004 - Die Blutbestie
wir den verdammten Spuk endlich abstellen könnten? Ich habe eine Frau und zwei kleine Kinder zu Hause. Ich habe Angst um sie. Das klingt vielleicht aus dem Munde eines Polizisten blöd, aber ich schäme mich trotzdem nicht, zuzugeben, daß ich Angst um meine Frau und um die Kinder habe. Und dann kommen Leute wie Sie und sagen einfach so vor sich hin, wir sollten doch endlich diesen Kerl fassen. Verstehen Sie jetzt, warum mir das alles zum Hals heraushängt?«
Der Lehrer senkte den Blick. »Ich glaube, ich muß mich entschuldigen«, sagte er kleinlaut.
»Quatsch!« sagte der Polizist, der sich seinen Ärger von der Seele geredet hatte. »Sie haben mir Ihre Meinung gesagt, und ich habe Ihnen die meine gesagt. Wofür wollen Sie sich jetzt entschuldigen?«
Der Polizist machte seinen Kollegen ein Zeichen. Sie gingen zur Tür. Der Turnlehrer sah ihnen schweigend nach.
Es war nichts mehr zu sagen...
***
Die Nacht war pechschwarz. Sie zeigte sich von ihrer unfreundlichsten Seite, war naßkalt, windig und undurchdringlich.
Der weiße Thunderbird raste mit überhöhter Geschwindigkeit über die schmale Landstraße. Die Scheinwerfer stachen wie lange Milchfinger in das Dunkel, wippten nervös auf und ab und zerschnitten die Nacht wie zwei scharfe Messer.
Die beiden Polizisten Bob Fencel und Rudy Swift hatten den als gestohlen gemeldeten Wagen während einer langweiligen Patrouillenfahrt entdeckt und hatten unverzüglich die Verfolgung aufgenommen.
Bob Fencel, der jüngere Polizist, klammerte sich verbissen ans Steuer.
Swift hatte bereits alle Farbe aus dem Gesicht verloren. Er krallte sich ängstlich in die Polsterung des Sitzes, preßte die Lippen fest aufeinander und hoffte, daß diese Höllenfahrt bald ein Ende hatte.
Der Thunderbird jagte wie ein Geschoß durch die Nacht.
»Der Kerl muß zwei volle Whiskyfässer geschluckt haben!« schrie Bob Fencel mit geröteten Wangen.
Der Gejagte ließ den Thunderbird durch eine weite Kurve sausen und peitschte den Wagen dann über die nunmehr schnurgerade Straße.
In einiger Entfernung hob sich die tintige Silhouette der Whiskyfabrik McClure & Rogers vom Nachthimmel ab. Auf diese Fabrik raste der Fahrer des Thunderbird zu.
Ein Gittertor versperrte die Einfahrt.
Obwohl der Fahrer dieses geschlossene Gittertor sehen mußte, verminderte er seine Geschwindigkeit nicht.
»Der ist wahnsinnig!« brüllte Swift mit schreckgeweiteten Augen, als er den Thunderbird auf das Tor zurasen sah.
In der nächsten Sekunde hatte der Wagen das Tor erreicht. Ein fürchterliches Knirschen ließ die Stille erzittern. Blech kreischte. Scheinwerferglas splitterte. Zierringe wirbelten davon.
Das Tor wurde durch die immense Wucht des Aufpralls aus den Angeln gefetzt. Draht schnellte pfeifend durch die Luft. Eisen klapperte auf den Boden. Das Tor wurde zur Seite geschleudert.
Der Thunderbird jagte zerschrammt, zerbeult, aber ohne den geringsten Aufenthalt mit röhrendem Motor zwischen flachgezogenen Bürobauten auf das Fabrikgelände.
Es war elf.
Um diese Zeit machte der alte Nachtwächter Jim Foreman mit seinem halbblinden Schäferhund die Runde.
Eben erreichten Foreman und sein Hund die Mitte eines rechteckigen Platzes, der vor dem Destilliergebäude lag.
Da passierte es.
Der alte Mann wußte nicht, wie ihm geschah. Sein Kopf ruckte verblüfft herum, als sich das Gittertor in seine Bestandteile auflöste.
Seine alten Augen weiteten sich in grenzenlosem Entsetzen, als sich zwei grelle Scheinwerfer auf ihn stürzten.
Sein Gesicht verzerrte sich vor Angst. Er machte mehrere tappende, unsichere Schritte zur Seite.
Das Brüllen des Thunderbird Motors hallte vielfach verstärkt von der Gebäudewand wider und erschlug den alten Mann geradezu.
Sein Hund begann erschrocken zu kläffen. Er fletschte wütend das alte Gebiß, setzte instinktiv zum Sprung an...
Dann war der Thunderbird da.
Der Schäferhund wurde wie ein Stück lebloses Fell durch die Luft geschleudert. Tierblut spritzte nach allen Seiten. Einige Tropfen klatschten dem erstarrten Nachtwächter ins Gesicht.
Haarscharf fegte der Thunderbird an ihm vorbei. Der eiskalte Hauch des Todes nahm ihm für den Bruchteil einer Sekunde die Luft.
Beim Verlassen des Fabrikgeländes stellte sich dem weißen Wagen wieder eine Barriere in den Weg. Diesmal war sie aus Holz und stellte so gut wie kein Hindernis dar.
Der Thunderbird schleuderte die Latten durch die Luft, jagte über einen breiten, nicht asphaltierten Feldweg und zog hinter sich
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