0016 - Ich gewann die letzte Runde
überrumpeln zu können.
Ich veränderte meine Lage nicht. Sehr genau überlegte ich mir jede Bewegung, um so schnell über Stenless herfallen zu können, daß er weder Zeit zur Gegenwehr noch zu einem Schrei fand. Nur ein ganz klein wenig drehte ich mich mehr auf das Gesicht, so daß ich die Arme aufstützen und beim Aufspringen zu Hilfe nehmen konnte.
Ein letzter Atemzug, ein kurzes Zusammenbeißen der Zähne, ein Sammeln aller Kräfte, dann tobte ich hoch und nach vorn, und ich war über Stenless, bevor er noch die Zeit fand, den Kopf zu wenden.
Ich ließ ihn zu Boden gleiten. Er lag still und rührte sich nicht.
Ein erstes Drittel, nein, vielleicht nur ein Zehntel meines Planes war geglückt, und schon passierte die erste Panne. Ich hatte noch nicht die Fesseln der Oberarme abgestreift, da erschien Bobbeck, der Zwerg, in der Verbindungstür zwischen Heizungs- und Kohlenkeller.
»Mach nicht so einen Krach, Sten«, wisperte er. »Togo schläft.«
Er erkannte mich. Sein häßliches Gnomengesicht verzerrte sich vor Entsetzen. Ich stürzte vor.
Instinktiv wich er zurück in den Heizungskeller, aber er schrie nicht.
Ich bekam ihn nicht zu fassen, stolperte die wenigen Stufen zwischen den beiden Kellerräumen hinunter, blieb aber auf den Füßen, warf mich erneut nach vorn und erwischte Bobbeck.
Ich hob ihn hoch. Er war nicht schwer. Er trat wild um sich. Zwei Schritte vor uns ragte neben dem Heizungsofen der Käfig des Orang-Utans. Das Tier stand vom an den Gittern, die Arme links und rechts ausgebreitet und glühte mich mit seinen unheimlichen Augen an. Ich schleuderte Bobbeck von mir. Er prallte gegen das Gitter.
Der große Affe starrte auf den betäubten Zwerg, dann auf mich. Er öffnete sein Maul, zeigte seine Eckzähne und stieß ein langes schrilles Heulen aus. Seine riesigen Hände rüttelten an den Eisenstäben.
Zum Henker, ich hatte keine Zeit, mich mit ihm zu beschäftigen. Mit zwei Sätzen sprang ich in den Kohlenkeller zurück. Ich riß an den Seilen, die immer noch meine Oberarme hinderten. Es war nicht mehr schwer, sie abzustreifen.
Ich bückte mich und tastete den immer noch bewegungslosen Stenless ab. Er trug nichts bei sich, was einer Waffe ähnlich sah. Ich blickte mich in dem Kohlenkeller um. Auch nichts, nicht einmal eine Kiste, aus der man eine Latte hätte brechen können.
Ich überlegte ein paar Sekunden lang. Wenn sie eine Waffe hatten, stand es immer noch nicht gut um mich, aber ich glaubte nicht, daß sie besonders gut bewaffnet waren. Bisher hatte ich nicht mehr Waffen bei ihnen gesehen als den Revolver, mit dem Face mich überrumpelt hatte, und Fires Gewehr. Außerdem verfügten sie noch über meinen 38er. Aber es war anzunehmen, daß sie alle diese Waffen für das Unternehmen zur Bank mitgenommen hatten.
Eine große Auswahl von Möglichkeiten stand mir auch nicht mehr zur Verfügung. Ich mußte hinübergehen in das ehemalige Verwaltungsgebäude, um diejenigen auszuschalten, die sich dort befanden.
Ich hoffte, daß es nicht mehr als höchstens drei sein würden, und wenn ich Glück hatte, konnte ich wenigstens einen davon ebenso unschädlich machen wie Stenless und den Zwerg.
Immer noch tobte nebenan der Orang-Utan. Ich mußte mich beeilen, sonst fiel sein Geschrei den anderen auf, und sie schauten nach dem Affen.
Ich nahm die wenigen Stufen der Treppe und streckte den Kopf vor, aber ich zog ihn sofort wieder zurück, denn Snake näherte sich vom Haupthaus her.
Ich preßte mich seitlich an die Kellerwand. Fünf Sekunden später verdunkelte seine Gestalt den Eingang.
»Hallo, Sten!« rief er. Ich warf mich nach vorn, packte seine Beine und zerrte ihn die Treppe hinunter. Er machte keine Gegenbewegung mehr. Wieder sprang ich auf die oberste Stufe, sah hinaus auf den Hof. Wer würde auftauchen? Und wie viele würden es sein, die noch in dem Gebäude waren?
Es war nur noch einer. Tob Brandow stürzte aus dem Haus, nur mit Hose und Netzhemd bekleidet und mit leeren Händen. Wie eine Dampfwalze rückte er an.
Ich lächelte. Mit einem konnte ich fertig werden, selbst wenn es ein Bursche von den Ausmaßen Brandows war. Ich trat ins Freie.
Tob stoppte bei meinem Anblick wie ein Stier in der Arena, der plötzlich den Matador sieht. Auf acht oder zehn Schritte standen wir uns gegenüber.
»So, Kleiner«, sagte ich langsam. »Endlich können wir beide mal eine faire Runde miteinander ausfechten.«
Die Wut schüttelte ihn so, daß er kaum einen Laut herausbrachte.
»Ich…
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