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0012 - Der Dämonenknecht

0012 - Der Dämonenknecht

Titel: 0012 - Der Dämonenknecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Maurer
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eine Erklärung für das erhalten, was mit ihm geschehen war. Und dann würde er sicher auch wieder aus diesem Alptraum herausfinden.
    Die Gestalt war regungslos neben dem Felsen stehengeblieben. Sie war riesengroß und in eine schwarze Mönchskutte gehüllt. Das Gesicht war von einer dunklen Kapuze verhüllt.
    Georges Discouds Schritte wurden immer langsamer. Wenige Schritte vor der unbeweglichen Gestalt blieb er stehen. Ein Gefühl der Drohung ging von dem Kapuzenmann aus. Georges Discoud ahnte, daß sich hinter der Maskerade etwas unvorstellbar Grauenhaftes verbarg. Stumm und hilflos starrte Georges sein Gegenüber an.
    Mit Gewalt riß sich Georges zusammen.
    »Bitte, sagen Sie mir, wo ich hier bin.« Im letzten Winkel seines Hirns hatte er noch die Hoffnung, daß sich alles als böser Scherz herausstellen wurde. Der fromme Wunsch sollte sich aber als Irrtum erweisen.
    Der Mann in der Mönchskutte streifte die Kapuze in den Nacken.
    Georges blickte entsetzt auf einen dunklen Totenschädel mit dem bleckenden Gebiß und großen, leeren Augenhöhlen. Nur für den Bruchteil einer Sekunde war er zu sehen, dann hatte er sich blitzartig in ein kantiges menschliches Gesicht mit rötlicher Haut, leicht hervorstehenden Backenknochen und kahlem Kopf verwandelt.
    Es waren die Züge des Verwalters José, die sich auf dem makabren Schädel bildeten.
    »José?« würgte Discoud mühsam hervor.
    Der andere maß ihn mit kalten Augen und schmalen Lippen.
    »Wie gefällt Ihnen mein Reich, Señor?«
    Die Worte hallten laut in Georges' Ohren nach. »Wer sind Sie in Wirklichkeit, und wo befinden wir uns hier?« krächzte er. Der Riese in der Kutte verzog die schmalen Lippen.
    »Das wirst du armseliger Mensch nicht so leicht begreifen. Ich bin Atahualpa, der letzte regierende Sohn der Sonne. Mein Reich liegt zwischen Diesseits und Jenseits. Du wirst in Zukunft ein Helfer meines großen Werkes sein. Versuche nicht, mir zu entkommen. Es ist zwecklos. Und nun komm mit.«
    Der Kuttenträger drehte sich um und stieg eine in die Felsen gehauene Treppe hinab. Obwohl er sich dagegen sträubte, wurde Georges wie ein Hündchen an der Leine an einem unsichtbarem Faden hinter ihm hergezogen. Er erinnerte sich. Genauso war es, als er durch die Mauer gegangen war. Discoud kam zu der bedrückenden Erkenntnis, daß seine Glieder nicht mehr ihm, sondern einem fremden Willen gehorchten.
    Wie eine Marionette folgte er dem hochgewachsenen Mann in der dunklen Kutte. Es ging über Treppen, durch Straßen, an Mauern und riesigen Blöcken vorbei. Sie bogen um Säulen und Pfeiler herum und passierten trapezförmige Tore. Und ringsum herrschte Totenstille.
    Keine Autos und keine Passanten belebten die mit Gräsern überwucherten Straßen der toten Stadt. Glatt und nackt, reglos und totenstill, gleich einem riesigen Ungeheuer aus grauer Vorzeit lag sie da, wie sie schon seit vielen tausend Jahren gelegen, von Menschenhand unverändert und nur vom Zahn der Zeit benagt.
    Und doch gab es auch in dieser Totenstadt Leben und Bewegung.
    Das merkte Discoud aber erst, als er hinter seinem Führer um einen letzten großen Marmorblock am Rande der Stadt trat.
    Eine riesige Baustelle, flankiert von einer Reihe langgezogener Hütten lag vor ihnen. Dicke gelbe Staubwolken wirbelten in kurzen Intervallen über die große, rechteckige Grube, und ein beißender widerlicher Geruch schwängerte die Luft.
    Das Bild, das sich Georges' Augen bot, ließ keinen Zweifel darüber, was ihn erwartete.
    Ausgemergelte Männer arbeiteten, von dunklen, fast nackten Gestalten mit Schlägen und Tritten angetrieben, in der Grube. Georges erkannte, daß die Peiniger Indios waren. Aber diese Indios waren keine Menschen. Das waren Bestien, dunkle Teufel, von der Hölle ausgespieen.
    Ein infernalisches Konzert, gemischt aus Wimmern, Schreien, Gebrüll und Hohnlachen drang mit dem Wind zu ihm herüber.
    Dies war eine Stätte des Terrors, in dem die Kreatur gequält und zu Tode gefoltert wurde und jede menschliche Würde in der Kloake von Blut und Tränen ertrank.
    Und von oben, vom blaßblauen Himmel, brannte die unnatürlich hellglühende Sonne auf Schinder und Geschundene.
    ***
    Das unsichere Gefühl, das Felipe Ortez bei seinem kurzen Aufenthalt auf Schloß Santillana gehabt hatte, hatte seinen Grund.
    Jede seiner Bewegungen war von den Augen des Verwalters beobachtet worden. Haß, Verderben und Hohn lagen in Josés Blick, als Felipe aus dem Schloß rannte und sich unten auf der Straße auf den

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