0025 - Das Geheimnis des Spiegels
Barbazon das Hotel, in dem er wohnte. Er bezahlte mit Scheck und bat den Antiquitätenhändler: »Packen Sie mir den Spiegel gut ein. Er muß auf eine lange Schiffsreise gehen.«
Barbazon nickte. »Er wird heil in Kalkutta ankommen, das verspreche ich«, sagte er, sichtlich erleichtert.
Nachdem Earl Baxter den Antiquitätenladen verlassen hatte, machte Barbazon den Spiegel für den Transport nach Indien fertig. Er rief anschließend einen Bekannten an, der für ihn alle Lieferungen besorgte, und bat ihn, den Spiegel in Baxters Hotel zu bringen.
Als der unheimliche Spiegel auf dem Weg dorthin war, atmete Allan Barbazon erlost auf.
Die Gefahr war vorüber. Jetzt konnte nichts mehr geschehen.
Der Antiquitätenhändler schloß den Laden ab und eilte nach oben. Er wollte seiner Frau erzählen, daß er den Spiegel verkauft hatte.
Norma saß auf dem. Bett. Sie trug einen Morgenmantel. Ihr Haar war zerzaust und hing ihr wirr ins Gesicht. Durch diesen Haarvorhang starrte sie ihren Mann wütend an.
»Du hast kein Recht, mich einzuschließen!« keifte sie gereizt.
»Ich habe es zu deinem eigenen Schutz getan, Norma.«
»Du darfst mich nicht wie eine Gefangene behandeln. Das steht dir nicht zu!«
»Ich weiß, deshalb lasse ich die Tür wieder offen. Der Spuk ist vorbei, Norma. Wir brauchen uns keine Sorgen mehr zu machen. Wir brauchen keine Angst mehr zu haben. Es kann uns nichts mehr geschehen.«
»Ich verstehe nicht, wovon du redest!« sagte Norma Barbazon zänkisch.
»Ich spreche von diesem unheimlichen Spiegel. Der Teufel muß mich geritten haben, als ich ihn ersteigerte. Es ist noch einmal gut gegangen.«
»Wieso?«
»Ich habe den Spiegel verkauft. Er ist nicht mehr in unserem Laden, Norma. Wir können aufatmen.«
Die schwere Frau richtete sich ruckartig auf. »Du hast ihn verkauft? Du hast den Meister verschachert?« schrie sie wütend.
»Welchen Meister? Von wem sprichst du, Norma?«
»Sein Geist befindet sich im Spiegel. Er hat mir befohlen, ihn zu befreien. Ich wollte es tun. Du hast mich daran gehindert. Und nun hast du ihn auch noch verkauft!«
Norma drehte plötzlich durch. Sie sprang mit einem wilden Schrei auf. Ihre Züge verzerrten sich zu einer erschreckenden Fratze. Sie griff nach der Nachttischlampe, riß das Kabel ab, schleuderte die Lampe nach ihrem Mann. Dann stürzte sie sich auf ihn um ihn mit dem schwarzen Kabel zu erdrosseln.
Er kämpfte verzweifelt um sein Leben.
Um ein Haar hätte es Norma geschafft. Es gelang Barbazon mit Müh und Not, sich von seiner Frau loszureißen. Er stürmte aus dem Zimmer, warf die Tür hinter sich zu und schloß ab. In letzter Sekunde. Schon prallte ihr fülliger Körper gegen das Holz. Sie brüllte, schrie und tobte noch viel ärger als beim ersten Mal. Barbazon wankte verdattert von der Tür weg.
Fassungslos starrte er sie an. Immerzu schüttelte er den Kopf und preßte heiser hervor: »Sie hat den Verstand verloren. Sie ist gemeingefährlich. Ich muß sie in eine Anstalt schaffen lassen, sonst bringt sie mich noch um.«
***
Great Eastern Street 13.
John Sinclair fand um die Ecke einen Parkplatz. Er stieg aus dem Bentley und legte den Rest des Weges zu Fuß zurück. Der Antiquitätenladen hatte keine besonders attraktive Fassade.
Er war mit schwarzem Marmor eingerahmt und wirkte wie die Filiale eines Bestattungsunternehmens. Goldbuchstaben verkündeten, daß es hier ANTIQUITÄTEN zu kaufen gab. John erreichte die Tür.
Er wollte sie aufstoßen, doch sie war abgeschlossen. Erst jetzt fiel ihm der Zettel auf, der mit Klebestreifen an der Innenseite des Glases befestigt war.
»BIS AUF WEITERES GESCHLOSSEN.«
Die Buchstaben schienen in großer Eile auf das Papier geschrieben worden zu sein. Vielleicht war der Schreiber nervös gewesen, denn sämtliche Striche waren arg verzittert.
John warf einen Blick in den Laden. An der Wand hingen Gobelins. Holzputen standen auf kunstvoll verzierten Podesten.
Es gab kleine Intarsienschreibtische und alte Truhen, Spinnräder, Teetische und wertvolle Schachbretter aus Elfenbein. Aber nirgendwo konnte John den Spiegel entdecken. War er zu spät gekommen?
Im Nebenhaus gab es ein Fotogeschäft. John betrat es und fragte den Verkäufer. »Wissen Sie, wo ich Mr. Barbazon finden kann?«
»Tut mir leid, Sir«, sagte der schmale Bursche. Er trug einen weißen Arbeitsmantel. Aus der Brusttasche ragte ein braunes Brillenetui.
»Er hat einen Zettel an die Tür geklebt, auf dem ›Bis auf weiteres geschlossen‹ steht«,
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