1430 - Der Vampir-Clown
Der Mann zögerte einen Moment. Er wiederholte den Namen und schien sich dabei jeden Buchstaben auf der Zunge zergehen zu lassen. »Interessant, wirklich.«
»Findest du?«
»Ich liebe Frauen mit ungewöhnlichen Namen. Ich bin sicher, dass wir viel Spaß miteinander haben werden.«
»Mal schauen…«
»Doch, doch…«
Justine Cavallo, die blonde Blutsaugerin, gab keine Antwort. Sie beobachtete den Fahrer von der Seite, der sich ebenfalls vorstellte.
Auch er sagte nur seinen Vornamen.
»Ich heiße Walter.«
»Na ja…«
Walter lachte. »Klar, das ist kein Name, der auffällt. Aber darauf kommt es ja nicht immer an – oder?«
»In der Regel nicht. Es gibt andere Qualitäten.«
»Das meine ich auch.«
Walter hatte den Motor des dunklen Volvos ausgestellt. Das Fahrzeug stand am Rand einer wenig befahrenen Straße, und Justine schaute nach rechts. Ihr reichte ein Blick, um das Wichtigste erkennen zu können.
Ein schmales Gesicht. Ein hartes Profil. Bartschatten an den Wangen. Haare, die sehr dicht wuchsen und straff nach hinten gekämmt waren. Ein vorspringendes Kinn, das recht eckig war und wie ein kleiner Felsen wirkte.
Die dunkle Lederjacke, das etwas hellere Hemd darunter, eine ebenfalls dunkle Hose. So war der Fahrer gekleidet. Man hätte es auch als Mafia-Outfit bezeichnen können. Es fehlte nur noch die Sonnenbrille mit den großen Gläsern.
Dass sich Justine Cavallo an dieser Stelle aufgehalten hatte, war kein Zufall. Es gehörte zu ihrem Plan, den sie zusammen mit ihrer Mitbewohnerin Jane Collins ausgeheckt hatte. Sie wollten sich um das Verschwinden mehrerer Frauen kümmern. Sie alle waren in den Sommermonaten wie vom Erdboden verschluckt worden. Man hatte sie nie gefunden. Weder tot noch lebendig.
Man war von offizieller Seite der Meinung gewesen, dass sich die Frauen einfach aus dem Staub gemacht hätten, weil sie ihr Leben nicht so fortführen wollten, und so war nicht allzu intensiv gesucht worden. Am Anfang schon, später nicht mehr.
Das hatte die Detektivin Jane Collins nicht hinnehmen wollen.
Durch einen Zufall hatte sie einen Menschen kennen gelernt, dessen Frau ebenfalls zu den Verschwundenen gehörte. Als der Mann erfuhr, welchem Beruf Jane nachging, hatte er sie gebeten, sich um die Aufklärung zu kümmern. Ein verdammt harter und schwieriger Job, weil es nichts gab, wo Jane ansetzen konnte. Sie bewegte sich praktisch in einem großen und recht einsamen Gebiet, in dem es nur wenige Straßen gab.
Zu viel für eine einzelne Person, und deshalb hatte Jane Collins Justine Cavallo gebeten, sie zu unterstützen.
Die blonde Vampirin freute sich natürlich, wieder aktiv sein zu können, und vielleicht fiel ja noch der eine oder andere Schluck Blut für sie ab…
Etwas unter der Motorhaube erzeugte leicht orgelnde Geräusche, danach war der Volvo fahrbereit.
»Wo geht es hin?«
Walter lachte. »Lass dich überraschen.«
»Ach ja?«
»Doch, das musst du.«
»Ich bin gespannt.«
»Das sollst du auch.«
Sie hatten den Rand der Straße längst verlassen und fuhren auf der Mitte weiter. Angst kannte Justine nicht. Auch wenn sie aussah wie ein normaler Mensch – zwar etwas überzogen, aber immerhin –, so war sie keiner. Sie war eine Blutsaugerin, eine blonde Bestie, aber sie hatte sich auf die Seite der Menschen geschlagen, sodass man bei ihr manchmal nicht wusste, was nun überwog.
Blut musste sie immer noch trinken. Aber sie hauste nicht in einem Sarg, den sie erst in der Nacht verließ, sondern lebte bei der Detektivin Jane Collins im Haus. Sie hatte die Detektivin praktisch dazu gezwungen, und Jane hatte sich mittlerweile daran gewöhnt. Ebenso wie ihr Freund John Sinclair, der Geisterjäger.
Walter fuhr nicht schnell. Er bewegte sich wie jemand, dem die Zeit nicht davonlief. Er gab sich sogar entspannt, und er warf Justine hin und wieder einen Blick zu.
»Was ist?«
»Nichts.«
»Warum starrst du mich dann so an?«
»Du siehst gut aus.«
»Das weiß ich selbst.«
»Du bist verdammt scharf.«
Sie warf ihm einen Blick von der Seite zu. »Willst du es ausprobieren?«
Sein Lachen klang hart. »Ich hätte schon Lust, darauf kannst du dich verlassen.«
Die blonde Bestie lächelte nur und hob die Schultern. Sie hütete sich davor, den Mund zu öffnen. Walter brauchte nicht zu sehen, um wen es sich bei ihr tatsächlich handelte.
Wie nebenbei fragte sie: »Lauerst du immer irgendwelchen einsamen Frauen auf?«
»Nur im Sommer. Im Winter ist es mir zu kalt.«
»Kann ich
Weitere Kostenlose Bücher