Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0042 - Herr der wilden Wasser

0042 - Herr der wilden Wasser

Titel: 0042 - Herr der wilden Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
Vom Netzwerk:
winzige Sekunde konnte Charles Maruth ganz deutlich die kleinen, gelblich glimmenden Augen sehen.
    Böse Augen!
    Augen, die in dämonischem Feuer glühten, aus denen Hass sprach, Vernichtungswille, nackte, unbändige Mordlust und…
    Maruth taumelte hoch.
    Patricia wimmerte, als er sie auf die Beine zog, klammerte sich verzweifelt an seinem Arm fest. »Charles!«, schrie sie. »Charles, sie bringen uns um! Ich will nicht sterben, will nicht, will nicht…«
    Maruth zog sie mit.
    Blindlings rannte er weiter, gepeitscht von Entsetzen. Wie wahnsinnig rasten seine Gedanken, sein siedendes Hirn suchte eine Chance, einen Ausweg – und er sah nicht einmal sofort das schwarze Loch, das rechts von ihnen zwischen den Basaltblöcken gähnte.
    Erneut griffen die Flugechsen an.
    Die Luft schien zu brodeln von ihren kreischenden Schreien, die Schwingen klatschten. Es war, als senke sich eine schwarze Wolke auf die beiden Menschen herab. Charles Maruth warf sich nach rechts, stolperte, fing sich wieder, und mit verzweifelter Klarheit begriff er, dass er es nicht mehr schaffen konnte.
    »In die Höhle!«, brüllte er.
    Dabei packte er Patricias Arm, stieß sie rücksichtslos von sich, schleuderte sie mit aller Kraft auf die dunkle Öffnung im Felsen zu.
    Ihr Schrei gellte in seinen Ohren, übertönte schrill und hysterisch den Lärm. Maruth taumelte, sah die mörderischen Schnäbel wie Schwerter auf sich zuschießen und ließ sich fallen.
    Schwingen streiften ihn.
    Scharfe Krallen zerrissen sein Jackett, dicht neben ihm traf ein Schnabelhieb den felsigen Boden. Maruth warf sich herum, taumelte hoch und schlug blindlings mit den Fäusten zu, während der unheimliche Schwarm ihn umflatterte.
    Er traf glatte Leiber, ledrige Flughäute, er hieb einen der schrecklichen Schnäbel beiseite. Die rauen, hungrigen Schreie machten ihn fast taub. Er rannte, versuchte stolpernd und taumelnd die Höhle zu erreichen. Patricia stand aufrecht in dem dunklen Eingang, sah ihm entsetzensstarr entgegen. Ein neuer Schnabelhieb warf ihn nach vorn, und er prallte gegen den Körper des Mädchens und riss sie mit sich.
    Dunkelheit nahm sie auf.
    Patricia taumelte, klammerte sich an irgendwelchen Steinkanten fest, tastete sich tiefer in die Höhle. Maruth warf sich herum. Der Eingang des Lochs verdunkelte sich. Wütend kreischten die Echsen, flatterten, peitschten mit ihren Schwingen den Stein. Aber Maruth wusste, dass sie zu groß waren, um ihnen zu folgen, und die wilde Panik in seinem Innern mäßigte sich zu einem Gefühl würgender Übelkeit.
    Patricias Stimme drang zu ihm. Dünn, wimmernd fast.
    »Sind sie – sind sie noch da, Charles?«
    »Ja«, murmelte er. »Aber sie können nicht hier herein. Sie haben eine Spannweite von über neun Metern!«
    »Ich verstehe das nicht, Charles! Was sind das für Bestien? Um Himmels willen, was…«
    »Ich weiß es nicht.« Maruth straffte sich, versuchte, seine Fassung wiederzufinden. Er war benommen, wie betäubt. Seine Beine zitterten, als er sich umwandte und zu Patricia hinüberwankte, und erst ihr erschrockener Aufschrei brachte ihm wieder den Schmerz zu Bewusstsein, der in seiner Schulter und seinem Rücken tobte.
    »Es ist nichts«, murmelte er. »Nur Kratzer. Das sieht schlimmer aus, als es ist.«
    Patricia starrte ihn an. Sein Jackett war zerfetzt, Blut tränkte den Stoff, rann an seinem Arm hinunter und tropfte auf den Boden. Das Mädchen grub die Fingernägel in die Handballen und kämpfte gegen einen hysterischen Weinkrampf an.
    »Was machen wir jetzt, Charles?«, fragte sie mühsam. »Wie sollen wir hier wieder herauskommen?«
    Er wusste es nicht. Aber er hatte sich soweit gefangen, dass er einen beruhigenden Ton anschlagen konnte. »Wir müssen warten, Darling. Diese – diese Viecher werden ja irgendwann wegfliegen.«
    »Und wenn sie das nicht tun?«
    »Sie tun es. Der Hunger wird sie dazu treiben.« Maruth redete, um seine eigene Angst zu überspielen, flüchtete sich in wissenschaftliche Gedankengänge. »Es sind Fischfresser, Pat. Sie leben vermutlich drüben an den Klippen. Himmel, es gibt Tiere dieser Art auf der ganzen Welt nicht mehr, sie sind seit Millionen von Jahren ausgestorben. Wenn bekannt wird, dass sich ein kleiner Rest hier in Island erhalten hat…«
    »Ist das denn überhaupt möglich?«, fragte Patricia zaghaft.
    Maruth zuckte die Schultern. Ein scharfer Schmerz durchfuhr ihn, er presste die Lippen zusammen. Rasch verdrängte er den Gedanken, dass er einen Arzt brauchte, dass die

Weitere Kostenlose Bücher