0013 - Geister-Roulett
öffnete sich.
»Du bist schuld!« schrie sie mich an. »Nur du allein. Wärst du nicht gekommen, hätte ich den Trank der Jugend zu mir nehmen können. Jetzt ist es vorbei.«
Ich wußte, was sie meinte. Die kleine Flasche, die zu Boden gefallen war, mußte diesen Trank enthalten haben. Jetzt versickerte die Flüssigkeit im Teppich.
Unwiderruflich…
Sie stand vor mir und zitterte. Ich hatte den Anblick mittlerweile verdaut und mußte eingestehen, daß die linke Gesichtshälfte die eines wunderschönen jungen Mädchens war. Sogar das weiße Haar hatte sich verändert. In rotblonden Locken fiel es bis auf die Schulter und streichelte den Stoff des Kleides.
»Was hat das zu bedeuten?« fragte ich. »Geben Sie mir eine Erklärung, Mrs. Blaine.«
Sie lachte hart auf. »Die können Sie haben, Polizist. Aber viel wird Sie Ihnen auch nicht nützen, da ich Sie töten werde. Ich habe den Trank der ewigen Jugend bekommen. Nur er macht für mich das Leben noch lebenswert. Wenn ich ihn einnehme, kann ich meine Jugend zurückgewinnen. Das ist das Geheimnis.«
Mir wurde so einiges klar. »Dann fahren Sie also doch den Sportwagen«, vermutete ich.
»Natürlich. Aber nicht in meiner Eigenschaft als alte Frau, sondern als junges Mädchen. Ich habe all die Chancen zurückbekommen, die ich vor langen Jahren hatte. Aber jetzt ist es vorbei. Und daran bist du schuld, Polizist.«
»Sie können sich doch einen neuen Trank holen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das geht nicht so einfach. Ich muß eine bestimmte Zeit mit ihm auskommen, erst dann wird Asmodis entscheiden, ob ich würdig genug bin, abermals den Trank der Jugend einnehmen zu dürfen.«
Sie sprach noch weiter, aber ich hörte gar nicht hin. Der Name Asmodis war gefallen. Asmodis, auch Satan oder Teufel genannt, war der oberste Höllenfürst. Er regierte in der Unterwelt. Er war neben dem Schwarzen Tod mein schlimmster Feind. Es war fast unmöglich, Asmodis oder auch seinen ersten Diener zu besiegen. Man konnte ihnen nur Teilniederlagen bereiten.
Aber in welch ein teuflisches Spiel hatte sich der Höllenfürst diesmal wieder eingekauft. Ich ahnte, daß ich erst einen kleinen Stein dieses grausamen Mosaiks in der Hand hielt.
»Wo haben Sie Asmodis getroffen?« unterbrach ich ihren Redeschwall.
Sie breitete die Arme aus. Beim linken rutschte der Ärmel des Kleides hoch und gab einen Teil des skelettierten Arms frei. »Der Teufel ist überall. Man muß ihn nur zu finden wissen«, antwortete sie mir allgemein.
»Dann führen Sie mich zu ihm!« verlangte ich.
Sie lachte wieder. »Nein, ich werde dich nicht zu ihm führen. Wenn er was von dir will, dann holt er dich. Er nimmt sich alles, verstehst du. Aber ich – ich nehme dir dein Leben, Polizist. Großes wird geschehen. Vieles ist im Umbruch. Ich bin nicht die einzige, die den Trank der Jugend bekommen hat. Es gibt viele, die so sind wie ich. Nur weiß es niemand. Und du wirst dein Wissen nicht mehr verwerten können.«
Linda Blaine war siegessicher. Daran war auch nichts auszusetzen, nur kannte sie mich noch nicht. Man nannte mich den Geisterjäger, und dieser Name kam nicht von ungefähr. Ich hatte schon mit zahlreichen Geschöpfen der Hölle gekämpft und sie letzten Endes auch besiegt. Es waren mächtige Dämonen und unheimliche Gegner darunter, wie zum Beispiel Doktor Tod, dem ich meine sichelförmige Narbe auf der rechten Wange verdankte.
»Machen Sie sich nicht unglücklich, Mrs. Blaine«, rief ich. »Sie werden verlieren. Wir könnten uns zusammentun und gemeinsam gegen Asmodis kämpfen. Vielleicht kann ich Sie noch vor dem Schlimmsten bewahren.«
Sie fauchte mich regelrecht an. Das Auge in ihrer linken Gesichtshälfte schien zu glühen. Hass strömte mir entgegen. Ich fühlte ihn fast körperlich, und über meinen Rücken rann eine Gänsehaut.
Nein, diese Kreatur war nicht zu bekehren. Sie war nur noch zu besiegen!
In ihr steckte eine höllische Kraft. Das bewies sie mir, als sie mit einem einzigen Hieb ihrer rechten Klaue den Tisch, der uns trennte, zur Seite fegte. Das schwere Möbel kippte um, prallte gegen eine kleine Kommode und brachte sie zu Fall.
Ich ließ meine Beretta stecken, wollte versuchen, die Frau mit den bloßen Fäusten zu überwältigen. Sie war das Bindeglied zwischen mir und Asmodis, sie wußte, was der Höllenfürst noch alles vorhatte. Ich mußte sie am Leben lassen, wollte ich sie aushorchen.
Ihre gekrümmten Finger wollten meinen Hals umklammern. Ich schlug die Hände weg,
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