002 - Flucht von Phönix
seltsame Unruhe. Wichtige Dinge geschahen um ihn herum. Das Erscheinen der Fremden musste ihn mehr aufgeregt haben als er sich selbst eingestehen wollte, eine andere Erklärung für seine Unruhe fand er nicht.
Zwei Tage war es her, dass seine Stammesbrüder die sieben Fremden überwältigt und gefangen hatten. Obwohl die Riesen direkt aus dem Schattentor gekommen waren, fiel es Pieto schwer, daran zu glauben, dass sie leibhaftige Dämonen seien. Er wusste nicht, wie es seinen Stammesbrüdern ging, aber er für seinen Teil hatte sich Dämonen immer ganz anders vorgestellt. Groß vor allen Dingen, noch viel größer, als die Fremden es waren. Und scheußlicher.
Tausendmal scheußlicher.
Als Schönheiten konnte man die Wesen mit ihrer hellen Haut und den spärlichen Haaren beim besten Willen nicht bezeichnen. Nur einer war von geringfügig dunklerer Farbe, doch sie reichte bei weitem nicht an das matte Schwarz der Bulowas heran.
Aber trotz all ihrer Hässlichkeit hatten die Fremden doch nichts mit den scheußlichen Ungetümen gemein, als die Pieto sich die Dämonen der Schattenzone stets vorgestellt hatte. Weder besaßen sie eine schuppige Panzerhaut, noch einen meterlangen Echsenschwanz und von Klauen, die ausreichten, einen Bulowa in der Luft zu zerreißen, konnte schon gar keine Rede sein.
Wenn diese Fremden wirklich Dämonen waren, dann zumindest äußerst sonderbare.
Aber Pieto war davon gar nicht einmal überzeugt. Er wusste, wie ketzerisch seine Gedanken waren und dass er darüber mit niemandem würde reden können. Pieto wollte keineswegs genauso wie die Fremden enden. Er musste seine Gedanken für sich behalten, so schwer ihm das auch fallen mochte. Aber das war er ja ohnehin schon gewohnt. Zu vieles unterschied ihn von seinen Stammesbrüdern, als dass sie seine Gedanken hätten verstehen können.
Es war auch denkbar, dass er sich täuschte. Es gab viele Verkleidungen, die die Dämonen wählen konnten. Möglicherweise hatten sie diese Form gewählt, um die Bulowas zu täuschen. Pieto wusste es nicht, aber es erschien ihm auch wenig sinnvoll. Die äußere Erscheinung der Fremden war nicht dazu angetan, jemanden über ihre wahre Natur hinwegzutäuschen. Da mochte es Tausende Tarnungen geben, die unauffälliger waren. Und wenn die Dämonen wirklich über die Kraft verfügten, die man ihnen nachsagte, dann hätten sie sich sicherlich auch nicht so leicht überwältigen lassen.
Ein leises Geräusch schreckte ihn aus seinen Überlegungen auf. Verwirrt schüttelte Pieto den Kopf. Was machte er sich Gedanken über die Gefangenen? Es war beschlossene Sache, sie zu opfern, wenn die Sonne das zweite Mal aufgegangen war. Der glückliche Ausgang der heutigen Jagd nach den Misserfolgen der letzten Wochen hatte gezeigt, wie richtig dieser Entschluss war.
Er wandte sich dem Ankömmling zu. Es war Dolk.
Ausgerechnet Dolk, der Sohn von Namur, dem Häuptling. Pieto mochte ihn nicht besonders. Wenn er es sich recht überlegte, mochte ihn eigentlich kaum jemand und daran war Dolk selbst schuld. Er war nicht nur ein Feigling, sondern zudem auch noch ein Angeber. Und er war sich seiner Position als Sohn des Häuptlings durchaus bewusst und nutzte sie nach Kräften aus.
»Träumst du?«, fragte er mit boshafter Gehässigkeit in der Stimme. »Ich dachte, du sollst unser Dorf bewachen.«
Pieto spannte sich. Offenbar war Dolk heute besonders schlechter Laune und das war ein Grund für besondere Vorsicht. Es wäre nicht das erste Mal, dass er sich für irgendwelche Kleinigkeiten, die jemand ihm angetan hatte, dadurch rächte, dass er jede noch so geringe Nachlässigkeit seinem Vater meldete. Gerade Pieto musste sich vor dem Häuptlingssohn in acht nehmen. Sein Jagderfolg musste dem Gleichaltrigen, der selbst noch nie an einer Jagd hatte teilnehmen dürfen, ein Dorn im Auge sein.
Dolk schien das Schweigen seines Gegenübers als Zustimmung aufzufassen.
»Wie wäre es denn, wenn du außerhalb deiner Wache träumen würdest?«, schlug er freundlich vor. Auf eine Art freundlich, für die Pieto ihn am liebsten nach Strich und Faden verprügelt hätte. Mühsam beherrschte er sich.
»Was willst du?«, fragte er so ruhig, wie es ihm möglich war. »Wenn du mich überraschen willst, solltest du nicht wie ein Worpa durch die Gegend trampeln. Bei dem Lärm, den du veranstaltet hast, war es überflüssig zu fragen, wer sich da nähert, weißt du?«
Zornesröte überzog Dolks Gesicht. Er hatte den Spott registriert, aber er war klug
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