johannes, das uns zum Fortgehen veranlaßte.
    Der Fremde schlug weder den Weg nach Süden noch die
    Straße zum See ein, sondern ging in die Wüste, und zwar auffallend rasch, als wollte er sich von keinem einholen lassen. Doch plötzlich muß er gespürt haben, daß wir ihm folgten — in respektvollem Abstand natürlich. So etwas spürt man ja meistens. Also blieb er stehen und drehte sich um.«
    »Wie sieht er denn aus?«
    »In der Menge würdest du ihn kaum bemerken, mittelgroß, schlank, ein sonnengebräuntes Gesicht und Hände, die harte Arbeit gewöhnt sind. Bemerkenswert sind nur seine Augen. Du kennst die Redensart vom durchdringenden Blick. Wenn einer ihn hat, dann er. Aber das empfindet man in keiner Weise als unangenehm oder peinlich, als würden einem alle schützenden Hüllen von der Seele gestreift. Im Gegenteil, du wünschst, daß dieser Blick niemals mehr loslassen möge.«
    Die Erinnerung an diesen Blick erfüllte Johannes so sehr, daß er Simon zu vergessen schien, bis dieser ihn drängte, weiterzuerzählen.
    »Er wandte sich also um und fragte uns: >Was sucht ihr?« Wir waren verlegen. Was sollten wir sagen? Etwa daß uns der Täufer geschickt hat? Oder daß wir sehen möchten, wie ein Lamm Gottes aussieht? Oder daß wir zufällig den gleichen Weg hätten und es besser sei, durch die Wüste nicht allein zu wandern? Andreas, dem ja sonst immer was einfällt, stieß mich mit dem Ellbogen an: »Sag du was!-, und so stotterte ich aufgeregt meine Frage hervor: »Meister, wo wohnst du?« Eine sehr intelligente Antwort war das nicht, eher eine unhöfliche Gegenfrage. Gott sei Dank nahm er sie nicht übel; anscheinend hatte er nichts Klügeres von uns erwartet. Er sagte ruhig: »Kommt und seht!« Es war um die zehnte Stunde. Ich werde diese zehnte Stunde nie vergessen.
    Keiner von uns sagte etwas, als wir durch die Sanddünen wanderten, bis wir an die Felsen kamen, die das Jordantal begrenzen. Wie du weißt, finden sich dort unzählige Höhlen. In einer hatte er sein Lager aufgeschlagen. Lager klingt zu großartig. Es waren zwei oder drei Decken am Boden und eine kleine Feuerstelle. Er forderte uns auf, Platz zu nehmen, reichte uns einen Becher mit Wein, brach für jeden ein Stück vom Brotfladen ab, sprach ein kurzes Segenswort und erkundigte sich dann nach unserem Woher und Wohin.
    Es freute ihn, daß wir Landsleute sind; er stammt aus Nazareth. Und daß wir Fischer sind, freute

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