0029 - Das Ungeheuer aus dem Eis
Schlafsäcke hinter ihr her. Er schob zwei Gewehre und eine Pistole nach, brachte keuchend Nahrungsmittel und Licht, und was sonst noch in der Eile an seinen Fingern hängen blieb.
Im nächsten Augenblick brach das Unwetter los.
Kolgrim wurde vom heranpeitschenden Sturm umgerissen.
Zamorra half ihm wieder auf die Beine.
Kolgrim schmetterte die Helikoptertür zu. Dann wankten sie auf den engen Höhleneingang zu.
Der Sturm überfiel die beiden Männer mit einer solchen Wucht, daß sie im ersten Augenblick nur danach trachteten, ihr Gesicht vor den peitschenden Schneemassen zu schützen.
Sie waren kaum imstande, sich auf den Beinen zu halten.
Sie hatten Schwierigkeiten, zu atmen.
Der Hubschrauber – obwohl nur wenige Meter von ihnen entfernt – versank hinter einer weißen Wand. Immer wieder mußten die Männer halb knieend die wilde Heftigkeit des Sturmes über sich ergehen lassen.
Endlich hatten sie es aber dann geschafft. Eng aneinandergepreßt, zusammengekauert hockten sie in der selbst gegrabenen Eishöhle, und ein Körper wärmte den anderen, während draußen der Teufel zu wüten schien.
***
Sie waren gezwungen, die ganze Nacht in dieser Höhle zu verbringen.
Zum Glück waren die Schlafsäcke gut isoliert. Sie ließen keine Kälte durch. Man konnte in ihnen getrost auf dem blanken Eis schlafen, ohne Gefahr zu laufen, an Unterkühlung zu sterben.
Pall Kolgrim hatte inzwischen weitergegraben, und Professor Zamorra hatte ihm dabei geholfen.
Nun hatten sie genügend Platz. Sie konnten sich ausstrecken, wenn ihnen danach war, sie konnten sogar aufrecht stehen, wenn sie wollten.
Kolgrim hatte die Höhle zu einer kleinen Festung ausgebaut.
»Jetzt kann uns dieser tollwütige Schneesturm nichts mehr anhaben«, hatte er gesagt, als es Mitternacht geworden war.
»Wie lange dauern solche Unwetter?« fragte Nicole Duval. Nur ihre Nasenspitze ragte aus dem wohlig warmen Schlafsack heraus.
»Zwei, drei Stunden«, gab Pall Kolgrim zurück. »Manchmal auch einen Tag, oder zwei. Selten aber länger als drei Tage. Haben Sie Angst?«
Nicole schüttelte den Kopf.
»Ich finde es richtig nett hier drin.«
»Wir müssen nur darauf achten, daß diese Öffnung dort oben nicht zugeschneit wird, sonst würden wir ersticken«, sagte Kolgrim.
Er lehnte sich an die glitzernde Wand. »Ich schlage vor, Sie schlafen jetzt.«
»Und Sie?« fragte Zamorra. »Sind Sie nicht müde?«
»Einer von uns muß wach bleiben.«
»Wir werden fifty-fifty machen, okay?«
»Okay. Jetzt bin erst mal ich dran.«
»Einverstanden«, sagte Zamorra. »Und in drei Stunden wecken Sie mich.«
»Worauf Sie sich verlassen können, Zamorra.« Pall Kolgrim schaltete die Taschenlampe ab, die die Höhle wie ein Scheinwerfer erhellt hatte.
Er lauschte dem verrückten Toben.
Und er weckte Zamorra in dieser Nacht nicht, sondern ließ ihn schlafen.
Am nächsten Morgen raste das Unwetter immer noch. Es trieb seine Stürme durch die grenzenlose Schneewüste. Aber seine Geräusche klangen nun nicht mehr ganz so bösartig. Hin und wieder ebbte das Geheul sogar stark ab.
»Warum haben Sie mich nicht geweckt?« fragte Zamorra vorwurfsvoll.
Pall Kolgrim lächelte müde.
»Es war nicht nötig.«
Sie frühstückten gemeinsam. Dann warf sich Kolgrim aufs Ohr.
Doch schon nach zwei Stunden war er wieder da. Er versicherte, mit zwei Stunden Schlaf ausreichend bedient zu sein.
Das Unwetter hatte inzwischen noch mehr von seiner Wildheit verloren.
»Ich seh’ mal nach, was ich für uns tun kann!« sagte Pall Kolgrim und erhob sich.
»Kann ich Ihnen irgendwie an die Hand gehen?« bot sich Zamorra an.
»Nicht nötig. Bin gleich wieder zurück.«
»Was haben Sie vor?«
»Ich sehe mir mal das Funkgerät an. Möglich, daß die Störung nicht bei uns lag. Dann kann ich erst mal Verbindung mit meinen Kollegen aufnehmen, ihnen sagen, daß sie sich weder um den Vogel noch um uns Sorgen zu machen brauchen und daß wir weiterfliegen, sobald es das Wetter wieder zuläßt. Bei der Gelegenheit werden mir die Burschen auch gleich sagen können, wie lange dieser idiotische Wind noch zu heulen gedenkt. Bis gleich also, Herrschaften!«
Kolgrim kroch aus der Höhle.
Er blieb wirklich nicht lange weg.
Als er wiederkam, war sein Gesicht verstört.
»Kolgrim!« stieß Zamorra erschrocken hervor. »Was ist mit Ihnen los?«
Der Pilot hämmerte mit der Faust gegen die blanke Eiswand.
»Scheiße!« schrie er, ohne auf Nicole Rücksicht zu nehmen »Verfluchte, stinkende
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