0036 - Die Seuche des Vergessens
Deckungsmöglichkeiten. Es war also besser, von hier aus zu operieren.
Der Mausbiber überzeugte sich davon, daß der Wachroboter seine gewohnte Runde ging und sich dabei immer mehr von der Hütte entfernte. Es lag nun an ihm, sich das richtige Schiff auszusuchen, wenn auch eine gehörige Portion Glück dazu gehörte, nicht ausgerechnet vor den Augen Etztaks zu materialisieren, der ihn kannte.
Um sicherzugehen, beschloß Gucky, einen telepathischen Spähsprung vorauszusenden, um die Lage zu erkunden. Fast zwei Minuten mühte er sich damit ab, in dem Gewirr der auf ihn einströmenden Impulse Enzallys Gedanken zu identifizieren, aber dann gab er es auf. Wahrscheinlich schirmte der Goszul sein Gehirn automatisch und instinktiv ab, wenn er ‚bei der Arbeit' war. Er, Gucky, machte das ja schließlich auch. Also blieb nichts weiter übrig, als die gelandeten Springer aufs Korn zu nehmen.
Die Springer waren zum Glück keine Roboter, und somit fiel es Gucky nicht schwer, ihre Gedanken zu ordnen und zu lesen. Die Aufgabe war nur insofern nicht einfach, weil sich an Bord jedes Springer-Schiffes mindestens zwanzig Personen aufhielten, von denen aber nur der Kommandant und jeweilige Patriarch der Sippe für Gucky interessant war.
Sozusagen blind mußte der Mausbiber mit seinen Gedanken in das erste Schiff springen und solange sondieren, bis er den Patriarchen fand. Sein Körper blieb indessen mit, stark geminderter Reaktionsfähigkeit zurück, ein Umstand, der Gucky ein wenig die Freude nahm. Aber es war nichts daran zu ändern.
Außerdem nahm er an, hier verhältnismäßig sicher zu sein. Als er die auf ihn einströmenden Gedanken isolierte und nur einen einzigen auf sich einwirken ließ, mußte er erkennen, daß er Zeuge einer Unterhaltung wurde, denn es waren zwei Gedanken, die da auf gleicher „Frequenz“ sprachen.
... nehme ich sowieso an, daß mal wieder reichlich übertrieben wird. Nicht einmal Landurlaub genehmigen sie uns, aber selbst wollen sie noch heute Abend das Schiff verlassen. Immerhin handelt es sich um eine Besprechung ...
Und wenn schon! Es ändert nichts daran, daß diese angebliche Seuche für uns gefährlich ist, während sie ihnen anscheinend nichts ausmacht. Am liebsten würde ich mich selbständig machen. Du kennst die Strafe, die sie dafür verhängen, Holflersy. Ich würde dir nicht raten, deine Küche im Stich zu lassen.
Gucky grinste und veränderte die Frequenz. Er tat es mit der gleichen Selbstverständlichkeit, mit der ein Mensch des 20. Jahrhunderts die Einstellung eines Radios bediente. Immerhin hatte er erfahren, daß die Kommandanten der Schiffe heute noch eine Zusammenkunft planten. Es wäre nun sehr vorteilhaft, die Gedanken eines solchen Kommandanten lesen zu können, um keine Überraschung zu erleben. Selbst Enzally hatte nicht gewußt, was die Springer mit ihrer Konferenz diesmal planten.
Ja, das war eine andere, lautlose Stimme. Jemand dachte angestrengt nach, aber niemand antwortete. Der Betreffende mußte also allein sein.
Gucky lauschte und hatte Glück. Es war reiner Zufall, daß er ausgerechnet den habgierigen Ralgor erwischt hatte. Ralgor saß in seiner privaten Kabine und überlegte, was er heute auf der ersten Sitzung der Springer-Patriarchen sagen wollte. Er arbeitete seine Rede aus, wie man so schön zu sagen pflegte. Er tat es lautlos und in Gedanken, was aber keineswegs verhindern konnte, daß ihm jemand dabei zuhörte. Manchmal murmelte er auch halblaut vor sich hin.
„Wenn ich nur Etztak überzeugen kann“, knurrte er mißmutig und dachte weiter. Ich muß seine ganze Aufmerksamkeit auf Terra lenken und dafür sorgen, daß Goszuls Planet mehr in den Hintergrund tritt. Die Gouverneure allein haben kaum noch die Energie, sich an die Stützpunkte zu wenden und um Hilfe zu bitten. In wenigen Wochen hat die Seuche sie geholt. Eigentlich ist die Seuche des Vergessens ein Segen für jene, die sich ihrer im Rahmen des Geschäftes bedienen.
„Ich kann meine beiden anderen Schiffe per Hyperfunk herbeiholen“, fuhr er dann murmelnd fort, als sei das bloße Denken nicht mehr ausreichend. „Ihre Laderäume fassen mindestens zweihundert Kampfroboter und Wachautomaten. Ganz abgesehen von den technischen Einrichtungsgegenständen der Raumschiffswerft mache ich das Geschäft meines Lebens, wenn ich...“
Zu Guckys Bedauern wurde der Gedankengang des ehrbaren Patriarchen an dieser Stelle jäh unterbrochen. Jemand mußte die Kabine betreten haben.
„Herr, hier ist die
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