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Zwölfender

Zwölfender

Titel: Zwölfender Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Schröder
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Wänden hingen zwei große Seestücke und ein paar Fotos.
    Aki kam mir zur Hilfe, indem er erklärte: »Das sind unsere finnischen Großeltern, rechts die Eltern unseres Vaters, links die unserer Mutter.«
     
    Ich nutzte die Gelegenheit, stand auf und stellte mich direkt vor die Bilder. So konnte ich mich ein wenig bewegen und die Kälte unauffällig abschütteln.
    Als ich mich wieder setzte, bemerkte ich, dass mich die Señora mit leerem Blick fixierte. Es lagen weder Wohlwollen noch Ablehnung in ihrer Art, mich anzusehen.
    »Ich werde das Essen bringen«, sagte sie und erhob sich.
    »Kann ich helfen?«, fragte ich, aber sie reagierte nicht.
     
    Als sie draußen war, erklärte Aki: »Du darfst das nicht falsch verstehen. Wir bekommen so gut wie nie Besuch. Sie ist wohl etwas aus der Übung und weiß nicht, was sie sagen soll. Hier draußen ist man sehr allein.«
    »Fährt sie denn nie in die Stadt?«, fragte ich.
    »Nein. Was sie braucht, schreibt sie uns auf.«
    »Was ist mit Kleidern?«, erkundigte ich mich. »Eure Mutter ist sehr gut angezogen.«
    »Ja, darauf hat sie immer geachtet. Als unser Vater noch lebte, ging sie gern einkaufen. Ihre Schränke sind zum Bersten voll.«
    »Apropos«, hakte ich ein. »Kann mir vielleicht einer von euch einen Pullover leihen?«
    »Selbstverständlich«, sagte Jott. Er verließ den Raum und kehrte wenig später mit einem dunkelblauen Troyer zurück.
    Ich streifte ihn über und spürte, wie das Frösteln nachließ. Die Ärmel waren etwas zu lang, sodass ich sie aufkrempeln musste, aber mir wurde sofort viel wohler. Der Pullover roch nach Meer.
    Zum ersten Mal seit wir hier waren, brachte Jott ein Lächeln auf.
     
    Die Señora kam zurück und trug das Essen auf.
    Es war nicht gewürzt, und auf der Tafel fehlte Salz. Alles schmeckte fad. Dennoch behauptete ich, es sei hervorragend. Nach Akis Erklärungen war ich entschlossen, mit meinem Besuch nicht weiter zu hadern.
    Wenn jemand sprach, so waren es Aki und ich.
    Allmählich gewöhnte ich mich an den Abend.
     
    Nach dem Dessert ging Jott in den Flur und brachte ein Päckchen Zigaretten.
    Während wir drei rauchten, räumte die Señora das Geschirr ab. Dann setzte sie sich wieder zu uns.
    »Schöner Pullover«, sagte sie unvermittelt.
    »Ja, er ist von Jott«, entgegnete ich.
    »Ach, ja … Er kam mir irgendwie bekannt vor«, sagte sie und verstummte wieder.
     
    »Soll ich dich zurück ins Hotel bringen?«, fragte Aki. »Wir haben aber auch ein Gästezimmer. Und wenn du willst, stellen wir dir unsere Schwester vor.«
    »Wenn ich darf«, wandte ich mich an die Señora, »würde ich gern über Nacht bleiben.«
    Sie schaute nur auf den Pullover.
    »Abgemacht«, sagte Aki und stand auf, um eine Flasche finnischen Wodka aus dem Schrank zu holen.
    Aki, Jott und ich tranken aus großen Gläsern.
     
    Dann führten die beiden mich durch den Flur in ein der Küche gegenüberliegendes Zimmer. Sie klopften an eine weitere Tür, warteten kurz und gingen voran.
    In dem Raum: ein weißes Bett. In dem Bett: eine junge Frau.
    An der Stirnseite des Zimmers gab ein Terrassenfenster den Blick auf zwei Palmen und die karge Hügellandschaft frei. Neben dem Bett stand ein Stuhl.
    »Venia«, sagte Aki, während er ihr ein Glas auf den Nachttisch stellte.
    Sie nahm den Blick vom Fenster und sah uns drei freundlich an.
     
    Ihr Gesicht war nicht lieblich, aber klar wie Wasser. Ihre Haut spannte sich papierzart über die hohe Stirn, über Wangenknochen und Kinn. Das blonde Haar war im Nacken zu einem Knoten zusammengebunden.
    Wie sie mich ansah, fiel ich in die weichen Gräser meiner Kindheit.
     
    Jott bot mir den Stuhl an. Ich setzte mich.
    Irgendwann sagte Aki: »Ich gehe jetzt schlafen. Dein Zimmer ist das erste oben rechts.«
    Ich stand auf und bedankte mich.
    Jott lehnte im Türrahmen. Seine Augen waren schwarz. Ich sah mich in ihnen, ängstlich schwimmend, nachts in einem See.
    »Schlaf gut«, sagte er.
    »Schlaf gut«, sagte ich.
     
    Ich blieb die ganze Nacht bei Venia. Zwischendurch nickte ich immer wieder ein.
    Zweimal öffnete ich das Fenster und ließ etwas Luft ins Zimmer. Beide Male wachte sie auf, veränderte kurz ihre Lage und schlief weiter.
    Früh am Morgen brachte mir die Señora einen Kaffee und berührte mich kurz an der Schulter.
    Dann tauchte Aki auf. »Komm doch mal mit.«
    Ich folgte ihm. Wir gingen nach draußen und lehnten uns an den Brunnen.
     
    »Ich will es kurz machen«, erklärte er. »Venia war ein Glückskind. Sie

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