0036 - Die Seuche des Vergessens
wieder vorhanden sein soll? Irgendwo muß die wahre Erinnerung ja bleiben. Sie schwammen also zum Ufer - und steckten die anderen an.“
Ralv erhob sich.
„Ich habe noch einiges zu erledigen. Sollte sich etwas Neues ergeben, werde ich euch eine Nachricht übersenden.“
Er schritt zur Reling des mittleren Decks und kletterte an der Strickleiter in sein Boot hinab, das abwartend neben dem Segler lag. Mit ruhigen Ruderschlägen entfernte sich dann das Boot und strebte dem Kai zu. Einmal noch winkte Ralv zurück, dann war er zwischen den Lagersilos verschwunden.
Kitai seufzte.
„Ein feiner Bursche, dieser Ralv. Er muß uns wirklich voll und ganz vertrauen, sonst würde er das nicht alles für uns tun. Schließlich trägt er seinem Volk gegenüber die Verantwortung.“
„Ohne uns würden die Goszuls noch eine Ewigkeit von den Springern unterjocht und ausgebeutet werden. Ralv weiß das genau.“
„Du hast recht, John, aber ich bewundere den blinden Mut dieses Burschen deshalb nicht weniger. Sein Einfluß ist groß. Ich habe es in den letzten Tagen nicht mehr nötig gehabt, jemand unseren Willen aufzuzwingen.“
John wollte gerade antworten, als er plötzlich die Hand hob und den Japaner bat, nichts mehr zu sagen. Auch Gucky richtete sich abrupt auf und lauschte mit geschlossenen Augen. Die drei Japaner verhielten sich mucksmäuschenstill, denn sie wußten, daß ihre beiden Telepathen eine Gedankenbotschaft empfingen. Sie konnte nur von Enzally kommen, denn soweit ihnen bekannt war, gab es keinen anderen Telepathen auf diesem Planeten.
Es war ein merkwürdiger und auch unheimlicher Anblick. Der Mensch und der Mausbiber hockten reglos auf dem Holzdeck in der prallen Sonne und hörten schweigend zu, was ihnen eine stumme Stimme zu sagen hatte. Johns Gesicht zeigte einen gespannten Zug. Einmal huschte ein Schatten darüber, um sofort einem amüsierten Lächeln Platz zu machen.
Guckys Reaktionen liefen erstaunlich synchron. Sein Nagezahn zeugte davon, daß die Langeweile der vergangenen Wochen ein Ende zu haben schien. Zwar sträubte sich sein Nackenfell gelegentlich und wies darauf hin, daß die bevorstehende Abwechslung mit Schwierigkeiten verbunden war, aber sonst war weder ihm noch John anzusehen, woraus diese Abwechslung bestand.
Enzally mußte viel zu berichten haben, denn das unnatürliche Schweigen dauerte mehr als fünfzehn Minuten, dann richtete sich John endlich aus seiner verkrampften Haltung auf und holte tief Luft. Mit einem kurzen Blick zu Gucky sagte er: „Das war Enzally. Er wird uns noch heute aufsuchen, wahrscheinlich gegen abend, wenn er nähere Einzelheiten erfahren hat. Drüben beim Raumflughafen ist einiges los. Du solltest dir das einmal ansehen, Tako. Die Springer landen. Und wir haben geglaubt, sie würden eilends verschwinden, wenn sie von der Seuche erführen. Sie stehen noch mit den Gouverneuren in Verbindung und wissen somit, was auf Goszuls Planet vor sich geht. Ich verstehe das nicht ganz.“
„Was ist denn eigentlich passiert?“ wollte Kitai wissen.
John sah nachdenklich zum Himmel empor, als könne er dort die Antwort finden. Aber Rhodan war zu weit entfernt.
„Die Springer landen“, wiederholte er. „Wir wissen ja, daß noch etwa dreißig von ihnen in der Nähe weilen und den Planeten umkreisen. Doch hofften wir, daß sie fliehen würden. Aber unsere Rechnung geht nicht auf. Sie tun genau das Gegenteil von dem, was wir erwarteten. Sie landen auf einer in ihren Augen verseuchten Welt.“
„Das verstehe ich nicht“, gab der Suggestor zu. „Freiwillig begibt sich niemand in Gefahr, das Gedächtnis zu verlieren. Sie müssen also einen Grund haben, wenn sie landen.“
„Den haben sie auch!“ nickte John grimmig. „Es ist Enzally gelungen, einige von ihnen zu belauschen - telepathisch, selbstverständlich. Den Planeten und die noch darauf regierenden Gouverneure haben sie längst abgeschrieben, nicht aber die technischen Einrichtungen und die Roboter. Um sie geht es in erster Linie.“
Kitai machte ein verständnisloses Gesicht.
„Das begreife ich nicht - ehrlich gesagt. Sie müssen doch wissen, daß die Erreger der Krankheit überall haften, auch an Metall. Sie begeben sich freiwillig in die Gefahr, infiziert zu werden?“
„Sie unterschätzen die Gefahr“, klärte John ihn auf. „Ihre Habgier ist größer als alle Vorsicht. Ein Kampfroboter ist fast soviel wert wie ein kleines Raumschiff. Goszuls Planet erinnert in diesem Augenblick an eine Stadt beim
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