Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition)
sofort seine Hilfe an und nahm sich der Dinge mit größtem Ernst und Eifer an. Er und einige andere seines Bildungsstands betrachteten solch eine Entführung als Gräuel. Das Recht seiner Klienten und Mitbewohner der Pfarrei auf den Besitz von Sklaven, das ihnen einen Großteil ihres Wohlstands garantierte, hing vom guten Glauben ab, in dem Sklaven gehandelt werden. Außerdem war Waddill ein Mann, in dessen ehrenwertem Herz solche Ungerechtigkeiten Gefühle der Empörung aufkommen ließen.
Obwohl Marksville an einer prominenten Stelle und in beeindruckender Kursivschrift auf der Karte Louisianas vermerkt ist, kann man es trotzdem nicht mehr als einen kleinen und unbedeutenden Weiler nennen. Abgesehen vom Gasthaus, das ein lustiger und großzügiger Geselle betrieb, dem Gericht, das in der Urlaubszeit von gesetzlosen Schweinen und Kühen bewohnt wurde und den hohen Galgen, von denen abgetrennte Seile baumelten, gab es nicht viel, das den Ort anziehend für Touristen gemacht hätte.
Solomon Northup war ein Name, den Mister Waddill noch nie gehört hatte; aber er war sich sicher, dass sein schwarzer Junge Tom ihn kennen würde, sollte es hier oder in der Umgebung einen Sklaven dieses Namens geben. Tom wurde gerufen, aber in seinem gesamten Bekanntenkreis fand sich keine Person, die auf Solomon Northup gehört hätte.
Der Brief an Parker und Perry war am Bayou Boeuf datiert worden. Dies führte zu dem Beschluss, dass man dort suchen müsse. Aber nun stellte sich eine ganz entscheidende Schwierigkeit. Der naheste Punkt des Bayou Boeuf war hier dreiundzwanzig Meilen entfernt und das Gebiet, das man so bezeichnete, erstreckte sich zwischen fünfzig und hundert Meilen entlang beider Seiten des Stroms. Abertausende von Sklaven lebten an den Ufern, denn der bemerkenswerte Reichtum und die Fruchtbarkeit des Bodens hatten eine große Anzahl Pflanzer hierher geführt. Die Informationen im Brief waren so vage und nichtssagend, dass es schwierig war festzulegen, wo man anfangen könnte zu suchen. Es wurde schließlich entschieden – da dies der einzig erfolgversprechende Plan war -, dass Northup und ein Bruder Waddills, der in dessen Büro arbeitete, das Bayou auf ganzer Länge und Seite für Seite abreiten und an jeder Plantage nach mir fragen sollten. Mister Waddill bot die Dienste seiner Kutsche an und es wurde endgültig verabredet, die Reise früh am nächsten Montagmorgen zu beginnen.
Man kann sofort erkennen, dass dieser Plan aller Wahrscheinlichkeit nach schief gegangen wäre. Sie hätten unmöglich alle Felder besuchen und die Sklaven bei der Arbeit besichtigen können. Sie wussten ebenfalls nicht, dass ich nunmehr als Platt bekannt war; und selbst wenn sie direkt bei Epps persönlich vorstellig geworden wären hätte dieser wahrheitsgemäß versichert, dass er keinen Solomon Northup kannte.
Aber der Plan war beschlossen und es war nichts mehr zu tun, als zu warten, bis der Sonntag gekommen war. Im Verlauf des Tages wandte sich die Unterhaltung zwischen den Herren Northup und Waddill der Politik in New York zu.
"Ich kann die kleinen Unterschiede und Schattierungen der politischen Parteien in Ihrem Staat kaum begreifen", bemerkte Mister Waddill. "Ich lese von Softlinern und Hardlinern, Wuschelköpfen und Grauhaarigen und verstehe den genauen Unterschied zwischen all diesen Bezeichnungen nicht. Bitte, worum geht es da?"
Mister Northup füllte seine Pfeife nach, begann einen sehr ausführlichen Monolog über die Herkunft der Bezeichnungen verschiedenster Parteigruppen und beendete seinen Vortrag mit der Bemerkung, dass es nun eine weitere Partei gäbe, nämlich die Abolitionisten (Gegner der Sklaverei, Anmerkung des Übersetzers) . "Ich nehme an, dass Sie in diesem Teil des Landes noch keine gesehen haben?", fragte Mister Northup.
"Außer einem", antwortete Waddill lachend. "Wir haben einen hier in Marksville, einen echten Exzentriker, der den Abolitionismus genauso heftig vertritt wie die Fanatiker im Norden. Er ist ein großherziger, gutartiger Mann, aber immer auf der falschen Seite der Debatte. Ihm zuzuhören ist immer sehr amüsant. Außerdem ist er ein exzellenter Handwerker und unersetzlich für die Gemeinde. Sein Name ist Bass und er ist Zimmermann von Beruf."
Es folgte eine weitere lustige Diskussion über Bass' Eigenarten als Waddill plötzlich nachdenklich wurde und nochmals um den mysteriösen Brief bat.
"Schauen wir mal – s-c-h-a-u-e-n w-i-r m-a-l-!",
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