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0012 - Der Dämonenknecht

0012 - Der Dämonenknecht

Titel: 0012 - Der Dämonenknecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Maurer
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ihren Wunsch. Seine Untertanen trugen Gold und Silber zusammen und schichteten es im Gefängnis ihres Herrschers auf.
    Pizarro, der sah, wie leicht der Inkakönig das Lösegeld zahlen konnte, gab ihn nicht frei, sondern forderte eine erhöhte Summe.
    Wieder schleppten die Indios kostbare Schätze herbei.
    Atahualpa aber kam nie wieder frei. Ihm wurde Verrat und Verschwörung gegen die Spanier vorgeworfen. Er wurde durch ein spanisches Gericht zum Flammentod verurteilt, später zum Tod durch Erwürgen begnadigt und nach zehnmonatiger Gefangenschaft erdrosselt.
    Das war nur ein Teil der Schilderungen, die in steiler, enggefaßter Schrift die Pergamentrollen ausfüllten.
    Eine der Rollen aber fand das besondere Interesse Professor Zamorras.
    In ihr war die Rede davon, daß die Geister der Inkas sich an Pizarro rächten. Sie bedienten sich dabei sogar eines Spaniers mit dem Namen Almagro, der den goldgierigen Eroberer in seinem Palast überfiel und erstach. Wörtlich schloß die Schrift: Irgendwo in den riesigen Urwäldern der Anden sitzen die Geister der Inkas. Irgendwann werden sie wieder erscheinen, um die Untaten der Spanier zu rächen.
    Zamorras Blick blieb auf dem Namen von Pizarros Mörder hängen. Almagro!
    Ihm dämmerte eine Ahnung auf, noch sehr vage und verschwommen, aber immerhin schälte sich ein Anhaltspunkt aus dem Nebelmeer der Vermutungen.
    Zamorra rollte die Pergamente zusammen und richtete seinen Blick auf Nicole.
    »Erinnern Sie sich an den Namen der Sängerin?« fragte er etwas heiser. Nicole lächelte. »Natürlich erinnere ich mich daran. Almagro, warum?«
    »Weil genau derselbe Name in diesen Pergamenten erwähnt wird.«
    Das Lächeln in Nicole Duvals Gesicht verwandelte sich in leichtes Erstaunen. Eigentlich hob sie nur ihre Augenbrauen ein paar Millimeter an, um ihr Erstaunen anzudeuten. Sie musterte den Professor nachdenklich. »Seltsam«, murmelte sie. »Aber was soll das schon heißen?« Nicole sah, daß Zamorra sich in aller Seelenruhe eine Zigarette anzündete.
    »Das soll weiter nichts heißen. Ich will nur, daß Sie meinen Entschluß zu dieser Reise verstehen, und daß Sie mir nicht zu beweisen versuchen, daß ich Gespenster sehe und daß mich Hirngespinste zum Narren halten.« Zamorra lächelte, lehnte sich zurück und blies einige kunstvolle Rauchringe in die Luft.
    Nicole legte ihren Kopf zur Seite und schnitt eine kleine Grimasse.
    »Aber Chef, das mit dem Namen kann doch reiner Zufall sein«, sagte sie leicht spöttisch. Sie strich mit der Hand über ihre, in den verschiedensten Farbtönen schillernde hochgetürmte Frisur. Es sah aus, als wische sie damit sämtliche Schwierigkeiten und Probleme weg.
    Zamorra lag die Bemerkung auf der Zunge, daß man Dinge und Zusammenhänge, die man nicht sehen will, eben auch nicht sieht.
    Aber er erinnerte sich rechtzeitig, daß Nicole, allen anderen Angelegenheiten verständig und aufgeschlossen gegenüberstehend, in dieser Hinsicht jedoch wie eine Gummiwand reagierte, von der jeder Versuch, sie zu überzeugen, federnd zurückprallte, und er schluckte seine Bemerkung noch rechtzeitig hinunter.
    »Es kann natürlich auch ein Zufall sein«, entgegnete Zamorra höflich. Er lächelte, streckte behaglich seine Beine aus und blickte aus dem Fenster auf die vorübergleitende Landschaft. Nach wenigen Sekunden schon erstarb das Lächeln.
    Die geheimnisvollen Sätze: »Irgendwo in den riesigen Urwäldern der Anden sitzen die Geister der Inkas. Irgendwann werden sie wieder erscheinen, um die Untaten der Spanier zu rächen«, spukten in seinem Kopf herum.
    Trotzdem die Anden am anderen Ende der Welt lagen, ahnte Zamorra, daß er schon sehr bald mit diesen Geistern zu tun haben würde.
    ***
    Die Bremsen kreischten. Rumpelnd und in allen Fugen ächzend, kam der kleine Zug zum Stehen.
    Nicole Duval und Zamorra sprangen auf einen winzigen Bahnsteig.
    Das zu neunzig Prozent aus Holz gebaute kleine Bahnhofsgebäude war dunkel und verwittert, und die wenigen schmutzigen Fenster schienen seit einem Jahr nicht mehr geputzt worden zu sein.
    Einen Augenblick lang sahen sich Nicole und Zamorra ein wenig hilflos um.
    Nicole beschlich ein Gefühl des Unbehagens.
    »Ich glaube, hier sind wir am Ende der…«
    »Entschuldigen Sie bitte«, unterbrach sie eine unbekannte höfliche Männerstimme in französischer Sprache.
    Vor ihnen stand lächelnd der Mann, der in ihrem Abteil geschlafen hatte. Er trug einen Tweedanzug. Seine von Fältchen umgebenen Augen blickten scharf über

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