0038 - Die Horror-Reiter
ich zusehen, daß die Steifheit aus meinen Gliedern verschwand. Wenn er dann zustieß, würde er keinen bettelnden Gegner vor sich haben. Darauf konnte sich dieser Abt verlassen. Er nahm die Messer zwar nicht weg, er senkte sie aber auch nicht mehr. So hatte ich immerhin einen Teilerfolg errungen. Außerdem brauchte ich Zeit. Ich wollte wissen, was mit diesen verdammten Horror-Reitern los war und was der Begriff Aeba bedeutete.
Doch vorerst kam ich nicht dazu, ihn zu fragen. Carmen begann sich zu bewegen. Sie war bisher bewußtlos gewesen. Jetzt erwachte sie aus diesem Trancezustand und kündigte es mit einem Seufzlaut an.
Ich wurde uninteressant für Don Alvarez. Statt dessen wandte er sich dem Mädchen zu.
Die Messer steckte er weg, bevor er ihren Kopf anhob, sich niederkniete und Carmen hinsetzte. Das Mädchen saß so, daß es mich ansehen mußte.
Die Fackeln warfen einen rötlichen Schein über ihr Gesicht. Eine befand sich so dicht neben ihrem Kopf, daß ich befürchtete, das Feuer würde ihre Haare versengen.
»Wie fühlst du dich, mein Täubchen?« fragte der Abt.
Er redete spanisch, und ich verstand nicht alles. Carmen schien noch nicht ganz in der Welt zu sein. Ihr Blick war etwas unklar. Dann sah sie mich. Ihr Gesicht verzog sich. Sie runzelte die Stirn, kramte wohl in ihrer Erinnerung und wußte doch nicht, wo sie mich hinstecken sollte.
Der Abt kicherte. »Ja!« zischte er. »Sieh ihn dir nur genau an. Er ist gekommen, um euch zu retten, aber jetzt ist er genau wie du mein Gefangener.«
Carmen fror. Sie schüttelte sich, und ich sagte: »Gebt ihr wenigstens eine Jacke.«
»Du hältst dich da raus, Sinclair!«
Ich schwieg, denn wenn sich der Abt weiter in seine Wut hineinsteigerte, würde er sich unter Umständen zu unkontrollierten Reaktionen hinreißen lassen. Schon die ganze Zeit über fragte ich mich, wohin der Reiter verschwunden war. Er hatte sich zwar in Luft aufgelöst, aber war er in eine andere Dimension geritten? Oder hatte er sich im Innern des Klosters wieder neu manifestiert? Während sich der Abt um Carmen kümmerte, bewegte ich meine Finger und die Zehen und versuchte so, wieder Gefühl in meinen Körper zu bekommen. Hin und wieder beobachtete ich auch die uns umstehenden Mönche. Von ihnen schien mir im Augenblick keine unmittelbare Gefahr zu drohen. Ich glaubte, daß sie nicht von allein handelten, sondern erst auf einen Befehl ihres Abts warteten. War das meine Chance?
Ich winkelte die Arme an und stützte mich auf die Ellbogen. Don Alvarez merkte nichts, oder er ließ mich bewußt in Ruhe. Es war mir auch egal, Hauptsache, ich konnte die Initiative an mich reißen.
Der Abt redete weiter mit Carmen. Er berichtete von seinen Triumphen, und dabei fiel immer wieder das Wort Aeba. Mir war es jetzt egal, was der Begriff bedeutete. Ich wollte so rasch wie möglich den Spieß umdrehen und zusehen, daß ich diesen irren Mönch zur Räson brachte. Ich schob mich etwas weiter nach hinten, um einen besseren Aktionsradius zu haben. Meine Hand ließ ich unter das Jackett rutschen, denn die Beretta steckte noch im Holster. Ungeladen!
Doch das wußte Don Alvarez nicht. Meine Finger fanden das Metall der Waffe. Unendlich behutsam zog ich sie aus dem Holster. Der Abt redete immer noch auf Carmen ein. Er schrie ihr flammende Worte ins Gesicht, doch sie schüttelte nur den Kopf, riß die Hände vors Gesicht und brüllte: »Nein, nein, das darf nicht wahr sein! Du lügst! Du…«
»Ich lüge nicht!« schrie Don Alvarez zurück. Er packte Carmen an beiden Schultern und schüttelte sie durch. »Ich werde euch opfern. Aeba wartet. Im Berg wirst du in die andere Dimension hineingeworfen, und dort werden dich die Reiter verschlingen. Ein Opfer für Aeba. Ich muß es bringen!« Ich war soweit.
Ich hielt die Waffe in der Hand und schwenkte sie ein wenig nach links, so daß die Mündung auf Don Alvarez zeigte. Als er erneut Atem schöpfte und nur das Schluchzen des Mädchens zu hören war, sagte ich kalt: »Laß sie los, oder ich schieße dir ein Loch durch deinen dämonischen Schädel!«
***
Für einen Augenblick wurde es totenstill. Der Abt starrte mich an, als wäre ich ein Geist. Auch Carmen sprach kein Wort. In ihrem Gesicht stand die Überraschung wie eingemeißelt.
Ich unterbrach das Schweigen. »Weg von dem Mädchen, Alvarez. Jetzt bin ich an der Reihe!« Er zögerte.
Dann schluckte er und knirschte: »Nie. Nie kommst du hier raus, Sinclair. Das Spiel ist aussichtslos.«
»Für dich
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