0038 - Die letzte Runde ging an uns
Polizei die Mordwaffe von den Fingerabdrücken zu säubern und verschwinden zu lassen. Warum tat es McMire nicht? Nummer vier: Warum nahm er überhaupt eine Schusswaffe, die Lärm machen musste und unter Umständen die Nachbarschaft früher auf den Plan rufen konnte, als dem Mörder recht sein dürfte? Phil, wenn man über die ganze Geschichte nachdenkt, zwingt sich einem geradezu die Vorstellung auf, dass es McMire gar nicht gewesen sein kann!«
»Ja, der Meinung bin ich auch. Aber es wird verdammt schwer werden, nach zwölf Jahren den richtigen Mörder zu finden.«
»Das wird es allerdings. Aber versuchen müssen wir es.«
Wir hingen unseren Gedanken nach, bis wir in der Feme, mitten in einer einsamen Gegend, die riesigen Mauern des Zuchthauses auftauchen sahen. Ich fuhr einfach der Straße nach, weil ich ja auf ihr zum Haupttor kommen musste.
Ich hatte mich nicht getäuscht und konnte wenige Minuten später den Jaguar etwas abseits von dem großen Stahltor anhalten. Als wir auf die Uhr blickten, stellten wir fest, dass es noch vier Minuten bis drei Uhr waren.
Wir steckten uns Zigaretten an und warteten. Ich war ziemlich gespannt darauf, als was für ein Kerl sich dieser McMire entpuppen würde. Langsam verging die Zeit. Als es siebzehn Minuten nach drei war, summte der Elektromotor auf, der das Tor bewegte. Die beiden wuchtigen Stahlwandflügel rollten langsam auseinander, bis sie Durchlass für einen Mann boten.
Ein grauhaariger Mann erschien im Spalt und drehte sich noch einmal um. Er sprach mit einem anderen, den wir von unserem Platz aus nicht sehen konnten. Sie schüttelten sich die Hände, dann traten sie beide nach verschiedenen Seiten zurück, und das Tor schob sich langsam wieder zusammen.
»Da ist er also«, murmelte Phil und sah hinüber.
Fünf Schritte von uns entfernt ging John McMire langsam die Landstraße entlang. Er hatte eine sportlich trainierte Figur, die auch von zwölf Jahren Zuchthaus nicht gebeugt worden war. In der linken Hand trug er einen verschnürten Pappkarton mit seinen Halbseligkeiten.
Ich ließ den Wagen anrollen und stoppte ihn wieder, als ich drei Schritte vor McMire war. Ich stieg aus und ging um den Wagen herum.
John McMire war stehen geblieben. Unter buschigen Augenbrauen starrten mir ein Paar stahlgraue Augen kühl und gespannt entgegen. Einen Schritt vor ihm verhielt ich und sagte: »Mister McMire?«
Er reagierte überhaupt nicht. Er sagte nichts, er machte keine Bewegung.
»Ich bin Jerry Cotton vom FBI«, sagte ich. »Im Wagen sitzt mein Freund Phil Decker, auch G-man. Wenn Sie nichts dagegen haben, möchten wir uns mal mit Ihnen unterhalten. Steigen Sie ein.«
Noch immer zuckte kein Muskel in dem markanten Gesicht. Er sah mich nur abschätzend an. Erst nach einer ganzen Weile öffneten sich seine schmalen Lippen, und er sagte gedehnt: »Wo soll denn diese Unterhaltung stattfinden? Im Dienstgebäude des FBI vielleicht?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Irgendwo in einem netten Lokal. Wir haben ziemlich lange auf Sie warten müssen, dabei habe ich Durst bekommen. Ich brauche einen anständigen Schluck.«
Zum ersten Mal sah ich in seinen Augen so etwas wie Humor erglänzen. Aber in seinem ernsten Gesicht spiegelte sich der Anflug des Lächelns nicht.
»Zeigen Sie mir Ihren Dienstausweis«, sagte er.
Ich gab ihm das Dokument. Er betrachtete es und verglich das Passbild darauf mit meiner Person. Als er es zurückgab, sagte er: »Okay, fahren wir.«
Er stieg ein, ich klemmte mich ans Steuer und trat das Gaspedal durch. Eines wusste ich jetzt schon: Der Zuchthausdirektor hatte nicht übertrieben, als er von McMire behauptete, der Mann sei hart wie Stahl. Und sollte er wirklich auf eigene Faust den Mörder seiner Frau suchen, dann würde es todsicher eine Menge Scherereien für ihn und für uns geben.
Eine geschlagene Viertelstunde lang sprach keiner ein Wort. Dann hielt ich vor einem Lokal, das ich von früher her kannte. Man konnte gemütlich drin sitzen und bekam einen guten Stoff zum Trinken.
Schweigend gingen wir hinein. Ich wählte einen Tisch in der Ecke neben der Music Box aus, wo wir ziemlich unbeobachtet waren. McMire warf einen Nickel in die Box und suchte sich eine Schallplatte aus. Wenig später kam die Titelmelodie aus dem Film High Noon aus der Box.
Die Melodie schien für McMire irgendeine persönliche Bedeutung zu haben. Sein Gesicht schien von innen heraus zu gefrieren. Aber in seinen Augen schimmerte es feucht. Phil bemerkte es ebenfalls, wie
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