0006 - Schach mit dem Dämon
ihnen.
Mit einer Pistole bewaffnet.
Die Mündung klebte an Sheila Conollys Hals. Die linke Hand hatte der Kerl in das lange Haar gekrallt und Sheilas Kopf zurückgezogen. In der Rechten hielt er die Waffe.
Johns Beretta.
Bill Conolly erkannte sie sofort. Freiwillig hätte sich der Geisterjäger nicht davon getrennt. Und daß dieser Hundesohn die Pistole nun besaß, bedeutete für Bill, daß John Sinclair auf der Strecke geblieben war…
»Bleibt ja, wo ihr seid!« schrie Octavio. »Jetzt werde ich das Steuer herumreißen.«
»Wo ist John Sinclair?« rief Bill.
»Erledigt!« brüllte der Mann triumphierend. »Ich, Octavio, habe es endlich geschafft.«
Bill Conolly knirschte vor Wut mit den Zähnen. Nie hätte er diesem Octavio vertrauen sollen. Wenn er doch nur nicht auf die Idee gekommen wäre, das Schachspiel zu kaufen…
Bill hätte sich vor Wut in den Hintern treten können. In ohnmächtigem Zorn ballte er die Hände zu Fäusten. Im Augenblick hatte Octavio alle Trümpfe in der Hand, und es sah aus, als solle er sie auch behalten.
Niemand wagte sich zu rühren.
Suko stand wie ein Denkmal auf dem Schlachtfeld. Er hatte die Hand mit dem Schwert sinken lassen. Sein Gesicht wirkte wie eine marmorne Maske.
Auch Jane Collins stand wie festgenagelt. Nur das Zucken um ihre Mundwinkel verriet, wie erregt sie war.
Octavio lachte böse. Auch er war kleiner geworden, aber das störte ihn nicht, denn er fühlte sich in den Dimensionen des Schreckens recht wohl. »Diesmal ist es aus!« rief er. »Selbst ein John Sinclair kann euch nicht mehr helfen. Ich hätte wirklich nicht gedacht, daß es so leicht sein würde. Aber er hat seine eigene Unzulänglichkeit erkannt, euer ach so unbesiegbarer Geisterjäger!«
Bill Conolly konnte sich nicht mehr beherrschen. »Ist er tot?« schrie er. Bei diesen Worten schimmerten Tränen in seinen Augen.
Octavio wandte hastig den Kopf. »Ich habe noch fünf Kugeln in diesem Magazin. Sechs waren vorher darin. Eine habe ich Sinclair gegeben. Ist die Frage damit beantwortet.«
Bill preßte die Lippen zusammen. Die Wut und der. Zorn drohte ihn wie eine Woge zu überschwemmen. Er sah Sheila auf dem Boden knien, die Pistolenmündung drückte gegen die straffe Haut ihres Halses. Er sah den gequälten Ausdruck auf dem Gesicht seiner Frau, und all das machte ihn wahnsinnig.
»Laß sie los!« brüllte Bill Conolly plötzlich. »Laß sie los!« Seine Stimme überschlug sich.
Octavio lachte nur.
Pfeifend sog Bill den Atem ein. Seine Stirnadern schwollen an. Wieder sah er Sheila an, und er mußte daran denken, welches Geheimnis sie ihm anvertraut hatte.
»Du Schweiiinnn!« brüllte der Reporter und rannte einfach los.
Octavio stieß einen Fluch aus, nahm die Waffe von Sheilas Hals und feuerte auf den heranjagenden Bill…
***
Ich segelte durch die Unendlichkeit.
Tausend Eindrücke gleichzeitig stürmten auf mich zu. Ich sah gräßliche Gestalten; ein verwirrendes Farbenspiel fiel in eine nie enden wollende Schwärze, um im nächsten Augenblick in einem tosenden Flammenkorridor zu landen.
Zeit, Raum, Geschwindigkeit – es waren Begriffe, die es für mich nicht mehr gab.
War ich Stunden, Minuten oder nur Sekunden unterwegs? Ich wußte es nicht. Ich nahm die Eindrücke auf und vergaß sie gleich wieder, um von neuen, fremden Bildern gefesselt zu werden.
Plötzlich sah ich das Schachbrett.
Und das Chaos!
Ich wollte schreien, mich bemerkbar machen, meine Stimme blieb stumm. Wie ein großer toter Vogel fiel ich auf das Schachbrett zu, Ich sah meine Freunde.
Suko, Bill, Sheila und Jane!
Und Octavio!
Ich hatte das Gefühl, mein Herzschlag würde aussetzen. Dieser Octavio packte Sheila Conolly und setzte ihr die Mündung einer Pistole an den Hals.
Ich rief, ich schrie, brüllte…
Mein Gott, warum hörte mich denn keiner!
Ich schwebte tiefer, hatte das Gefühl, an einen riesigen Fallschirm zu hängen.
Näher und näher kam das Brett.
Erst jetzt merkte ich, daß sich meine Hände um das Kreuz am Hals geklammert hatten. Sie hielten es fest wie einen kostbaren Schatz. Würde es mir in dieser Hölle helfen?
Näher und näher kam ich dem Schachbrett. Jede Einzelheit bekam ich mit. Ich sah, wie Bill Conolly plötzlich losrannte und wie Octavio die Waffe herumriß und schoß…
***
Riesengroß kam dem Reporter die Mündung vor. Die Mündung, aus der im Bruchteil einer Sekunde der Tod platzen würde.
Doch da reagierte Jane Collins.
Bill mußte an ihr vorbei, und im gleichen Moment
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