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0979 - Die Schlacht von London

0979 - Die Schlacht von London

Titel: 0979 - Die Schlacht von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle
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Prolog
    Westminster, Ende 2010
    Die alljährliche rituelle Durchsuchung des Palastkellers war in vollem Gange.
    Königin Elisabeth zupfte ungeduldig an dem prunkvollen Mantel, der ihr in der Garderobe umgelegt worden war, nachdem sie den Palast durch die Ehrenpforte betreten hatte, um die Sitzungsperiode des Parlaments zu eröffnen.
    Eine alte Tradition, sagten die einen.
    Eine lästige Pflicht, dachte die Queen.
    In Begleitung des Prince of Wales war sie im Oberhaus traditionell von den Lords empfangen und zu ihrem Thron geleitet worden. Bevor der Zeremonienmeister aber die Abgeordneten des Unterhauses aufforderte, das Oberhaus ebenfalls zu betreten, musste die Palastwache zunächst den Vollzug der Durchsuchung der Kellerräume melden - ein Ritual, das auf die »Pulververschwörung« zurückging, die ein Brite namens Guy Fawkes am 5. November 1605 angezettelt hatte.
    Die Queen kämpfte gegen die Müdigkeit an, die ihr mit ihren 85 Lebensjahren praktisch zu jeder wachen Stunde des Tages zusetzte. Oft schweiften ihre Gedanken ab, suchten und fanden Trost in Erinnerungen an vergangene Tage, als es noch wirklich etwas bedeutet hatte, eine Königin zu sein.
    Aber sie ließ weder Wehmut noch eine andere Emotion bis in ihr Mienenspiel gelangen. Sie saß einfach nur da, wie schon die Jahre davor, altersweise und milde für die einen, senil und weltentrückt für die anderen.
    Nicht nur sie wartete auf die Rückkehr der Wachen und den Offizier, der den Vollzug der Durchsuchung »ohne besondere Vorkommnisse« meldete.
    Doch plötzlich entstand Unruhe in der glanzvollen Umgebung.
    Einer ihrer engsten Vertrauten trat an den Thron heran und raunte der Queen ins Ohr: »In der Stadt ereignen sich dramatische Dinge.«
    Selbst Worte wie diese brauchten lange, um sich durch den Halbdämmer ihres Geistes zu quälen. Doch schließlich fragte Elisabeth: »Dinge? Was für… ›Dinge‹? Ein Anschlag?«
    In diesen Zeiten war nichts mehr sicher. Die Menschheit verrohte.
    Ihr Berater zuckte mit den Achseln. »Darüber ist noch nichts bekannt. Aber… an etlichen Stellen über die Stadt verteilt, ereignen sich Unfälle, der Autoverkehr in den Ballungsgebieten liegt quasi brach. Es gab Tote - die genaue Zahl kennen wir noch nicht. Aber die Menschen sterben unter seltsamen Umständen.«
    Er suchte merklich nach Worten. »Offenbar sind sie von etwas befallen, das sie regelrecht von innen heraussprengt.«
    »Sprengt?«, echote die Queen. Sie blickte den Mann durch die Gläser ihrer Brille an, als wollte sie fragen: »Was haben Sie getrunken, Edward? Hauchen Sie mich an!«
    Aber Edward Phillys wusste, dass er stocknüchtern war. Und in diesem Moment war es ihm sogar egal, was die Königin von ihm denken mochte.
    Er zitterte.
    Er konnte sich nicht erinnern, wann in den vergangenen Jahren - Jahrzehnten! - ihn ein Ereignis schon einmal dermaßen aufgewühlt hatte.
    Bevor Phillys antworten konnten, hallte ein furchtbarer Schrei durch den Saal.
    Elisabeth’ Blick ruckte in die Richtung, aus der sie die zurückkehrenden Wachen erwartete - und tatsächlich tauchte eine einzelne Gestalt dort auf. Erst schreiend, die Hände am Hals, als versuchten sie, eine unsichtbare Schlinge zu lockern, dann röchelnd. Mit hervorquellenden Augen schaffte der junge Mann in seiner antiquierten Uniform es tatsächlich, sich noch bis fast zum Thron vorzukämpfen, doch wenige Meter von der Königin brach er schließlich zusammen.
    Niemand hatte sich ihm in den Weg gestellt, niemand machte Anstalten, ihm zu Hilfe eilen zu wollen - alle Beobachter waren wie gelähmt vor Entsetzen.
    Die unheimliche Veränderung der Wache war unübersehbar.
    Die Uniform war an mehreren Stellen aufgerissen - und riss immer noch auf, als würden rasiermesserscharfe Klingen von innen daran ritzen -, und die Stoffränder blutgetränkt.
    Ärger aber noch als das Blut versetzte das, was aus den schadhaften Stellen und den Wunden darunter hervordrängte, die Zeugen des Vorfalls in Angst und Schrecken.
    Edward Phillys überwand seine Starre als Erster.
    »Schnell!«, herrschte er die persönliche Leibwache der Königin an. »Bringt sie raus! Bringt sie sofort in Sicherheit! Wir wissen nicht…«
    Weiter kam er nicht.
    Aus dem zuckenden Körper der zusammengebrochenen Wache schoss etwas auf Phillys zu und bohrte sich in den kropfartig verdickten Hals des Mannes.
    Phillys starrte ungläubig auf den Strang, der ihm wie eine dünne Liane vorkam - den Strang, der vom Körper der Wache bis zu ihm reichte

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