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004 - Kerry kauft London

004 - Kerry kauft London

Titel: 004 - Kerry kauft London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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nichts.«
    Hermann zuckte mit den Schultern. »Dann, fürchte ich, werde ich Sie zwingen müssen.«
    »Mich zwingen?« Ein verächtliches Lächeln lag auf dem zornigen Gesicht des »grauen Mannes«.
    »Sie zwingen!« wiederholte Zeberlieff. »Sie wissen, Herr Kerry, daß Sie eine Frau haben …«
    »Die wollen wir hier aus dem Spiel lassen«, unterbrach ihn Kerry.
    »Leider muß ich sie aber doch erwähnen.« Hermanns Ton war sanft und freundlich, fast zärtlich. »Sie wissen, sie kann etwas von mir verlangen. Ich habe eine gewisse Verantwortung ihr gegenüber, wenn ich an den geachteten Namen denke, den sie führte, ehe sie sich mit Ihnen verheiratete, und ehe Sie - sie verließen.«
    King Kerry erwiderte nichts.
    »Ehe Sie sie verließen«, wiederholte Hermann. »Es war eine besonders unglückliche Geschichte, nicht wahr? Ich fürchte, Sie haben nicht mit jener natürlichen Höflichkeit, jener Weichherzigkeit gehandelt, die, wie die Presse heute sagt, Ihre hervorstechendsten Charaktereigenschaften sind.«
    »Ich habe ihr gegenüber durchaus einwandfrei gehandelt«, erwiderte King Kerry mit fester Stimme. »Sie versuchte, mich zu ruinieren, ließ sich sogar hinter meinem Rücken in ein Konkurrenzmanöver gegen mich ein und nutzte das, was sie als meine Frau erfahren hatte, gegen mich aus. Sie war ein schändliches Weib.«
    »Ist«, murmelte der andere.
    »Also gut - ist«, sagte King Kerry. »Falls Sie gekommen sind, um sich in ihrem Namen an mich zu wenden, so können Sie sich ebensogut an die Wand dort wenden.«
    Hermann nickte. »Aber nehmen wir an, ich stellte diese Frau den staunenden Augen Londons vor; nehmen wir an, ich sagte: › Dies ist Frau King Kerry, die ungeliebte Frau Herrn King Kerrys ‹ …?«
    »Das würde meinen Entschluß nicht im geringsten erschüttern. Den Hebel können Sie nicht ansetzen, um mich zu zwingen, Ihnen Geld zu geben.«
    »Wir werden ja sehen.« Damit nahm Zeberlieff seinen Hut und verließ mit einer leichten Verbeugung das Zimmer.
    King Kerry stand noch lange, nachdem die Tür hinter seinem Besucher zugeschlagen war, wie angewurzelt da. Sein Gesicht war jetzt bleich und verfallen.

Kapitel 26
    Die Humber Street ist seit langer Zeit den Ausländern überlassen. Große, hoch aufragende »Musterhäuser«, wahre Muster von Häßlichkeit und trostlosem Grau, aber niemals Muster von häuslicher Gemütlichkeit, recken ihre unförmigen, schiefen Dächer in den grauen Himmel. Zwischen den einzelnen Musterhäusern sind unsaubere Torwege, durch die dauernd nie endende Reihen häßlicher Männer und Kinder mit ausdruckslosen Gesichtern ein und aus gehen.
    Hier kann man ein Dutzend Sprachen hören - alle Sprachen, die zwischen der Ostsee und dem Kaspischen Meer, zwischen dem Ural und dem Finnischen Meerbusen gesprochen werden, vernimmt man in dem Geschnatter und Geplapper dieser unsauberen Männer und schmutzigen Frauen.
    Man findet hier auch einen ziemlichen Einschlag aus Verbrecherkreisen, die vom Kontinent herübergekommen sind. Deshalb ging Hermann Zeberlieff bewaffnet zu der Besprechung, die er hier suchte. Seit einiger Zeit hatte er den Eindruck, daß sein Haus in der Park Lane unter Beobachtung stehe. Er durfte es nicht wagen, den kleinen Pseudofranzosen Micheloff mit den winzigen Augen und den Pusteln im Gesicht den Augen der Beobachter auszusetzen.
    Ohne zu klopfen, trat Zeberlieff in die offene Tür eines der Häuser, durchschritt einen Flur und stieg die Treppe zum dritten Stock hinauf.
    Sein Klopfen wurde mit einem fröhlichen »Entrez!« beantwortet.
    Micheloff, in Hemdsärmeln, eine lange, dünne Zigarre im Munde, hatte weder etwas Heldenhaftes noch Dienerhaftes; er war ein ganz alltäglicher Mensch.
    »Herein!« brüllte er. - Seine Fröhlichkeit tat sich in der Tonstärke kund. »Herein, mein Alter!«
    Er staubte mit großer Umständlichkeit einen wackligen Stuhl ab; aber Hermann beachtete diese Höflichkeit gar nicht.
    Es war ein großes, einfach möbliertes Zimmer. Ein Bett, ein Tisch, ein paar Stühle, einige mit vielen Gepäckzetteln beklebte Koffer, ein Bild von Präsident Carnot und ein kleines Heiligenbild über dem Kaminsims schienen diesen Raum für Micheloff zum »Heim« zu machen.
    »Schließen Sie die Tür ab!« befahl Hermann. »Ich habe etwas sehr Wichtiges mit Ihnen zu besprechen und möchte nicht gestört werden.«
    Gehorsam drehte der Kleine den Schlüssel um.
    »Mein Freund«, begann Hermann, »ich habe eine große Arbeit für Sie - die beste Arbeit, die Sie

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