0012 - Der Dämonenknecht
hörte sich beinahe wie das Zischen einer Florettklinge an, die auf einen Gegner losschnellt.
Nicole Duval hielt die ganze Geschichte für eine phantastische Dichtung und ausgeklügelte Narretei.
Selbst Zamorra zweifelte an der Echtheit des Berichtes. Erst viel später erkannte er, daß Wort für Wort von dem, was er vernommen hatte, der Wahrheit entsprach.
Die Sängerin runzelte die Stirn und überlegte einen Augenblick, bevor sie antwortete.
»Nein, nein, ich habe kein bißchen übertrieben«, murmelte sie.
»Ich muß Ihnen noch sagen, daß ich meinen Vater und auch meine Schwester Maria für geistesgestört halte«, setzte sie zögernd hinzu.
»In diesem Falle allerdings sprechen Sie den Psychiater in Professor Zamorra an«, lächelte Nicole und strich eine vorwitzige Locke aus ihrer Stirn.
»Nicole!« Zamorras Gesichtszüge hatten plötzlich etwas Maskenhaftes. »Warum versuchen Sie, Señorita de Almagro mit Ihrer Unfreundlichkeit in die Enge zu treiben?«
»Entschuldigen Sie, Chef«, maulte Nicole griesgrämig, verärgert durch die Wendung, die der so heiter begonnene Abend genommen hatte.
»Ich wollte ihr nur zu verstehen geben, daß wir eigentlich zu unserem Vergnügen hierhergekommen waren.«
Zamorra lächelte schon wieder. Nicoles Logik war ihm nicht fremd. Da sie im Bereich des Übersinnlichen ein regelrechter Muffel war, versuchte sie jedesmal, wenn er sich mit einem neuen, geheimnisvollen Fall zu beschäftigen begann, sein Interesse an den Gespenstergeschichten zu vergällen. Aber dafür hatte Nicole andere, unersetzliche Qualitäten. Nur eben für das weite Gebiet der Parapsychologie, und allem, was damit zusammenhing, fehlte ihr jegliches Verständnis. Was ihn selbst anbetraf, so hatten ihn die Worte der jungen Spanierin mit ihren merkwürdigen Undeutlichkeiten, die zu allerhand Vermutungen Anlaß gaben, völlig in den Bann geschlagen.
»Entschuldigen Sie. Der Maître wünscht mich zu sprechen.« Ines de Almagro erhob sich. »Werden Sie sich des Falles annehmen, Professor? Bitte.« Angespannt und etwas nervös blickte sie in das Gesicht Zamorras, der sich nun ebenfalls erhoben hatte.
»Nun, ich interessiere mich für solche Dinge. Ich pflege mich mit übersinnlichen Dingen zu beschäftigen. Es ist mein Bemühen, sie zu erforschen, ihnen nachzuspüren, um ihre Zusammenhänge zu entdecken. Was nun Ihren Fall betrifft, so möchte ich nicht leugnen, daß er mich besonders reizt.«
Eine kleine spannungsgeladene Pause entstand, während Zamorra Ines de Almagro nachdenklich musterte. »Ich werde nach Spanien fahren«, murmelte er endlich.
»Gott sei Dank.« Die Sängerin ergriff Zamorras Hand und schüttelte sie heftig. »Fahren Sie schnell, Professor. Ich weiß, daß Sie noch weiteres Unheil verhüten können.«
Der Geschäftsführer stand in der Tür und machte ihr ein Zeichen.
»Ich muß jetzt wirklich gehen«, bemerkte die Spanierin zerstreut.
Sie reichte Nicole freundschaftlich die Hand, verabschiedete sich von Zamorra und verschwand.
»Na, dann werden wir uns mal damit beeilen, ins Bettchen zu kommen. Wie ich Sie kenne, Chef, haben Sie die Absicht, in aller Frühe nach Spanien zu reisen«, wandte sich Nicole mit einem spöttischen Lächeln an Zamorra.
Zamorra schmunzelte. »An Ihren Kenntnissen meiner Charaktereigenschaften habe ich nie gezweifelt. Kommen Sie.«
Wenige Minuten später strebten sie dem Ausgang der Bar zu. Nicole Duvals Augen streiften gelangweilt die Tanzmädchen, die sich gerade, nur mit einem Lendenschurz aus Tüll bekleidet, in einem exotischen Tanz versuchten.
Die Schwüle, die die Atmosphäre des Raumes erfüllte, widerte Zamorra an. Er hatte es plötzlich sehr eilig. Die Begleitumstände des Zusammentreffens mit Ines de Almagro und ihre Worte hatten ihn in eine starke Erregung versetzt.
Als sie vor der Tür standen, rieb sich Zamorra mit der Hand über die Stirn. »Almagro, Almagro«, murmelte er. Irgendwo hatte er diesen Namen schon einmal gehört.
***
Professor Georges Discoud lag in einem breiten weichen Bett. Er hatte hervorragend gespeist, seine Abschürfungen, Prellungen und die kleinen Wunden waren von Maria de Almagro sachkundig behandelt worden, und trotzdem fühlte er sich ziemlich mies.
Was war das für ein geheimnisvoller Ort, an dem er so unvorhergesehen gelandet war? Wie ein Film zogen die Geschehnisse des Abends noch einmal an seinem geistigen Auge vorbei. Das entsetzliche menschliche Wrack am Straßenrand, der Unfall, die unheimliche Vision
Weitere Kostenlose Bücher