0029 - Ich, das Gift und Mister X
Kanne und einem Berg Sandwiches ab, schlug die Tür zu und bückte sich wieder, um das Tablett hochzunehmen.
Das hätte er doch lieber nicht machen sollen, denn meine Beine waren nicht weit genug von ihm entfernt, und besser bewegen konnte ich mich auch. Mit meinen Füßen knallten ihm das Tablett aus der Hand, und die Kanne mit dem heißen Kaffee flog ihm ins Gesicht.
Die Riese schrie wie am Spieß, aber nicht lange. Seine Hände waren unwillkürlich hochgezuckt.
Ich schnellte hoch, und ehe ich stand, fielen die Stricke von mir ab. Der Gangster griff stöhnend nach dem Revolver, der im Bund seiner Hose steckte. Auch ich griff, aber nach seinen Fingern, bog sie nach hinten, riss ihn mit der rechten die Waffe weg und presste ihm deren Mündung in die Magengrube.
Phil, der sich eben aus seiner. Umhüllung schälte, schimpfte leise, es sei schade um den Kaffee. Ehe er dann Wheeler verpackte, sammelte er erst die Sandwiches auf.
Drei Minuten später lag unser Freund sauber verschnürt und, so gut es ging, verbunden auf den Armeedecken, und wir aßen Abendbrot. Die Sandwiches waren gut, sehr gut sogar. Der Kaffee war zwar futsch, aber aus der Hosentasche unseres bulligen Zimmergefährten hatten wir eine Flasche Bourbon-Whisky geborgen, der wie flüssige Glut durch die Kehlen rann. Von der ungemütlichen Kühle ringsum merkten wir bald nichts mehr.
»Jetzt werden wir eine Stippvisite bei den anderen machen«, sagte ich, als wir, satt und gestärkt, eine Zigarette rauchten.
»Woher weißt du, dass hier noch irgendwo andere sind?«, fragte Phil.
»Aber Kleiner! Sieh’ dir mal das Tablett und die Kanne an.«
»Menschenskind, natürlich, du hast recht! Die müssen hier in der Nähe eine richtige Kantine haben.« Er erhob sich und ging zu Wheeler hinüber, »Na los, Goliath, erzähle uns schon, wo deine Busenfreunde sind.«
»Nichts, gar nichts hört ihr von mir!«, fauchte der Gangster voller Hass.
Wir konnten uns nicht mit ihm aufhalten. Von seiner Mahlzeit hatte er natürlich nichts abbekommen, dafür bekam er jetzt einen guten Knebel. Wir zurrten ihn obendrein an einem der Wandbretter fest, brachten den Inhalt seiner Taschen in unsrigen unter und verließen dann die ungastliche Stätte. Die Tür schlossen wir mit dem Schlüssel, den wir bei Wheeler gefunden hatten, ordnungsgemäß zu.
***
Stockdunkel war es draußen. Ein paar Sterne gab es aber, die uns matt den Weg beleuchteten, als sich unsere Augen an die Finsternis gewöhnt hatten. Leicht hatten wir es trotzdem nicht, denn es regnete noch immer. Es goss sogar in Strömen, und ich bildete mir ein, dass sich der Regen noch verstärkt hatte. Wir wandten uns aufs Geratewohl nach links und huschten an ein paar Dünen vorbei, die wir sorgfältig nach getarnten Türöffnungen absuchten. Es wurde Viertel nach zehn, und wir hatten immer noch keine Kantine gefunden.
»Wir haben die verkehrte Seite erwischt, Phil«, sagte ich übel gelaunt, denn mein Anzug hing mir klatschnass am Körper. »So weit kann das Nest nicht sein, sonst wäre der Kaffee nicht mehr heiß gewesen!«
Also zurück und weitergesucht! Kurz vor halb elf sahen wir beide fast gleichzeitig den feinen Lichtspalt an einer Düne. Wir schlichen näher und hörten Männerstimmen.
»… hätten die beiden G-men vielleicht doch gleich erledigen müssen«, sagte jemand unfreundlicherweise. Gleich wurde er aber wieder nett und fuhr fort: »Der Chef weiß doch ganz genau, wie verdammt gefährlich diese beiden Greifer sind.«
»Es wird manches übertrieben«, versetzte ein anderer.
»Nimm einem von ihnen die Stricke ab und geh’ an ihn heran!«, riet der erste Sprecher wütend. »Du wirst mit dem einen genauso viel Ärger haben wie sonst mit einem Dutzend Cops. Cotton und Decker sind hier die besten Pferde im FBI-Stall.«
Mir tat die Hochachtung des Gangsters aufrichtig wohl. Da ich durch den Spalt in die Kantine hineinblickte, konnte ich mir den Gent auch ansehen, der uns so lobte. Es war übrigens Charley Harris persönlich.
Der Raum, in dem die Bande saß, war tatsächlich weit gemütlicher als das Loch, in dem wir stundenlang gelegen hatten. Es gab richtige Stühle, einen Tisch und sogar ein Sofa in dem Salon. Auf diesem Luxusmöbel fläzte sich Harris allein herum.
Im Hintergrund gab es einen kleinen Burschen mit Kopfhörern vor einem Ding mit tausendundeinem Knopf, 52 das nach meiner Meinung ein äußerst modernes Funkgerät war. An der linken Wand lagen auf einer Art Kommode die
Weitere Kostenlose Bücher