0031 - Die Tiefsee-Monster
richtig gewesen, daß der Mann nicht ertrunken war, wie man ihm in Sunion hatte weismachen wollen.
Jetzt drehte sich die Frau halb zu ihren Peinigern um.
Es war Nicole Duval!
***
Diese Erkenntnis ließ dem Professor einen Schauer über den Rücken laufen.
Fieberhaft überlegte er, was er machen sollte.
Die Entscheidung wurde ihm abgenommen.
Wieder stieß die Gestalt mit dem hohen Helmbusch seine Assistentin brutal in den Rücken.
Nicole wankte hoch, stolperte die Stufen zum Kultstein hinauf, verharrte dort kurz und sank dann mit dem Oberkörper auf die gewaltige Steinplatte.
Der Kämpfer, der sie gestoßen hatte, zückte ein Schwert. Wie zu einem Gebet hatte er die Knochenfäuste um den Griff gelegt. Er hob das Schwert leicht an.
Die Klinge glänzte, als wäre sie frisch poliert worden. Die Gestalt verharrte einige Zeit in der Stellung.
Dann hob sie das Schwert hoch über seinen Kopf und holte zu einem Schlag aus, dessen Ziel die Frau vor dem Opferstein war.
Mit einer schlangengleichen Bewegung schlüpfte Zamorra aus seinen Schwimmflossen. Sie hätten ihn nur behindert.
Ein wilder Sprung brachte ihn aus dem nassen Panzer hinein in die Tempelhalle, die eine Welt für sich war.
»Halt!« gellte sein Ruf durch den Raum, wurde von der Decke und der Stirnwand gebrochen und kam als vielfältiges Echo zurück.
Das Ungeheuer mit dem Schwert zuckte herum.
Der Totenschädel leuchtete fahl unter dem Helm hervor. Eine wütende Grimasse drückte den Zorn aus, den das Monstrum empfand, als es des Störenfrieds ansichtig wurde.
Er ließ das Schwert sinken und vollführte mit dem Arm eine befehlende Geste.
Sofort verteilten sich seine Genossen. Sie bildeten einen Halbkreis um den Professor, so, als wollten sie ihn angreifen.
Zamorra rechnete mit dem Schlimmsten.
Er wagte einen Versuch.
Die Tauchmaske vom Kopf zu reißen und das Amulett von seinem Hals zu lösen, war praktisch eine Bewegung. Der Talisman strömte einen Glanz aus, der die Umstehenden zurückweichen ließ.
Zamorra nahm die Gelegenheit wahr und trennte sich von seinen Sauerstoff-Flaschen.
Wie ein schwarzer Todesengel, so stand er den Ungeheuern gegenüber. Wie ein Racheengel aus der Hölle.
Wieder stieß er das Amulett vor. Und die Bestien reagierten und machten wieder einen Schritt zurück. Langsam strebte der Professor auf den Altar zu, vor dem immer noch seine Assistentin kniete.
»Was haben euch diese unschuldigen Menschen getan!«
Laut donnerte seine Stimme durch den Raum.
Der Bursche in der glänzenden Rüstung antwortete nur mit einem Grinsen. Das Feuer in seinen Augen brannte und spiegelte den Haß wider, den er gegen den Eindringling entwickelte.
Zamorra ahnte, daß er etwas getan hatte, das ihm diese Monstren nie verzeihen würden.
Gleichzeitig begriff er aber auch nicht, wie so etwas möglich war.
Das Steinrelief an der Stirnwand sagte ihm, daß es wirklich ein Tempel war, der dem Poseidon geweiht war. Aber war Poseidon nicht immer einer der Götter gewesen, die den Menschen im Grunde gewogen waren und die nur die Frevler hart bestraft hatten?
Wie konnte Poseidon dulden, daß in seinem Tempel so Schreckliches geschah.
Er sollte die Antwort schnell bekommen.
Eine Stimme erfüllte sein Inneres und ließ ihn eins werden mit den Worten, die sie sprach.
»Ich sehe, daß du im Besitz eines Zeichens bist, das uns Göttern wohlbekannt ist. Auch in meiner Zeit hat es Zeichen dieser Art gegeben. Sie wurden meist von Priestern getragen.«
Zamorra erschauerte unter der Stimme, die seinen ganzen Körper von innen her zum Schwingen brachte.
Es war Poseidon, der da mit ihm in Kontakt trat. Ein Gott sprach zu ihm, Unter normalen Umständen hätte das den Professor mit Freude und Stolz erfüllt. Doch jetzt standen zwei Menschenleben auf dem Spiel. Darum drängte er seinen wissenschaftlichen Geist zurück, der die Szene und die Erscheinungen analysieren wollte, wie einen Versuch über paranormale Kräfte und Energien.
»Du hast recht gedacht, Mensch. Poseidon spricht zu dir. Diese Ehre kannst du nur deinem Talisman verdanken, der mir zeigt, daß du würdig bist, mit den Mächten des Jenseits und des Olymp in Verbindung zu treten. So höre denn, was ich dir zu berichten habe. Und lerne das Verstehen. Begreife, daß es Dinge gibt, die des Menschen Geist nicht zu fassen vermag. Und daß es Erscheinungen gibt, gegen die auch ein Gott nicht gefeit ist. Vor Jahrtausenden, weit vor der Geburt eures Gottes, hatte ich meine Heimat in einem Tempel,
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