0006 - Schach mit dem Dämon
kleines Vermögen.
Sheila hatte das Spiel trotzdem gekauft. Sie und Bill brauchten auf den Shilling nicht zu schauen. Sheila hatte von ihrem Vater mehrere chemische Fabriken geerbt. Sie selbst hatte sich aus dem Geschäft zurückgezogen und überließ das Management erfahrenen Fachleuten. Mit Erfolg, wie Sheila an den Gewinnspannen merkte.
Das Schachspiel war nicht für sie, sondern für John Sinclair. Er hatte am nächsten Tag Geburtstag, und da John ein Freund des königlichen Spiels war würde ihm dieses Geschenk sicherlich eine riesige Freude bereiten.
Die Feier sollte in Johns Appartement stattfinden, und geladen waren all seine Freunde. Männer und Frauen, auf die sich der Geisterjäger hundertprozentig verlassen konnte, die er aber auch niemals im Stich lassen würde.
Bill Conolly zündete sich eine Zigarette an. Gelassen blies er den Rauch in die knisternden Flammen, während Sheilas Kopf an seiner linken Schulter ruhte.
»Ich wollte, es wäre immer so«, sagte sie leise.
»Wie meinst du das?«
»Ich liebe diese Abende, das ruhige es immer so bleiben wird.«
»Aber warum soll sich daran etwas ändern?«
Sheila nahm den Kopf hoch. »Du lügst, ohne rot zu werden, Bill«, sagte sie. »Denk mal an die schrecklichen Auseinandersetzungen, die hinter dir liegen. Die Kämpfe mit Dämonen und was weiß ich für Höllenpack. Das ist jetzt auch nicht vorbei. Noch vor gar nicht langer Zeit wärst du um ein Haar ums Leben gekommen.«
»Spielst du auf den Fall im Himalaya an?«
»Ja.«
Bill drückte die Zigarette im Aschenbecher aus. »Was kann ich dafür, daß Flugvampire die Maschine angegriffen haben?«
»Du darfst eben solche Reisen nicht mehr unternehmen«, erwiderte Sheila mit bestechender weiblicher Logik.
Der Türgong unterbrach das Gespräch.
»Das wird der Knabe sein«, vermutete Bill und schob Sheila sanft von seinem Schoß. »Ich mache auf.«
Mit langen Schritten durchquerte der Reporter den großen Raum und die Diele, dann stand er vor der Haustür. Durch die Sprechanlage erkundigte er sich, wer draußen war.
Es war tatsächlich der Mann mit dem Geschenk.
»Sie können hereinkommen«, sagte Bill und drückte auf einen Knopf. Das Eingangstor zu seinem Grundstück glitt automatisch zur Seite.
Bill erwartete den Überbringer vor der Haustür. Der Mann mußte erst noch den großen Vorgarten durchqueren, in dem bereits die Laternen brannten und um deren helle Lichtinseln Hunderte von Mücken ihre seltsamen Tanzspiele aufführten.
Der Besitzer des Geschäftes überreichte persönlich das Geschenk.
Der Mann hieß Octavio und war für Bills Geschmack ein unsympathischer Bursche. Er trug einen schwarzen Mantel, der ihm fast bis zu den Knöcheln reichte. Der Schädel war eiförmig, und nur, den Hinterkopf schmückten noch einige hellgraue Haare. Octavio ging leicht vornübergebeugt. Hart stach die Raubvogelnase aus seinem Gesicht hervor.
Augenbrauen hatte der Mann keine mehr aufzuweisen, dafür aber einen sichelförmigen Bart, der rechts und links der Mundwinkel herabhing und nur die schmale Unterlippe zu erkennen gab.
Die kleinen Augen lagen tief in den Höhlen und schienen jeden Menschen mit Blicken durchbohren zu wollen.
Mister Octavio hatte die Arme ausgestreckt. Das wertvolle Geschenk trug er auf beiden Händen. Es war wohl verpackt.
»Bitte sehr, Mister Conolly«, sagte der Händler und ließ sich das Paket von Bill abnehmen.
Bill faßte es behutsam und stellte es in der geräumigen Eingangsdiele auf einen kleinen Tisch. Dann nahm er den schon vorbereiteten Scheck und überreichte ihn dem Händler.
Octavio steckte das Papier ein, ohne überhaupt einen Blick darauf zu werfen. Er sah nur Bill an, und der Reporter glaubte, ein wissendes Lächeln um die Mundwinkel des Gegenübers spielen zu sehen.
»Ist noch etwas?« fragte Bill.
»Eigentlich nicht.«
»Sondern?«
»Ich wünsche Ihnen nur viel Spaß beim königlichen Spiel«, sagte der Mann mit einem Unterton in der Stimme, der Bill stutzig werden ließ. Der Reporter entgegnete jedoch nichts, auch nicht, als Octavio sich umdrehte und grußlos dem Tor entgegenging.
Bill wartete, bis er den Mann nicht mehr sehen konnte. Dann ging er zurück ins Haus.
Sheila erwartete ihn bereits. Da sie mit dem Rücken zum Kamin stand, warf der Widerschein der Flammen kupferfarbene Reflexe auf ihre goldblonde Außenrolle. Sie sah bezaubernd aus.
Bill stellte das Paket ab.
Sheilas Lächeln gerann, als sie in das Gesicht ihres Mannes blickte. »Ist
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