Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0012 - Lebendig begraben

0012 - Lebendig begraben

Titel: 0012 - Lebendig begraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
den dunklen Sargdeckel hochstemmte und ihn zur Seite wuchtete.
    Der Mond stand so günstig, daß er direkt in den offenen Sarg schien und jeden Winkel ausleuchtete. Mit einem überraschten Schrei zuckte Suko zurück. Der Sarg war leer!
    ***
    Suko hatte das Gefühl, selbst tief im Boden zu versinken. Er starrte in den Sarg, schüttelte den Kopf, schloß die Augen, öffnete sie wieder – das Bild blieb. Von John Sinclair keine Spur.
    Suko merkte, wie es ihm schwindlig wurde. All die Anstrengungen und die Nervenbelastungen der letzten Stunden machten sich jetzt bemerkbar. Seine Knie wurden weich. Vom Grabrand hörte er Monjas Stimme.
    »Er – er ist weg!« flüsterte das Mädchen. »Verschwunden…« Sie schluchzte auf. »O mein Gott.«
    Suko hob den Blick. »Haben Sie eine Erklärung?« fragte er.
    »Nein…«
    Die Antwort kam zögernd.
    Der Chinese riß sich mit Gewalt zusammen. Er nahm seine Lampe und leuchtete in den leeren Sarg hinein. Mit der freien Hand tastete er die Kissen ab. Er fühlte die Seide unter seinen Fingern und spürte auch die Feuchtigkeit, die Tränen und Schweiß hinterlassen hatten. Sie war noch nicht eingetrocknet. Plötzlich wurden Sukos Augen groß. Der Stoff auf dem Sargboden gab unter dem Druck seiner Hand nach. Der war auch etwas nach innen gebeugt. Warum?
    Suko riß den Stoff auseinander. Es ging leichter, als er es gedacht hatte. Die Polsterung mußte schon vorher… Der Chinese hielt den Atem an. Was er entdeckte, war fir ihn genauso schockierend wie vorhin der Anblick des leeren Sarges. Die Totenkiste hatte keinen Boden!
    Suko fühlte feuchtes Erdreich. Er wühlte darin herum, suchte irgendein Loch, einen Ausstieg – nichts. Nur Lehm spürte er zwischen seinen Fingern.
    »Wie ist das nur möglich?« murmelte er.
    Langsam richtete er sich auf. Seine Bewegungen wirkten eckig, kraftlos. Sukos Stirn hatte sich in Falten gelegt. Seine Gedanken wirbelten. Er begriff einfach nicht, was sich hier seinen Augen bot. Die Schwarze Magie mußte übermächtig sein. Der ganze Ort, die Menschen, der Horror-Garten – was war hier eigentlich noch normal?
    Kopfschüttelnd kletterte Suko aus dem Grab. Er versuchte, seiner Entdeckung eine positive Seite abzugewinnen. Wenn John Sinclair nicht mehr in diesem Sarg lag, dann stellte sich die Frage, ob er vielleicht noch am Leben war. Hatte er es im letzten Augenblick doch noch geschafft, seinen Gegnern zu entwischen? Wenn ja, wo steckte er dann?
    »Hast du eine Erklärung?« fragte er das Mädchen erneut. Monja schüttelte den Kopf.
    »Aber es muß eine geben!« Suko beharrte auf seinem Standpunkt. »Und ich werde sie finden. Du hast mir von John Sinclair erzählt und von deinem Vater. Und ihn werde ich fragen!«
    »Nein!« Monja schüttelte den Kopf und krallte ihre Hände in Sukos Jacke, »Bitte nicht…«
    Suko sprengte den Griff. »Doch, ich werde mit ihm reden. Ich will endlich wissen, was gespielt wird.«
    Er lächelte. »Keine Angst, dir wird nichts passieren. Man wird uns nicht zusammen sehen. Komm jetzt, ich möchte keine Zeit mehr verlieren.«
    Der Chinese faßte Monja bei der Hand. Schweigend schritten sie über den Friedhof. Blaß leuchteten die vom Mondlicht umschmeichelten Grabsteine.
    Der Wind trug den Geruch von verwelktem Laub, vermoderten Blumen und frisch aufgeworfener Erde an Sukos Nase.
    Eine Wühlmaus huschte dicht vor ihnen über den Boden. Mit einem Pieplaut verschwand sie hinter einem halb umgekippten Grabstein. Suko und Monja erreichten den Ausgang und traten auf die Straße. Monja blieb stehen.
    »Lassen Sie mich jetzt allein gehen«, bat sie. »Sie finden das Haus, in dem ich wohne, auch ohne mich. Es ist das größte im Ort. Unten befindet sich ein Gasthaus.«
    »Okay, geh nur. Aber wenn ich Fragen habe, werde ich mich an dich wenden.«
    Monja nickte hastig und verschwand.
    Sie ließ einen nachdenklichen Suko zurück, dem die schweren Gedanken auch nicht aus dem Kopf gingen, als er sich seinem Ziel näherte. Obwohl die Straße an beiden Seiten von Häusern flankiert war, fühlte sich Suko einsam wie auf einer verlassenen Insel. Kein Mensch ließ sich blicken. Nicht einmal hinter den Scheiben tauchten Gesichter auf. Mittlerweile war auch das letzte Licht verloschen.
    Suko erreichte das Gasthaus. Dunkel lag die Fassade vor ihm. Mondlicht spiegelte sich auf den kleinen Fensterscheiben. Irgendwo bewegte sich eine Holzlatte im Wind. Rhythmisch schlug sie gegen die Hauswand.
    Suko tastete mit seinen Blicken die Front des Hauses ab.

Weitere Kostenlose Bücher