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0013 - Die Knochengrube

0013 - Die Knochengrube

Titel: 0013 - Die Knochengrube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Friedrichs
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auszumachen, daß sie Säbel schwangen, denn der fliegende Dampfer befand sich jetzt höchstens noch hundert Meter von der »Drachten« entfernt. Sein Kiel schwebte in Höhe des Zwischendecks, auf dem Pravemann und sein Funker standen.
    Der Kapitän mußte sich mit Gewalt von dem abscheulichen Anblick losreißen. »Koog, klemmen Sie sich wieder an Ihren Apparat! Geben Sie nicht auf, hören Sie? Wir müssen alles Menschenmögliche versuchen…«
    Der Mann mit der Brille rannte in den Funkraum zurück, um erneut ein hilfloses »Mayday, Mayday« in den Äther hinauszuschicken.
    Joop Pravemann betätigte unterdessen die Rufanlage. Sie verband ihn direkt mit der Brücke. »Wir müssen hart Steuerbord gehen!« brüllte er.
    »Die Ruderanlage gehorcht nicht mehr«, gab der Steuermann heulend zurück, »und im Maschinenraum steht Wasser, Käptn. Wir sind verloren. Uns rettet keiner mehr. Ich muß hier weg, mein Gott. Hilfe…«
    Pravemann wollte ihn durch einen barschen Befehl zusammenstauchen. Aber plötzlich ließ ein enormer Schlag den Schiffsleib zittern. Die »Drachten« schien sich unter ihrem Kapitän aufzubäumen, der Vollbärtige wurde gegen die Wand geschleudert und zu Boden geworfen. Er begriff sofort. Das Geisterschiff hatte den Frachter mit seinem Kiel getroffen. Es mußte ihn regelrecht zerschnitten haben.
    Koog wurde durch die offene Tür des Funkraums auf das Zwischendeck geworfen. Er hatte seine Brille verloren und suchte und tastete verzweifelt danach.
    Immer noch dröhnte die Orgelmusik. Nicht mehr im Tempo des Trauermarsches, sondern schnell, triumphierend, höhnisch.
    »Koog, wir müssen eines der Boote zu Wasser lassen!« rief Pravemann.
    »Ich – ich sehe so schlecht…«
    »Kommen Sie, ich führe Sie, Mann!«
    Sie arbeiteten sich bis zum Niedergang vor, der das Ober- mit dem Zwischendeck verband. Weiter kamen sie nicht.
    Zu fünft oder zu sechst tobten sie durch die Verbindungstür herein. Gräßliche Wesen, die von nahe betrachtet weitaus abstoßender aussahen als auf hundert Meter Distanz: Das wenige Fleisch, das noch auf ihren Schädelknochen haftete, mußte verfault sein, aber glühende Augen lagerten in den Höhlen. Einstmals prunkvolle Uniformen bedeckten ihre Skelettleiber.
    Die Gespenster stießen Schreie aus und fielen mit ihren Säbeln über die beiden Männer her.
    »Nein«, heulte Koog, »laßt mich in Ruhe! Haut ab, ihr Scheusale!«
    Ein Gespenst stieß ihm den Säbel in den Unterleib.
    Joop Pravemann krümmte sich entsetzt, deckte den Kopf mit den Händen ab. Irgendwie gelang es ihm, den zeternden Knochengestalten zu entweichen. So schnell ihn seine Füße trugen, rannte er in den Funkraum und warf die Tür hinter sich zu. Zweimal drehte er den Schlüssel um.
    Das Funkgerät war wie durch ein Wunder heil geblieben.
    Pravemann drückte den Rufknopf. Das Mikrofon hielt er dicht vor seine bebenden Lippen. »Küstenwacht zwofünf, hier ›Drachten‹. Etwas Furchtbares ist geschehen.« Die Worte kamen erst stockend, dann immer flüssiger aus seinem Mund.
    Dann waren die Gespenster wieder bei ihm.
    Sie drangen durch die Wände! Es gab kein Hindernis für sie – schrill lachend umstellten sie den Vollbärtigen, der von Grauen gepackt aufschrie. Pravemann nahm noch wahr, daß hinter ihnen eine hochgewachsene, ganz in Schwarz gekleidete Gestalt auftauchte.
    Die stechenden dunklen Augen des leichenblassen Mannes richteten sich auf den Kapitän.
    »Dies ist Raspanis Rache, Pravemann«, klirrte seine Stimme. »Deine Zeit ist gekommen.«
    »Wer bist – du?« schluckte der Holländer.
    »Du hast es gehört!«
    »Raspani? Ich kenne dich nicht – was – wofür…«
    »Schweig, Narr. Dem Angeklagten geziemt es nicht, das letzte Wort zu haben, denn das Urteil steht längst unumstößlich fest.«
    Pravemann starrte den Schwarzgekleideten aus weit aufgerissenen Augen an. Erst jetzt wurde ihm bewußt, daß die Orgelmusik verstummt war. Also hatte er das Instrument bedient. Raspani…
    »›Drachten‹, hier spricht die Küstenwache«, drang es aus dem Lautsprecher der Funkanlage. »›Drachten‹, melden Sie sich doch!«
    Ein herrischer Wink Raspanis, und eines der Gespenster ließ seinen Säbel auf den Apparat niederzucken. Unter Splittern und Prasseln ging die Anlage in die Brüche. Die quäkende Stimme im Lautsprecher verstummte.
    »Schlagt ihm jetzt den Kopf ab«, befahl Raspani.
    ***
    Professor Zamorra zog den Blinkerhebel hoch, schlug das Lenkrad ein und ließ den roten Fiat Dino auf die Route

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