0002 - Die Totenkopf-Insel
Bescheid, Howard!«
»Sehr wohl, Sir!«
»An die Ruder!« klang ein Befehl auf. Es gab ein schleifendes Geräusch, als würde der Kiel eines Bootes über den Sand geschoben. Sekundenlang begann die Luft in der Bucht zu flimmern, und Jerry Flint sah die Umrisse von Gestalten, die in vergangene Jahrhunderte gepaßt hätten.
Die Gestalten trugen die Kleidung von Seeräubern und waren mit Morgensternen, Degen und alten Musketen bewaffnet.
Dann war das Bild wieder verschwunden.
Der abgebrühte Jerry Flint fühlte eine Gänsehaut über seinen Rücken rieseln. Er hatte schon viel erlebt, aber das hier ging über seine Vorstellungskraft. Hier unterhielten sich Seefahrer ganz in seiner Nähe, und er konnte sie nicht sehen, obwohl sie Sekunden zuvor fast zum Greifen nahe dagewesen waren. Das gab es nicht.
Jerry zog seine FN-Pistole. Vorsichtig löste er sich aus seiner Deckung. Was wurde hier gespielt?
Mißtrauisch blickte sich der Geheimagent um. Jetzt war wieder alles ruhig. Still und verlassen lag die winzige Bucht. Nur die Wellen plätscherten gegen den kleinen Strand.
Hatte er das vielleicht alles nur geträumt? War er schon reif für einen Psychiater? Jerry Flint kannte diese Symptome der Überreizung. Kollegen von ihm waren an ihrem Job kaputt gegangen. Manche hatten Glück gehabt und bekamen gute Pensionen. Andere waren mit Verfolgungswahn in Heilanstalten eingeliefert worden.
Soweit soll es nicht kommen, nahm sich Jerry Flint vor und ging los.
Er kam genau drei Schritte weit!
Dann war es aus.
»He, wen haben wir denn da?« rief eine Stimme.
»Der gehört nicht zu uns.«
Irgend etwas klirrte. Es hörte sich an, als würden die einzelnen Glieder einer Kette gegeneinander scheppern.
»Ein Zeuge!« Das war wieder die erste Stimme.
»Wir müssen ihn töten!«
Jerry Flint hörte die Worte und versteifte sich. In seinem Magen schien auf einmal ein dicker Kloß zu sitzen. Er packte den Griff der Waffe fester.
»Los, mach ihn fertig!«
Die Stimme war hinter ihm. Jerry Flint kreiselte herum. Und das war genau das Falsche.
Plötzlich spürte er etwas Kaltes an seiner Kehle. Augenblicklich wurde ihm die Luft abgeschnürt. Jerry Flint wurde mit unwiderstehlicher Gewalt nach hinten gerissen. Er fiel nicht. Hände fingen ihn auf. Das Klirren war jetzt dicht vor ihm.
Und auf einmal wußte Jerry Flint, was mit ihm geschah. Man wollte ihn erdrosseln.
Mit einer Kette, die er nicht sah!
Er wehrte sich verzweifelt. Trat und schlug um sich. Dreimal zog der Geheimagent den Stecher seiner Waffe durch. Die Schüsse peitschten auf. Echos rollten über die Insel, doch die Kugeln zischten wirkungslos in die Luft. Sie fanden kein Ziel.
Jerry Flint röchelte.
Immer strammer wurde die Kette gezogen. Längst bekam Jerry keine Luft mehr. Seine Bewegungen wurden schlapper, hörten schließlich ganz auf.
Jerry Flint war ohnmächtig geworden.
Und noch immer ließ der Druck der mörderischen Kette um seinen Hals nicht nach.
Es sah makaber aus, wie Jerry Flint wie ein lebloses Bündel über den steinigen Boden geschleift wurde. Er schien in der Luft zu hängen, denn die Männer, die ihn an Schultern und Füßen trugen, waren nicht zu sehen.
Die Unsichtbaren schleiften ihn auf den Bunker zu. Als sie ihn erreichten, war Jerry Flint schon tot…
***
Es gibt Kantinen, die sollen gutes Essen haben. Die Scotland-Yard-Kantine gehörte nicht dazu. Wenigstens nicht für John Sinclair. Der junge Oberinspektor war zwar nicht gerade verwöhnt, aber wenn er eine Säge zuhilfe nehmen mußte, um den Rinderbraten zu zerteilen, dann paßte er lieber.
Also ließ er das Fleisch stehen und widmete sich den beiden Schalen mit Erdbeerjoghurt. John brauchte zwar nicht auf die schlanke Linie zu achten, legte aber hin und wieder mal einen Obst- oder Joghurttag ein. Diesmal allerdings unfreiwillig.
John hatte am Vormittag Akten studiert. Sein letzter Fall hatte noch einige Arbeit nach sich gezogen. Der Nachtclub der Vampire war zwar geschlossen worden, aber der anschließend zu erledigende Papierkram machte ihm fast mehr Kopfzerbrechen als die Jagd nach den Vampiren. Ein neues Abenteuer lag noch nicht an. John war auch recht froh darüber. Schließlich wollte er in drei Tagen seine Freunde Bill Conolly und Suko vom Londoner Flughafen abholen. Die beiden hatten eine abenteuerliche Reise in das Gebiet des Himalaja hinter sich gebracht, und John brannte darauf zu erfahren, was sie erlebt hatten.
John Sinclair hatte den Spitznamen Geisterjäger. Und
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