0031 - Wir durchschauten seine Maske
nicht kennengelernt.«
»Fragen Sie ihn mal nach ein paar Kleinigkeiten.«
»Und zwar nach welchen?«
»Wann er vorige Woche Mittwoch nach Hause gekommen ist — zum Beispiel.«
»Vorige Woche Mittwoch? Sie meinen also die Nacht von Mittwoch zu Donnerstag?«
»Ja, diese Nacht.«
»Hm«, brummte Phil. »Soviel ich weiß, war das die Nacht, in der Martens ermordet wurde, nicht?«
»So?« fragte der Wirt. »Schon möglich. So genau habe ich mir das nicht gemerkt.«
Man merkte ihm an, daß er nicht weiter darüber reden wollte, und wir ließen also das Thema fallen. Der Wirt spendierte selbst ebenfalls eine Lage, und dann setzten wir uns an einen der Tische, weil ein paar Männer hereingekommen waren, die sich an der Theke breitmachten, so daß wir keine Hoffnung haben konnten, mit dem Wirt noch ein unbelauschtes Wort reden zu können.
Wir hatten vielleicht eine halbe Stunde gesessen, als die Tür aufging. Ein Mann von etwa fünfunddreißig Jahren kam herein. Er hatte das markante, energische Gesicht eines Draufgängers, und seine ganze straffe Haltung verriet den Soldaten. Wahrscheinlich war es Bird Brownie, der bekannte Jagdflieger.
Er wurde mit lautem Hallo begrüßt. »Eine Runde für die ganze Bude«, rief er fröhlich. »Jeder mag sich gern das bestellen, was er gern trinkt. Allerdings darf es keine Limonade sein!«
»Der scheint ja gut bei Kasse zu sein«, brummte Phil und musterte den ehemaligen Jagdflieger nachdenklich.
Als hätte Brownie das gehört, kam er an unseren Tisch und sagte: »Die Herren von der Presse, was? Ich bin Bird Brownie. Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
»Natürlich, Mr. Brownie«, sagte ich. »Setzen Sie sich.«
»Fein. Stude, bring uns eine Runde vom Besten.«
Er wandte sich wieder uns' zu und sah erst Phil, dann mich an.
»Eigenartig«, brummte er.
»Was?«
»Ich möchte schwören, daß ich Sie schon mal gesehen habe. Ich weiß nur nicht, wo.«
»Wir sind ziemlich herumgekommen«, sagte Phil. »Es ist leicht möglich, daß Sie uns irgendwo mal gesehen haben.«
»Was tun Sie hier?« erkundigte sich Brownie nun direkt. »Wollen Sie mal ein paar Wochen ausspannen?«
»Das auch, aber wir möchten natürlich das Angenehme mit dem für uns Nützlichen verbinden. Wenn wir hinter den Mord an Martens kommen können, würden wir uns freuen.«
Bird Brownie war mit einem Schlag ein anderer Mensch. Er wurde blaß, hustete verlegen, schien eine Weile nachzudenken und raunte uns dann plötzlich zu: »Ich gebe Ihnen einen Rat. Ob Sie sich danach richten oder nicht, das ist Ihre Sache.«
»Und was raten Sie uns?« fragte ich und sah ihn scharf an.
Er wich meinem Blick aus, sagte aber: »Lassen Sie die Geschichte mit dem Mord auf sich beruhen. Wenn Sie’s nicht tun, -könnte es verdammt unangenehm für Sie werden.«
Er stand auf und ging schnell weg. Wir sahen ihm überrascht nach. Das hatte ja wie eine Drohung geklungen.
***
Wir konnten aber nicht lange allein bleiben, denn nach wenigen Minuten löste sich von der Theke die Gestalt eines jungen Mannes, der mit seinem Bierglas in der Hand zu uns kam.
»Mein Name ist Eal, Duff Eal«, sagte er und nickte uns zur Begrüßung zu. »Darf ich Ihnen ein bißchen Gesellschaft leisten?«
»Warum nicht? Kommen Sie, setzen Sie sich, Mr. Eal.«
»Oh, sagen Sie nicht Mr. Eal zu mir. Wenn das hier bekannt wird, wird das ganze Dorf über mich lachen. Nennen Sie mich einfach, ich meine, wenn es Ihnen recht ist, beim Vornamen. Nennen Sie mich Duff.«
Das war ja eine sehr bemerkenswerte Kneipe mit noch bemerkenswerteren Gästen. Sie rückten uns einzeln auf den Pelz und ließen sich auch gleich mit dem Vornamen ansprechen.
Ich betrachtete mir diesen Duff Eal ein wenig. Er schien schüchtern zu sein, denn er war ziemlich verlegen und 'wußte nicht, wie er eine Unterhaltung mit uns anfangen sollte.
»Eh, ich bin der Vorsteher der Poststation«, sagte er nach einer Weile, »das heißt, ich bin Vorsteher und Hilfspersonal in einer Person. Mich wundert es überhaupt, daß man hier eine Station unterhält. Allzuviel ist nämlich nicht zu tun.«
»Das läßt sich denken«, erwiderte Phil. »Wieviel Einwohner hat denn Green Woods überhaupt?«
»Hundertvierundzwanzig.«
Phil unterhielt sich mit Duff Eal. Ich entschuldigte mich und ging durch die Hintertür hinaus zu den Toiletten. Dort zog ich meine Zigarettenschachtel hervor. Mit dem Taschentuch wischte ich die Cellophanhülle der Packung sorgfältig ab, um sie von meinen Fingerabdrücken zu
Weitere Kostenlose Bücher