historischen Kontinuitätsbruch aus traditionalen Klassenbedingungen und Versorgungsbezügen der Familie herausgelöst und verstärkt auf sich selbst und ihr individuelles Arbeitsmarktschicksal mit allen Risiken, Chancen und Widersprüchen verwiesen« (Beck, 1986, S. 115f.).
Aber allein mit dem Stichwort »Modernisierungsschub industrieller Gesellschaften« sind die sozioökonomischen Prozesse der Gegenwart nicht mehr vollständig beschrieben. Mittlerweile leben wir nämlich nicht mehr in der industriellen, sondern in der postindustriellen (nachindustriellen) Gesellschaft (Bell, 1985). Eine der damit verbundenen Veränderungen ist, daß die klassische Industriearbeit weitgehend durch das Erbringen von Dienstleistungen abgelöst wurde. In Deutschland beispielsweise wurden im Jahr 2003 rund 70% der Bruttowertschöpfung im tertiären Sektor geleistet. Das Bild von der Dienstleistungsgesellschaft ist inzwischen allgegenwärtig: Selbst in Kirchen, Krankenhäusern und Universitäten spricht man mittlerweile von Kunden statt von Gläubigen, Patienten oder Studenten.
Hinzu kommen Veränderungen, die mit dem Stichwort der Globalisierung so beschrieben werden: Die »Vereinigung der Pfützen, Teiche, Seen und Meere von dörflichen, provinziellen, regionalen und nationalen Wirtschaften zu einem einzigen globalen Wirtschaftsozean, der die kleinen Bereiche riesigen Wogen wirtschaftlichen Wettbewerbs statt wie früher nur kleinen Wellen und ruhigen Gezeiten aussetzt« (Martin & Schumann, 1998, S. 37). Gemeint ist damit der Prozeß der Schaffung eines globalen Wirtschaftsraums ohne jegliche Hindernisse für Finanz-, Waren- und Arbeitskräfte-transfers (Teusch, 2004).
Ergänzt werden diese makroökonomischen Veränderungen durch eine seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts in Mode gekommene, am shareholder value orientierte Unternehmenspolitik (vgl. Kennedy, 2001, S. 11 ff.). Sie stellt die Interessen der Anteilseigner eines Unternehmens vor die Interessen aller sonstigen Interessengruppen oder stakeholder, wie etwa der Mitarbeiter, des Staates, der Kommunen, Lieferanten und Kunden. Die Idee führte dazu, die materiellen Motive der Führungskräfte eines Unternehmens und die der Aktionäre stärker als je zuvor in Übereinstimmung zu bringen. Optionen für den Kauf von Aktien des von ihnen geführten Unternehmens wurden ebenso zum festen und nach Kräften maximierten Bestandteil der Vergütung von Führungskräften wie ein an die Höhe des Aktienkurses gebundenes Gehalt.
Um einige Beispiele zu nennen: Im Jahr 1994 gewährte die Firma IBM einem neuen Manager, Lou Gerstner, 500.000 Aktienoptionen der Firma im Wert von 10,8 Millionen Dollar zur unmittelbaren Verknüpfung seiner persönlichen Interessen mit denen der Investoren (Kennedy, 2001, S. 120). Der Chef des Softwarekonzerns Oracle erhielt im Jahr 2001 anstelle eines Gehalts nur Aktienoptionen seiner Firma. Als er sie einlöste, wurden daraus 706 Millionen Dollar, die die Firma nichts gekostet und ihr sogar noch Steuervorteile eingebracht hatten. 58% des Salärs aller amerikanischen Firmenchefs erfolgte im Jahr 2002 durch Aktienoptionen ( Süddeutsche Zeitung vom 27./28. 04. 2002, S. 23).
Ein für den einzelnen Manager völlig rationales Verhalten der kurzfristigen Gewinnmaximierung führte in großem Maße zu neuen Unternehmensstrategien: Die Verkleinerung der Produktion zur Reduzierung der Mitarbeiterzahlen, Auslagerung von Stabsstellen und scheinbar nebensächlichen Abteilungen sowie eine Welle von Unternehmensfusionen waren die Folge. »Das Ergebnis dieser Machenschaften waren sensationelle Aktienkurssteigerungen, die Anhäufung eines immer höheren Privatvermögens für die Manager, die diese Maßnahmen begeistert umsetzten, und eine massive Ausweitung der Kluft zwischen Reich und Arm in der Gesellschaft«, schreibt der amerikanische Unternehmensberater Kennedy (2001, S. 68) dazu.
Schließlich hat sich in den letzten Jahren auch eine neue Organisationsform der Arbeit innerhalb von Firmen und anderen Organisationen entwickelt, die man laterale und team-orientierte Organisation nennt. Das ist eine Organisationsform, die aus einem Netz von einzelnen Teams besteht und folgende Merkmale aufweist (vgl. zum Folgenden Winterhoff-Spurk, 2002): Jeder Mitarbeiter gehört einem oder mehreren Teams an. Die Rollen von Gruppenmitgliedern und -führern wechseln von Team zu Team, niemand ist auf Dauer nur Mitglied oder nur Führer. Die Bezahlung erfolgt in Abhängigkeit von den
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