0008 - Der Vulkanteufel von Hawaii
leuchtete zu grell, Hennessy drosselte die Gaszufuhr ein wenig.
In der Hütte gab es nicht viel mehr als ein Bett. Umgedrehte Kissen dienten als Stuhl und Tisch. An den Wänden gab es Fächer aus rohen Brettern, auf denen alles stand, was Pierre Hennessy besaß. Die Stirnwand der Bude war mit zahlreichen Ansichtskarten bepflastert. Überall, wo Hennessy hinkam, kaufte er sich alle Ansichtskarten, die er kriegen konnte. Dazwischen klebten Poster mit nackten Mädchen in sinnlichen Posen, damit ein bißchen Atmosphäre ins Heim kam, wie der Franzose meinte.
Er glaubte plötzlich, Fieber zu haben.
Es schüttelte ihn wie beim erstenmal, als er mit einem Mädchen zusammen gewesen war. Gott, wie lange war das schon her. Seither war er nie mehr wieder so schrecklich aufgeregt gewesen. Sein Herz schlug hoch oben im Hals.
Er atmete schnell und drehte sich mit begeistertem Schwung herum. Doch plötzlich erstarrte das erwartungsvolle Lächeln auf seinem Gesicht zur Maske. Ungläubigkeit spiegelte sich in seinen weit aufgerissenen Augen. Er schüttelte benommen den Kopf.
»Das… das gibt’s doch nicht! Das kann doch nicht sein! Das ist doch unmöglich!«
Er dachte, der viele Jamaica-Rum habe seinen Geist verwirrt. Ein Trugbild. Es konnte unmöglich die Wirklichkeit sein, die er da sah. Ihn packte das nackte Grauen.
Isabel Snake hatte vor einer Minute begonnen, sich zu verwandeln. Ihr Kopf war kleiner geworden. Ihr Hals hatte sich mit Schuppen bedeckt, eine flache Form angenommen und sich aufgebläht. Ihr Körper war immer noch der eines unglaublich schönen Mädchens. Aber ihr Kopf… Er war zum Kopf einer gefährlichen Kobra geworden!
***
Beim Antritt des Fluges nach Kauai setzte die Dämmerung ein. Als die Maschine der Hawaiian Airlines in Lihue landete, brannten bereits die Lichter. Die Freunde sahen in der Ferne den bedrohlichen Moano-Vulkan, dessen Gipfel rot zu glühen schien. Ein wundervolles Naturschauspiel.
»Das ist er, John«, flüsterte Bill mit finsterer Miene, es klang beinahe ehrfurchtsvoll.
»Das ist dein Gegner.«
John warf dem Freund einen schnellen Blick zu. »Du befürchtest, daß ich an ihm scheitern werde, nicht wahr?«
»Ich hoffe, daß es nicht so kommt.«
Über ihren Köpfen schwebte ein Zeppelin. Er kreiste über Lihue. An seiner Seitenfront huschten Buchstaben entlang: Die neu angekommenen Touristen werden herzlich willkommen geheißen.
Suko wies mit dem Daumen auf die fliegende Zigarre und knurrte: »Die Botschaft kommt bestimmt nicht von Moano.«
John ging telefonieren. Er betrat eine Telefonbox vor dem Flughafengebäude und wählte die Nummer, die ihm Superintendent Powell mitgegeben hatte. Es dauerte nicht lange, und er hatte Mort Agamemnon, den Projektleiter, an der Strippe.
»Ah! Mr. Sinclair!« tönte es aus dem Hörer. »Ich bin Mort Agamemnon. Weder verwandt noch verschwägert mit dem König von Mykene. Ich habe Ihren Anruf schon erwartet. Bleiben Sie, wo Sie sind. Ich schicke Ihnen einen Hubschrauber, der Sie abholt… Oder nein, ich fliege die Mühle gleich selbst. Also – bis in ein paar Minuten.«
John kehrte zu seinen Freunden zurück. »Wir werden abgeholt.«
Zehn Minuten später kam der Helikopter angeknattert. Er setzte präzise auf dem Landeplatz für Hubschrauber auf. John, Suko und Bill liefen gegen den Rotorwind an. Mort Agamemnon stieß die Kanzeltür auf und brüllte seinen Gästen einen Willkommensgruß entgegen. Doch gegen den Motorlärm kam er nicht an. Agamemnon strich sich kurz über das gekrauste Haar. Sein Gesicht war breit und freundlich. Der Projektleiter reichte einem nach dem andern die Hand und sagte jedem, daß er sich freue, seine Bekanntschaft zu machen. Kaum hatte Suko die Kanzeltür hinter sich geschlossen, da hob der Helikopter schon wieder vom Landepunkt ab, um die Freunde zum Camp am Fuße des Moano-Vulkans zu bringen.
Mort Agamemnon stellte viele Fragen. »Wie war der Flug? Wie klappte es mit der Verbindung? Wie waren Sie mit dem Service zufrieden? Wie geht es Superintendent Powell?«
John versuchte auf alle Fragen erschöpfende Antworten zu geben. Die Lichter des Camps tauchten auf. Wie beleuchtete Stecknadelköpfe strahlten sie in der Dunkelheit. Mort Agamemnon zog den Hubschrauber über die finsteren Palmenwipfel und drückte die Maschine dann sachte nach unten.
Für John Sinclair, Suko und Bill Conolly brach eine der letzten friedlichen Minuten an…
***
Erschüttert und fassungslos starrte Pierre Hennessy das Mädchen an, das
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