BACCARA EXKLUSIV Band 45
1. KAPITEL
Sunny Caldwell trat durch die Tür und war darauf vorbereitet, die Höhle des Löwen zu stürmen. Doch ein Blick durch das Foyer des Plum-Court-Apartmentgebäudes genügte, um dieses Bild zu zerstören. Staunend ging sie über den Marmorboden auf eine Reihe Fahrstühle zu. Kleine Lämpchen leuchteten in den Zweigen der Zierbäume, die den Liftbereich auf beiden Seiten flankierten. Hoch oben fing ein Kristalllüster die ersten Sonnenstrahlen des Tages ein und verbreitete überall funkelndes Licht.
Überaus erleichtert nahm Sunny den Anblick in sich auf. Nein, Chase Monroe lebte nicht in der Höhle des Löwen. Er wohnte in einem Palast.
Und zwar im Penthouse. Ein Prinz, gefangen im Turm? Schon wieder ein falsches Bild, schalt sie sich selbst, betrat den Fahrstuhl und drückte den Knopf für das oberste Stockwerk. Chase Monroe III. war kein Prinz! Er war ein Nachrichtenkorrespondent, der sich aus seinem Beruf zurückgezogen hatte, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Und sie war keinesfalls hier, um ihn zu retten. Reporter, aktiv oder nicht, gehörten nicht gerade zu den von ihr am meisten geschätzten Menschen. Sie wäre auch gar nicht hier, wenn ihre Tante Marnie sie nicht überredet hätte, Chase Monroe eine Broschüre zu schicken, und wenn seine Sekretärin sie nicht angerufen hätte, um einen Termin zu vereinbaren. Deshalb hatte sie sich die Möglichkeit, einen Vertrag abzuschließen, einfach nicht entgehen lassen können. Und wenn ihre Präsentation heute einen guten Abschluss finden sollte, musste sie sich ganz auf das Geschäftliche konzentrieren.
Während die Lampen auf der Stockwerkanzeige aufleuchteten, überlegte Sunny sich ihre Strategie. Der Erfolg eines Dienstleistungsunternehmens hing davon ab, wie sehr man auf die Bedürfnisse seiner Kunden einging. Den meisten ihrer Kunden half sie, Geld zu sparen. Sie sorgte dafür, dass sie wöchentlich bis zu zwanzig Prozent weniger für Lebensmittel ausgaben. Doch Chase Monroe war wohlhabend. Er besaß genug, um sich Anteile an einer lokalen Fernsehstation zu kaufen und seit seiner Ankunft in Syracuse vor sechs Monaten regelmäßig in den Klatschspalten der Zeitung aufzutauchen.
Die Fahrstuhltüren öffneten sich, und Sunny trat auf den Plüschteppich, der direkt zu der Tür am Ende des Ganges führte. Nein, Geld würde nicht das Argument sein, um Chase Monroe für die Dienste von „Service with a Smile“ zu interessieren. Ein reicher Junggeselle wie er durfte wahrscheinlich umsonst einkaufen. Es waren hauptsächlich berufstätige Mütter und ältere Menschen, denen sie sparen half. Chase Monroe würde sie den Aspekt der Zeitersparnis schmackhaft machen. Ein Mann, der einen Fernsehsender zu leiten hatte und dabei gleichzeitig ein Buch schrieb, sollte das zu schätzen wissen.
Sie klopfte zweimal an, doch nichts tat sich. Als sie schon ein drittes Mal anklopfen wollte, schwang die Tür auf, und sie sah sich einem kleinen Jungen mit großen braunen Augen in einem gestreiften Pyjama gegenüber. Rasch überprüfte sie die Zimmernummer. Hatte sie sich womöglich die falsche notiert?
„Sie sehen überhaupt nicht wie eine Großmutter aus“, stellte der Junge fest.
„Na, zum Glück“, erwiderte sie lächelnd. Der Kleine konnte nicht älter als sechs oder sieben Jahre sein. „Ich suche Chase Monroe“, erklärte sie.
„Onkel Chase ist unter der Dusche. Bist du unser Kindermädchen?“
„Nein, ich …“
„Jason.“
Sunny sah auf und erblickte Chase Monroe am Ende des Flurs. Er trug nichts weiter als ein loses Handtuch um die Hüften. Sie war unfähig, den Blick von ihm zu lösen. Dabei hätte sie sich am liebsten umgedreht und wäre davongelaufen. Doch ihre Füße wollten ihr nicht gehorchen. Schließlich gelang es ihr zumindest, von dem Knoten im Handtuch und den dunklen Haaren, die darunter verschwanden, zu seinen breiten Schultern aufzusehen. Seine Haut war glatt und noch feucht vom Duschen, und spontan stellte sie sich vor, wie sie die Wassertropfen wegwischte und die Wärme seines Körpers fühlte.
Als er sich nun hinkniete, um mit dem Jungen zu reden, teilte sich das Handtuch und entblößte die ganze Länge eines muskulösen Oberschenkels.
Sunny bemühte sich, auf den Boden zu sehen. Dann probierte sie es mit der Decke. Aber schließlich ertappte sie sich doch dabei, wie sie seine gut sichtbare Bräunungslinie betrachtete. Wann hatte sie zuletzt nichts Wichtigeres zu tun gehabt, als an ihrer Sonnenbräune zu arbeiten? Hatte sie
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