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004 - Kerry kauft London

004 - Kerry kauft London

Titel: 004 - Kerry kauft London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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finden könnten, soweit Bezahlung in Frage kommt. Tausend Pfund für Sie und weitere tausend Pfund zur Verteilung unter Ihre Freunde. Es ist die letzte Arbeit, um die ich Sie bitte. Glückt sie, dann brauche ich Ihre Hilfe nicht mehr, glückt sie nicht, dann können Sie mir nicht mehr helfen.«
    »Sie soll gelingen, mein Alter!« rief der Kleine begeistert. »Ich werde für Sie mit noch größerem Eifer arbeiten, seit ich weiß, daß Sie mit mir eines Geistes sind. Ha, Schüler Le Cinqs!«
    Er schüttelte in plump-vertraulicher Scherzhaftigkeit den Kopf. »Was sollten wir Sie lehren, das Sie uns nicht lehren könnten!«
    Hermann lächelte. Er war für Lob nie unempfänglich -nicht einmal für Lob aus dem Munde eines notorischen Halsabschneiders. »Getötet darf nicht werden! Darüber bin ich hinaus. Noch immer setzt die verfluchte Polizei ihre Nachforschungen nach dem Mörder der Gritter fort.«
    »Um so besser!« fiel der andere lebhaft ein. »Ich bin wie ein kleines Kind. Solche Sachen stimmen mich traurig. Ich habe ein weiches Herz. Ich könnte weinen.«
    Tränen standen ihm in den Augen.
    »Lassen Sie das Flennen, Sie Narr!« Hermann haßte Tränen.
    Micheloff spreizte seine fetten Hände. »Exzellent! Ich weine nicht«, sagte er mit großem Nachdruck.
    »Kennen Sie King Kerry?« fragte Hermann mit gedämpfter Stimme.
    Der andere nickte.
    »Sie kennen sein Büro?«
    Micheloff zuckte mit den Schultern. »Wer kennt nicht das Büro des großen King Kerry - das Fenster, die Spiegel, den Safe voller Millionen - ma foi!«
    »Sie werden herzlich wenig Millionen darin finden«, bemerkte Hermann trocken. »Aber Sie werden viel finden, was für mich wertvoll ist.«
    Micheloff sah unschlüssig aus.
    »Es ist ein großes Wagnis« - die Unterhaltung wurde in abgehacktem Marseiller Französisch geführt - »der Wächter - alles - spricht gegen den Erfolg. Und der Safe -Kombination - ja?«
    Hermann nickte.
    »Es handelte sich schon einmal um eine Kombination«, sagte der andere bedrückt, »und da gab es einen bedauernswerten Todesfall.«
    »Ich habe Grund zu der Annahme«, erwiderte Hermann, »daß er die Kombination jede Woche ändert; sie ist wahrscheinlich gestern geändert worden. Ich will Ihnen zwei Tips geben. Versuchen Sie es mit…« Ein Licht blitzte in seinen Augen auf. »Ich möchte wohl wissen«, murmelte er leise und fügte laut hinzu: »Versuchen Sie es mit Else.«
    Micheloff nickte. »Das ist nur ein Tip.«
    »Mehr kann ich Ihnen jetzt noch nicht geben«, sagte Hermann, sich erhebend. »Wenn das versagt, müssen Sie Ihr Gebläse benutzen; das weitere überlasse ich Ihnen. Nur soviel: Ich muß ein Paket haben, das die Bezeichnung › Privat ‹ trägt. Lassen Sie alles, was sich auf das Geschäft bezieht, in Ruhe; bringen Sie mir aber alles, was mit › Privat ‹ bezeichnet ist.«
    Er ließ zweihundert Pfund da, und Micheloff hätte ihn beim Anblick des Geldes umarmt, wenn der andere ihn nicht grob zurückgestoßen hätte.
    »Ich liebe Ihre kontinentalen Sitten nicht«, sagte er barsch.
    Er ging die Treppe hinunter, begleitet von einem schallenden Gelächter.
    Der treue Diener Martin war noch auf, als Hermann heimkam. »Bringen Sie mir eine Tasse starken Kaffee, und gehen Sie dann zu Bett!«
    Er ging in sein Arbeitszimmer hinauf, knipste das Licht an und hängte seinen Rock über die Stuhllehne. Es war eine von seinen Überspanntheiten, daß er seinen eigenen Kammerdiener spielte. Dann zog er einen Stuhl an den Schreibtisch und saß da, das Kinn in die Hand gestützt, bis Martin den Kaffee brachte. »Stellen Sie ihn hin, und gehen Sie schlafen!«
    »Um wieviel Uhr morgen früh?«
    Hermann warf ungeduldig den Kopf in die Höhe. »Ich werde die Zeit auf die Tafel schreiben.« An seiner Schlafzimmertür hing eine kleine Porzellantafel, auf die er, wenn es sehr spät wurde, seine Anordnungen schrieb. Er rührte mechanisch den Kaffee um und trank ihn kochend heiß. Dann nahm er die auf ihn wartende Korrespondenz vor. Es war bezeichnend für ihn, daß er trotz des ihm drohenden Ruins die Bittschriften, die von Krankenhäusern und mildtätigen Stiftungen kamen, mit großmütigen Schecks beantwortete. Die paar Briefe, die er in seiner großen, unregelmäßigen Handschrift schrieb, waren kurz. Endlich hatte er alles erledigt und nahm seine alte Stellung wieder ein.
    So blieb er sitzen, bis die Uhr vier schlug. Dann ging er in sein Schlafzimmer und schloß die Tür hinter sich ab.

Kapitel 27
    Eine Schauspielbühne

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