Entfesselt: House of Night 11 (German Edition)
Prolog
Zoey
» W ow, Z , ist das ’n Wahnsinnsrummel. Es wimmelt ja von Menschen – mehr als von Flöhen auf ’nem Hund!« Die Augen mit der Hand beschirmt, spähte Stevie Rae über den Campus, auf dem gerade die Lichter angeschaltet worden waren. Dallas war vielleicht ein mieser Dreckskerl, aber wir mussten alle zugeben, dass die Lichterketten, die er um die Stämme und Zweige der alten Eichen gewunden hatte, das ganze Gelände in magischem, feenhaftem Licht erstrahlen ließen.
»Deine Landei-Vergleiche werden auch immer ekliger«, bemerkte Aphrodite. »Aber im Kern hast du recht. Insbesondere da ein paar Stadtpolitiker gekommen sind. Alles Parasiten.«
»Versuch, nett zu sein«, bat ich. »Oder wenigstens still.«
Stevie Raes staunend runde Augen wurden noch weiter. »Heißt das, dein Daddy, der Bürgermeister, ist auch da?«
»Ich nehme es an. Erst vorhin habe ich einen Blick auf Cruella De Vil alias meine Erzeugerin erhascht.« Aphrodite unterbrach sich, und ihre Augenbrauen schnellten in die Höhe. »Wir sollten ein Auge auf die Street-Cats-Katzen haben. Da waren ein paar süße schwarz-weiße Kätzchen mit besonders kuschligem Fell dabei.«
Stevie Rae sog scharf die Luft ein. »Du liebe Güte, deine Mama würde sich doch nich wirklich ’n Mantel aus Katzenfell machen lassen, oder?«
»Oh, schneller als du ›Bubba sitzt wieda besoffen hinnerm Steuer‹ sagen kannst«, ahmte Aphrodite übertrieben Stevie Raes Okie-Singsang nach.
Ich gab ihr einen Rippenstoß. »Sie veräppelt dich, Stevie Rae. Stell’s richtig, Aphrodite.«
»Na gut. Nein, sie zieht Katzen nicht das Fell über die Ohren. Oder Hundewelpen. Nur Robbenbabys und Demokraten.«
Stevie Rae runzelte die Stirn.
»Du siehst, alles ist gut«, versicherte ich meiner ABF – oh nein, ich würde nicht zulassen, dass Aphrodite uns die gute Laune verdarb. »Außerdem ist Damien bei Street Cats, der passt schon auf, dass keinem Kätzchen ein Schnurrbarthaar gekrümmt wird – und erst recht nicht das ganze Fell. Hey, alles ist mehr als gut! Seht doch mal, was wir in knapp über einer Woche auf die Beine gestellt haben.« Erleichtert über den Erfolg unserer Veranstaltung, seufzte ich tief und ließ den Blick über das gerammelt volle Schulgelände wandern. Stevie Rae, Shaylin, Shaunee, Aphrodite und ich waren für den Keksstand eingeteilt (während Stevie Raes Mom und ein paar ihrer Freundinnen aus der Elternvertretung durch die Menge gingen und Kostproben der Schokokekse anboten, die wir milliardenfach verkauften). Von unserem Standort vor der Nyxstatue hatten wir einen guten Blick auf den gesamten Campus. Vor Grandmas Lavendelstand hatte sich eine lange Schlange gebildet, was mich total freute. Nicht weit davon stand Thanatos’ Jobbörsenpavillon. Nicht wenige Menschen hatten sich dort Formulare genommen und füllten sie aus.
In der Mitte des Schulgeländes standen zwei große weiß-silberne Zelte, die ebenfalls mit Dallas’ funkelnden Lichtern behängt waren. In dem einen führten Stark, Darius und die Söhne des Erebos ihre Waffen vor. Ich beobachtete, wie Stark einem kleinen Jungen zeigte, wie man einen Bogen hält. Starks Blick hob sich und begegnete meinem, und wir lächelten uns still zu, bevor er sich wieder dem Kind zuwandte.
Nicht bei den Kriegern waren Kalona und Aurox. Aus offensichtlichen Gründen hatte Thanatos entschieden, dass die menschliche Bevölkerung von Tulsa noch nicht bereit für sie war.
Ich war ganz mit ihr einverstanden.
Ich war auch noch nicht bereit …
Ich gab mir einen Ruck. Nein, ich würde jetzt nicht anfangen, über die Aurox/Heath-Sache nachzudenken.
Stattdessen wandte ich mein Augenmerk dem zweiten der großen Zelte zu. Dort hatte Lenobia ein scharfes Auge auf die Leute, die sich wie ein summender Bienenschwarm um Mujaji und die riesige Percheronstute Bonnie scharten. Auch Travis war dort. Travis war immer dort, wo Lenobia war, und das machte mich richtig glücklich. Es war so wunderschön, Lenobia verliebt zu sehen. Die Pferdeherrin schien zu leuchten wie ein klarer, silberheller Freudenstrahl, und nach all der Finsternis, die ich in letzter Zeit zu Gesicht bekommen hatte, war das eine unvergleichliche Wohltat.
»Oh, verflucht nochmal, wo hab ich meinen Wein hingestellt? Hat jemand meinen Queenies-Becher gesehen? Wie das Landei mir gerade in Erinnerung rief, schleichen irgendwo da draußen meine Eltern herum, und wenn die mich finden, muss ich gewappnet sein«, schimpfte Aphrodite vor sich hin
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