Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären

Titel: Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
Vom Netzwerk:
gegen die Felswand, als er die Stelle erreichte und entdeckte, dass sein Spiel durchkreuzt war. Das Kind hielt sich die Ohren zu und starrte wie gebannt auf die Öffnung, als eine mit scharfen gebogenen Krallen bewehrte Riesenpranke hineinfuhr und immer näher kam. Und es schrie auf vor Schmerz, als die Krallen sich in seinen linken Oberschenkel schlugen und ihn aufrissen in vier tiefen, parallel laufenden roten Furchen.
    Die Kleine wand sich, um der Pranke zu entkommen, da entdeckte sie in der finsteren Wand zu ihrer Linken eine kleine Einbuchtung, zog mühsam ihre Beine hinein, krümmte sich zusammen, so eng sie konnte, und hielt den Atem an. Beutesicher schob sich die Pranke erneut in die schmale Öffnung und verdunkelte die Nische; doch diesmal griff sie ins Leere. Lange Zeit tappte der Höhlenlöwe zornig und enttäuscht vor dem Loch auf und ab und stieß seinen heißen Atem in die Höhle.
    Den ganzen Tag, die ganze Nacht und den größten Teil des darauffolgenden Tages verbrachte das Kind in dieser fürchterlichen Lage. Das Bein schwoll an, die schwärende Wunde schmerzte, und in der rauwandigen Felsspalte war kein Platz, sich umzudrehen oder auszustrecken. Die Sinne verließen die Kleine, die, von Schmerzen und Hunger gequält, grässliche Träume hatte von Erdbeben und scharfen Krallen. Nicht die Wunde, nicht der bohrende Hunger und auch nicht das Brennen auf der Haut drängten sie schließlich aus ihrem Fluchtloch. Es war der Durst.
    Angstvoll spähte das Kind durch die kleine Öffnung. Vereinzelt stehende, vom Wind gekrümmte Weiden und Kiefern beim Fluss warfen lange, frühabendliche Schatten. Lange starrte es auf das grasbewachsene Land und das funkelnde Wasser dahinter und kroch zögernd aus der Höhle. Seine ausgedörrte Zunge fuhr über die rissigen Lippen, die zusammengekniffenen Augen gewöhnten sich allmählich an die ungewohnte Helligkeit. Kein Laut. Nur die Gräser, über die der Wind hinstrich, raschelten leise. Die Löwen waren fort. Besorgt um ihre Jungen und voller Unbehagen ob der Unvertrauten Witterung des befremdlichen Geschöpfs, das ihnen so nahe gekommen war, hatte man sich auf die Suche nach einem neuen Unterschlupf gemacht.
    Das Kind hatte sich aus der Höhle gezwängt und richtete sich auf. In seinem Kopf war ein ständiges Hämmern, und bunte Kringel tanzten wie irr vor seinen Augen. Wellen des Schmerzes überfluteten es bei jedem Schritt, und aus den blutigen Furchen quoll eine ekelhafte, gelblichgrüne schleimige Flüssigkeit und floss das geschwollene Bein hinunter.
    Es war ihm völlig egal, ob der Fluss erreicht würde oder nicht, einzig und allein der Durst trieb das Kind vorwärts, das schließlich auf die Knie fiel und das letzte Stück auf allen vieren zurücklegte, sich dann bäuchlings ausstreckte und in hastigen Zügen das kalte Wasser in sich hineinsog. Als es endlich genug hatte und aufstehen wollte, waberten dunkle Flecken vor seinen Augen, der Kopf schwamm ihm und ringsum wurde es finster. Dann brach das Kind zusammen.
    Ein Aasvogel, der träge am Himmel kreiste, erspähte den reglosen Körper, schoss herab und näherte sich hüpfend.

2
    Mit Bedacht überquerten sie den Fluss gleich unter dem Wasserfall, dort, wo er breiter wurde und schäumend zackige Felsen umspülte, die aus dem seichten Wasser aufragten. Zweimal soviel, wie zwei Hände Finger haben, waren es, Junge und Alte. Vor dem Beben der Erde, das ihre Höhle zerstört hatte, waren sie noch sechs mehr gewesen. Zwei Männer schritten voraus, weit vor einer dichten Gruppe von Frauen und Kindern, auf jeder Seite zwei ältere Männer, hinten kamen jüngere Männer: der letzte Clan in dieser Gegend.
    Sie folgten dem breiten Gewässer, das hier seinen gewundenen Lauf durch das flache Steppenland aufnahm, und beobachteten die gierig kreisenden Aasvögel. Da sich diese noch nicht niedergelassen hatten, musste die Beute, die sie so aufmerksam umflogen, noch am Leben sein. Die Männer an der Spitze liefen hinzu und hofften, ein verwundetes Tier zu fangen.
    Eine Frau, deren Bauch tropfenförmig hervortrat, als wenn sie etwas in ihm trüge, und die, die anderen Frauen anführte, sah, wie vorne die beiden Männer zu Boden blickten, dann aber weitergingen. Also musste dort ein Fleischfresser liegen, denn die Clan-Leute nährten sich nicht oft von fleischfressenden Tieren.
    Die, welche den Frauen und Kindern vorausschritt, war knapp zwei Schritt groß, grobknochig und gedrungen, doch ging sie aufrecht auf ihren kräftigen,

Weitere Kostenlose Bücher