0013 - Geister-Roulett
genug zu tun, um zu mir selbst zu finden.
Der Schlag hatte mich glücklicherweise nicht voll getroffen. Auch die Anzeichen einer Gehirnerschütterung spürte ich nicht, nur ein dumpfes Hämmern und Pochen unter meiner Schädeldecke, das mich an ein Bergwerk erinnerte.
Erhellt wurde mein Gefängnis durch eine Leuchtstoffröhre, deren kaltes Licht mich blendete und außerdem nicht dazu beitrug, die Schmerzen in meinem Kopf zu verringern. Ich drehte deshalb das Gesicht zur Seite, hielt es aus dem unmittelbaren Bereich der Röhre.
Große Angst hatte ich nicht. Die Burschen wollten etwas von mir, sonst hätten sie mich sicherlich längst umgelegt. So rechnete ich mir eine Chance aus, doch noch aus diesem Gefängnis herauszukommen.
Gespannt war ich auf diesen Dr. van Cordtland. Daß er nicht der Schwarze Tod in einer seiner vielfältigen Masken war, das wußte ich bereits von Linda Blaine. Sie sagte, Asmodis selbst würde sich hinter der Maske verbergen. Stimmte das, dann gute Nacht, John Sinclair.
Dann war mein Leben weniger wert als das eines Goldfischs in der Wüste.
Ich schüttelte die trüben Gedanken ab und blieb ruhig auf der harten Pritsche liegen. Geräusche hörte ich nicht. Die dicken Mauern schirmten alles ab.
Langsam verebbten die Kopfschmerzen, nur der dumpfe Druck blieb. Er ließ sich einigermaßen ertragen.
Meine Gedanken wanderten zu Suko. Sicher wußte mein chinesischer Partner längst, daß etwas nicht stimmte. Unsere Kontaktgespräche hatte ich nicht aufrechterhalten können. Ich hoffte, daß Suko die Mauern überwunden hatte und sich bereits auf dem Gelände des Sanatoriums befand.
Vorwürfe machte ich mir, weil ich die beiden Frauen mit in den Fall hineingezogen hatte. Sollten Rebbie Jones und ihre Mutter nicht mehr am Leben sein, würde ich diese Dämonenbrut hetzen bis zum Ende aller Tage.
Aber auch von Bill Conolly hatte ich keine Spur gesehen. Was mochte mit ihm geschehen sein? War er überhaupt noch am Leben? Allein der Gedanke daran ließ Schauer über meinen Rücken rieseln.
In diesem verdammten Fall, der so harmlos begonnen hatte, ging auch alles schief.
Schritte schreckten mich aus meinen Gedanken. Ich horchte auf. Dem Geräusch der Tritte nach zu urteilen mußten sich mehrere Personen meinem Gefängnis nähern.
Oder gingen sie vorbei?
Nein, die Schritte verklangen vor der Eisentür.
Ein Schlüssel drehte sich im Schloß. Wenig später schwang die Tür quietschend nach innen. Drei Männer betreten mein Gefängnis.
Zuerst sah ich die zwei Graukittel, mit denen ich auch draußen schon gekämpft hatte.
Ihnen folgte Dr. van Cordtland.
Obwohl ich ihn zuvor noch nie gesehen hatte, konnte er kein anderer sein.
Die Kittelträger traten zur Seite. Van Cordtland und ich musterten uns.
Ich sah das hagere Gesicht, den Knebelbart am Kinn, die kalten Augen, die hervorspringende Nase und den strichdünnen Mund. Er trug einen nachtblauen Smoking, dazu ein blauschillerndes Seidenhemd und eine breite dunkelblaue Fliege. Auf mich wirkte er wie ein Gentleman, der sich für einen Theaterbesuch angekleidet hatte. Allerdings nur auf den ersten Blick.
Der zweite Blick lehrte mich, die Menschenverachtung in seinem Gesicht zu lesen. Und mir wurde klar, daß ich von diesem Mann keine Gnade erwarten durfte.
Daran änderte auch nichts der elegante Anzug. Roger van Cordtland war ein Teufel!
Er bewegte kaum die Lippen, als er sprach. Und er sagte nur zwei Worte, in die er jedoch alles legte, was er für mich, seinen Gegner empfand.
»John Sinclair!«
Hass, Verachtung und Triumph. Diese Eigenschaften hielten sich bei seiner Anrede die Waage.
Ich gab mich gelassen, obwohl es mir verdammt schwerfiel, dem Blick dieser kalten Augen zu widerstehen.
»Meinen Namen kennen Sie ja«, sagte ich. »Darf ich dann den Ihren erfahren?«
»Sie können mich Roger van Cordtland nennen«, erwiderte er.
»Und ich dachte an Asmodis.«
Er gab darauf keine Antwort, sondern lächelte nur hintergründig. Seine beiden Gorillas beobachteten mich mit lauernden Blicken. Ihnen entging nicht die kleinste Bewegung.
Ich riskierte es und setzte mich behutsam auf. Die Wächter gingen jeweils einen Schritt vor, doch van Cordtland stoppte sie mit einer Handbewegung.
»Laßt ihn«, sagte er. »Mr. Sinclair wird nicht so dumm sein und sich mit euch anlegen.«
Ich grinste. »Man kann nie wissen…«
In van Cordtlands Augen funkelte es. »Lassen Sie ihre dummen Reden, Sinclair. Es ist Ihnen doch klar, daß Sie dieses Sanatorium
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